In dieser Ausgabe unserer wöchentlichen Talkshow geht es um die wachsenden Herausforderungen der europäischen Wirtschaft: sinkende Wettbewerbsfähigkeit, zunehmendes Konfliktpotenzial im Handel mit China und geringer werdende Spielräume der öffentlichen Hand.
Seit Jahren bauen sich die Herausforderungen auf, die die europäische Wirtschaft belasten. Und immer mehr wird sich Europa seiner mangelnden Wettbewerbsfähigkeit bewußt. Der EU-Gipfel diese Woche befasste sich einmal mehr mit der Frage, wie die Wirtschaft angekurbelt werden kann.
Darüber diskutierten bei Stefan Grobe Peter Hefele, der politische Direktor des Wilfried Martens Center in Brüssel und Timo Lehman, Brüsseler Korrespondent des Hamburger Nachrichtenmagazins Der Spiegel.
Geringes Wachstum und zunehmender globaler Protektionismus - die EU-Wirtschaft befindet sich im Überlebenskampf. Der europäische Konjunkturmotor Deutschland gerät im zweiten Jahr in Folge ins Stottern. Und Frankreich kürzt die Ausgaben und erhöht die Steuern - alle müssen den Gürtel dramatisch enger schnallen.
Derweil stehen die US-Wahlen vor der Tür, und einige warnen, dass ein Sieg von Donald Trump Europas Wirtschaft weiter schaden könnte.
Angesichts steigender Lebensmittelpreise und Mieten von Athen bis Madrid spüren die Europäer den Druck. Doch die Regierungen haben kaum Spielraum - und weitere Sparmaßnahmen könnten das Wachstum in den nächsten Jahren noch mehr bremsen.
In der Wirtschaft herrscht unterdessen eine besorgte Stimmung. Und diese Woche veröffentlichte die Versicherungsgesellschaft Allianz Trade neue Daten, die vor einem starken Anstieg der weltweiten Unternehmensinsolvenzen warnen. Sie schätzen, dass im nächsten Jahr über 1,6 Millionen Arbeitsplätze in Europa und Nordamerika gefährdet sein könnten.
Droht eine Rezession?
Zu den Dingen, die derzeit nicht helfen, gehören globale Unsicherheiten, allen voran der Ausgang der US-Präsidentschaftswahlen in zweieinhalb Wochen. In Europa befürchten nicht nur viele Politiker eine Rückkehr Donald Trumps ins Weiße Haus, sondern auch zahlreiche Wirtschaftsexperten. Und zwar nicht nur wegen Trumps Politik-Stil, sondern wegen seines wirtschaftlichen Programms. Der Chef der Bundesbank, Joachim Nagel, sagte etwa:
„Trumps Sieg könnte von drastischen Zollerhöhungen und einer expansiven Fiskalpolitik begleitet sein. Dies könnte zu spürbaren Wachstumseinbußen in der Eurozone und in Deutschland führen.“
Auch Unsicherheiten im Handelsverhältnis mit China belasten die wirtschaftlichen Aussichten in Europa. Der Europäische Rat hat Strafzöllen auf chinesische Elektroautos grünes Licht gegeben, ein Erfolg für Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, gegen den ausdrücklichen Widerstand aus Deutschland.
Damit sollen die Europäer ermutigt werden, Autos „Made in Europe“ zu kaufen. Im Gegenzug schlug Peking zurück und erhob Strafzölle auf europäischen Weinbrand und Cognac. Wie wird sich dieser Handelskrieg auswirken? Und wird die Entscheidung Brüssels am Ende mehr schaden als nutzen?
Schließlich beschäftigte sich die Runde mit einer alten Idee in der Finanzpolitik, die angesichts leerer Haushaltskassen wieder populär wird: Reiche und Superreiche sollen besonders zur Kasse gebeten werden. Die neue konservative französische Regierung plant die Rückkehr zur Vermögensteuer, in Deutschland wollen die Sozialdemokraten in ihrem Wahlprogramm eine stärkere Belastung von Vermögenden aufnehmen. Und auf internationaler Ebene wollen die G20-Staaten eine gezielte Steuer für Milliardäre prüfen.
Sind solche Maßnahmen sinnvoll? Geht es hier primär um das Stopfen von Haushaltslöchern oder um Steuergerechtigkeit?