Die Woche in Europa - Windenergie in Europa auf dem Vormarsch

Windturbinen bei Flakfortet nahe Kopenhagen
Windturbinen bei Flakfortet nahe Kopenhagen Copyright Jens Dresling/AP
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Von Stefan Grobe
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Rekordhitze in Spanien und Windenergie-Offensive in der Nordsee - dennoch bleiben fossile Brennstoffe hartnäckig. Diese Woche in State of the Union.

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Es ist ungewöhnlich, einen Beitrag mit dem Wetter zu beginen, aber so ist es: Mit 40 Grad im Schatten erlebte Spanien diese Woche die heißesten Temperaturen, die jemals in einem April gemessen wurden.

In einigen Gegenden werden die Temperaturen um 20 Grad höher sein als im Durchschnitt!

Dies ließ neue Waldbrände befürchten in einem Land, das bereits so trocken ist, dass einige Bauern auf die Saat völlig verzichteten.

"Die Situation ist alarmierend, nicht nur wegen dieser Agrarsaison, die sehr kompliziert ist und in der wir keinen Reis säen können. Wir haben fünf Saatzeiten mit Schwierigkeiten hinter uns, und dies wäre die sechste", sagt der Reisbauer Eduardo Vera Canuto.

Sie glauben, das sei nicht politisch? Dann denken Sie noch mal nach! Die spanische Regierung hat bei der EU-Kommission dringend Soforthilfe beantragt, um ihren Landwirten zu helfen.

Die Hitzewelle könnte zu neuen Spannungen auf den EU-Agrarmärkten führen, die wegen der Getreidekrise, ausgelöst durch den Ukraine-Krieg, bereits in Aufruhr sind.

Der Umgang mit extremen Wetterbedingungen wird nun Teil der europäischen Klimapolitik sein, zu der auch die Gewährleistung der Energiesicherheit gehört.

In der belgischen Hafenstadt Ostende einigten sich diese Woche neun Küstenländer darauf, die Windparkkapazität in der Nordsee zu erhöhen. Ziel ist die Verdoppelung der Windenergie auf 300 Gigawatt.

Fatih Birol, Direktor der Internationalen Energie-Agentur (IEA): "Das Potenzial, das wir in der Nordsee für Offshore-Wind haben, ist enorm. Es ist die beste Offshore-Windkraft der Welt. Und dieses Potenzial entspricht dem Sechsfachen des derzeitigen europäischen Strombedarfs - es ist also enorm."

Europas Fokus auf Windkraft ist Teil einer größeren Strategie, um energieunabhängig zu werden und die EU-Klimaziele zu erreichen - wie den Ausstieg aus fossilen Brennstoffen.

Doch die verzweifelten Bemühungen im vorigen Jahr, russisches Gas zu ersetzen, führten jedoch zum genauen Gegenteil: Investitionen in fossile Gasimporte und der Ausbau der entsprechenden Infrastruktur - mit potenziell verheerenden Folgen für den Green Deal der EU... und das Klima.

Diesen Vorwurf machte diese Woche Greenpeace in einem Bericht mit dem Titel "Wie Gaskonzerne vom Krieg in der Ukraine profitieren".

Darüber nun ein Interview mit Silvia Pastorelli, Expertin für EU-Klimapolitik bei Greenpeace.

Euronews: Dieser Bericht steht der Reaktion der EU auf die durch den Krieg in der Ukraine ausgelöste Energiekrise sehr kritisch gegenüber und nennt sie an einer Stelle sogar "eine Katastrophe der fossilen Brennstoffe". Was sind die wichtigsten Erkenntnisse?

Patorelli: Die Antwort der EU auf eine kurzfristige Energiekrise ist eine langfristige Bindung an fossile Brennstoffe mit Gasverträgen über zehn Jahre. Unsere Studie zeigt, dass die EU-Regierungen planen, so viel fossiles Flüssiggas (LNG) zu importieren, dass dies die Treibhausgasemissionen in der EU um bis zu 950 Millionen Tonnen CO2 pro Jahr erhöhen würde. Hinzu kommt die Scheinheiligkeit des Imports von Fracking-Gas. Die EU-Länder haben Fracking-Gas wegen der massiven Umweltauswirkungen nacheinander verboten. Die Auswirkungen diese Kehrtwende bekommen nun Gemeinden in Louisiana, New Mexico und Texas zu spüren, in denen vor allem Minderheiten leben.

Euronews: Greenpeace wirft den EU-Regierungen vor, mit den Gasversorgern unter einer Decke zu stecken, aber gab es nicht einen unmittelbaren Versorgungsengpass, der bewältigt werden musste?

Pastorelli: Europa wurde sich der harten Realität seiner enormen Abhängigkeit von Russland bewusst. Die Reaktion bestand darin, sich nach neuen Lieferanten umzusehen, neue Verträge abzuschließen und sich auf die Reduzierung der Nachfrage und den Ausstieg aus der Gasversorgung zu konzentrieren. Neue Infrastruktur ist aber für den kurzfristigen Bedarf Europas irrelevant. Jedes Flüssiggasterminal, das 2026 oder später in Betrieb genommen wird, trägt nicht zur Bewältigung der aktuellen Krise bei.

Euronews: Was ist mit diesen neuen LNG-Terminals, die in Rekordzeit gebaut und von den EU-Regierungen als Teil eines Pakets zur Sicherung der Energieversorgung für die Zukunft gefeiert werden?

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Pastorelli: Sie verschärfen die Klimakrise, füllen die Taschen der Unternehmen für fossile Brennstoffe, verzögern den notwendigen Übergang zu einem erneuerbaren Energiesystem und machen es für die Menschen noch schwieriger und teurer. Dies hat uns schmerzlich vor Augen geführt, dass unsere Vorstellung von Energiesicherheit überholt ist und die Menschen nicht vor den Erschütterungen eines Systems schützen kann, das vollständig auf fossilen Brennstoffen basiert. Fossiles Gas muss bis spätestens 2035 aus dem Verkehr gezogen werden. Es ist also an der Zeit, die Energiesicherheit neu zu überdenken.

Euronews: Und schließlich plädieren Sie dafür, die fossilen Brennstoffe aus der Politik zu verbannen, was empfehlen Sie genau?

Pastorelli: Wir müssen die fossilen Brennstoffe aus der Politik entfernen, so wie es mit dem Tabak geschehen ist. Heutzutage wäre es undenkbar, dass Gesundheitsminister mit Tabaklobbyisten zusammensitzen und ihre Veranstaltungen besuchen, während sich eine weltweite durch Tabak verursachte Gesundheitskrise entwickelt. Stattdessen sollte in erneuerbare Heizlösungen wie Wärmepumpen investiert werden, deren Vorteile die Menschen sofort spüren können. Saubere Luft, bessere Gesundheit, eine sicherere Umwelt und eine Chance, den Planeten für alle lebenswert zu erhalten.

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