Chinesische Unternehmen im Fokus: Entwurf für neues EU-Sanktionspaket gegen Russland

Medienberichten zufolge könnte die EU chinesische Unternehmen sanktionieren, die Russland mit militärischer Ausrüstung beliefern.
Medienberichten zufolge könnte die EU chinesische Unternehmen sanktionieren, die Russland mit militärischer Ausrüstung beliefern. Copyright Ng Han Guan/Copyright 2023 The AP. All rights reserved
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Von Jorge Liboreiro
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Das nächste Sanktionspaket der EU gegen Russland soll sich gegen Verbündete des Kremls richten, die bei der Umgehung der bisherigen Sanktionen helfen. Auch chinesische Unternehmen sollen auf der Liste stehen.

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Die Europäische Union bereitet eine neue Runde von Sanktionen gegen Russland vor. Sie soll sich gegen Unternehmen und Länder richten, die dem Kreml dabei helfen, die umfangreiche Sanktionsliste zu umgehen, die die EU seit Februar 2022 verhängt hat.

Rechtlich kann sich die EU dabei auf das umstrittene Prinzip der Extraterritorialität berufen, das es der EU ermöglicht, Sanktionen gegen Unternehmen zu verhängen, die nicht in ihren Zuständigkeitsbereich fallen.

Dieser radikale Schritt wird als notwendig erachtet, um die Durchsetzung der Sanktionen zu verbessern und gegen Umgehungen vorzugehen - was nach den vorangegangenen zehn Sanktionsrunden, die eine noch nie dagewesene Bandbreite von Wirtschaftssektoren und Produkten wie Mikrochips, Lastwagen, Banknoten, Chemikalien und Luxustaschen abdecken, alles andere als einfach sein dürfte.

Der Entwurf der Europäischen Kommission wurde am Freitag an die Mitgliedstaaten verschickt und soll von den Botschafter:innen bei einem Treffen am Mittwoch weiter diskutiert werden.

"Dieses Paket konzentriert sich auf die Umsetzung der Sanktionen, ihre Wirksamkeit und die Frage, wie verhindert werden kann, dass sie umgangen werden, sowie auf die Waren, deren Export nach Russland verboten wurde, um zu verhindern, dass diese Waren ihren Weg nach Russland und und in den russischen militärisch-industriellen Komplex finden", sagte ein Sprecher der Europäischen Kommission am Montag und bestätigte damit Medienberichte.

Der Sprecher weigerte sich jedoch, auf den genaueren Inhalt des Vorschlags einzugehen, der in den kommenden Wochen Gegenstand intensiver Verhandlungen werden dürfte.

Brüssel ist zunehmend besorgt über einen deutlichen Anstieg der Exporte  von EU-Waren in den Südkaukasus und nach Zentralasien. Es besteht der Verdacht, dass diese Waren nach Russland weitergeleitet werden könnten.

Auch China befindet sich im Fokus der EU

Auch die EU-Exporte nach China und in den Iran - zwei enge Verbündete des Kremls - stehen auf dem Prüfstand, ebenso wie der Handelsaustausch mit der Türkei.

Ein besonderes Augenmerk gilt den von europäischen Unternehmen hergestellten Produkten, die nicht nach Russland geliefert werden dürfen, weil sie - direkt oder indirekt - die russische Kriegsmaschinerie unterstützen könnten. Dazu gehören unter anderem Halbleiter, Radargeräte, Drohnen und Funksysteme sowie andere elektronische Komponenten.

Einem Bericht der Financial Times zufolge umfasst der Entwurf der EU-Kommission auch sieben chinesische Unternehmen, denen vorgeworfen wird, Ausrüstung mit potenziell militärischen Verwendungszwecken zu verkaufen. Einige der aufgelisteten Firmen werden bereits von den USA sanktioniert.

Ein Vorgehen gegen China, den wichtigsten Handelspartner der EU, wäre ein kühner Schritt in der Außenpolitik der Union und würde mit ziemlicher Sicherheit eine wütende Reaktion Pekings auslösen - zu einer Zeit, in der die Beziehungen zwischen der EU und China ohnehin schon von Turbulenzen geprägt sind.

USA berief sich gegen den Iran auf das Prinzip der Extraterritorialität

Das Prinzip der Extraterritorialität wurde bereits in der Vergangenheit angewandt, vor allem bei den amerikanischen Sanktionen gegen den Iran. Im Jahr 2018 beschloss die Regierung von Präsident Donald Trump, aus dem Atomabkommen mit dem Iran auszusteigen und eine Strategie des "maximalen Drucks" anzuwenden, um die zuvor durch das Abkommen aufgehobenen Sanktionen gegen das Regime in Teheran wieder einzuführen.

Damals nutzten die US-Behörden die Extraterritorialität, um nicht-amerikanische Unternehmen zu bestrafen, die immer noch Geschäfte mit dem Iran machten. Aus Angst vor Vergeltungsmaßnahmen zogen sich viele europäische Unternehmen aus dem iranischen Markt zurück, obwohl sie nach EU-Recht durchaus in dem Land tätig sein dürfen.

Brüssel hatte Washington dafür damals noch kritisiert. Nun scheint man bereit zu sein, dem amerikanischen Beispiel zu folgen, um sicherzustellen, dass die EU-Sanktionen gegen Russland wirksam durchgesetzt und Schlupflöcher geschlossen werden.

Angesichts der Neuartigkeit dieses Schrittes wird erwartet, dass das neue Sanktionspaket - das elfte seit Februar 2022 - von den Mitgliedstaaten heiß und langwierig diskutiert werden wird. Einige von ihnen befürchten eine Gegenreaktion, sollte die EU gegen chinesische Unternehmen vorgehen.

EU-Sanktionen erfordern die Einstimmigkeit aller 27 Mitgliedstaaten.

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