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Sondervermögen für Verteidigung: Gesetzesänderung auf der Überholspur?

CDU-Chef Friedrich Merz spricht vor einer Fraktionssitzung im Bundestag in Berlin am 25. Februar 2025 mit Medienvertretern.
CDU-Chef Friedrich Merz spricht vor einer Fraktionssitzung im Bundestag in Berlin am 25. Februar 2025 mit Medienvertretern. Copyright  Markus Schreiber/Copyright 2025 The AP. All rights reserved
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Von Franziska Müller
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Union und SPD schlagen vor, durch eine Reform der Schuldenbremse ein Sondervermögen von 500 Milliarden Euro für Infrastruktur und Verteidigung zu schaffen. Um von der Mehrheit des alten Bundestags zu profitieren, soll es jetzt schnell gehen.

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Kurz nach den Wahlen und in der Übergangszeit der neuen Regierungsbildung ist Deutschland gezwungen, seine eigene Position zur Verteidigung klarzustellen.

Der wahrscheinlich nächste Kanzler, Friedrich Merz, hat diese Woche eine Reform der Schuldenbremse vorgeschlagen, um 500 Milliarden Euro Sondervermögen für Infrastruktur und Verteidigung zu schaffen.

"Angesichts der Bedrohungen unserer Freiheit und des Friedens auf unserem Kontinent muss jetzt auch für unsere Verteidigung gelten: whatever it takes", so Merz.

Neben Sondierungsgesprächen müssen im Bundestag nun auch Vereinbarungen zum Verteidigungshaushalt getroffen werden.

Eklat im Oval Office zieht EU-Verteidigungspläne nach sich

Seit der Konfrontation zwischen US-Präsident Donald Trump und seinem ukrainischen Pendant Wolodymyr Selenskyj im Oval Office vergangene Woche ist die Verteidigung in Deutschland, Europa und weltweit Priorität geworden.

Donald Trump legte die Militärhilfen für die Ukraine gegen den russischen Angriffskrieg vorübergehend auf Eis und gab an, bald Verhandlungen mit Russland einleiten zu wollen.

Die 27 Staats- und Regierungschefs treffen bei einem Sondergipfel am Donnerstag in Brüssel aufeinander, um gemeinsam mit der EU-Kommission über ihre Pläne zur Stärkung einer gemeinsamen Verteidigungspolitik zu beraten.

EU-Ratspräsident Antonio Costa, der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen bei ihrer Ankunft zum EU-Gipfel in Brüssel.
EU-Ratspräsident Antonio Costa, der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen bei ihrer Ankunft zum EU-Gipfel in Brüssel. Harry Nakos/Copyright 2025 The AP. All rights reserved.

Deutscher Verteidigungshaushalt für die EU

SPD und Union haben sich im Vorfeld darauf geeinigt, die Verteidigungsausgaben zu erhöhen. Geplant ist ein Sondervermögen über 100 Milliarden Euro für die Bundeswehr. Es soll eine Vollausstattung ermöglichen, die Luftverteidigung, Cyberabwehr und verschiedene Waffen, Munition und Drohnen erfasst.

Für die Unterstützung der Ukraine innerhalb der EU stellt Unionsfraktionsvize Johann Wadephul drei Milliarden aus Deutschland in Aussicht, sagte er in einem Interview mit dem ARD-Hauptstadtstudio.

Für den derzeitigen Bundeskanzler Olaf Scholz ist wichtig, dass die Verteidigung in nationaler Zuständigkeit bleibt und Rüstungsausgaben aus den Haushalten der Mitgliedsländer finanziert werden. Vor Beginn der Gespräche sagte er, es gelte sicherzustellen, dass die Ukraine keinen Diktatfrieden akzeptieren müsse. Das Land solle als unabhängige und demokratische Nation bestehen bleiben.

Gesetzesänderung soll mit altem Bundestag beschlossen werden

Um mit einer Reform der Schuldenbremse das Sondervermögen von mehreren Hundert Milliarden zu schaffen, sind mehrere Änderungen des Grundgesetzes notwendig. Eine grundsätzliche Reform der Schuldenbremse ermöglicht, Investitionen in die Infrastruktur fundamental festzulegen und ist daher eine langfristige Lösung.

Ein alleiniges Sondervermögen würde nur temporär finanzielle Mittel zur Verfügung stellen. Die CDU sieht vor, Rüstungsausgaben über ein Prozent vom BIP von der Schuldenbremse ausnehmen.

Im bisherigen Bundestag haben SPD, Union und Grüne noch eine Zweidrittelmehrheit. Diese benötigen sie zur Änderung der Verfassung - also auch der Schuldenbremse. Im neuen Bundestag hingegen hätten AfD und Linke eine Sperrminorität.

Politisch will sich die - vermutlich - neue Bundesregierung deshalb alter Mehrheiten bedienen. Das Gesetz soll deshalb bereits Mitte bis Ende März durchs Parlament gebracht werden.

Die Gesetzesänderung nach der Wahl durch den alten Bundestag wurde zwar kritisiert, sie ist verfassungsrechtlich jedoch richtig, da der alte Bundestag bis zur Konstituierung der neuen Regierung weiterhin beschlussfähig ist.

Beschließt der Bundestag das Sondervermögen, müsste der Bundesrat anschließend ebenfalls mit einer Zweidrittelmehrheit zustimmen. Würde der Bundesrat das Sondervermögen im Anschluss ablehnen, endet das Gesetzgebungsverfahren endgültig. Das Sondervermögen könnte somit nicht mehr umgesetzt werden.

Die Deutschen sind für mehr Verteidigungsausgaben

Einer Forsa-Umfrage im Auftrag von RTL und ntv zufolge halten 71 Prozent der Deutschen die massive Erhöhung der Verteidigungsausgaben für richtig. 24 Prozent stellen sich dagegen. Die höchsten Zustimmungen gibt es hier von Anhängern der Union, SPD und Grünen.

Katharina Dröge, Vorsitzende der Bundestagsfraktion der Grünen bedauerte in einem Statement, dass die CDU erst jetzt zu handeln anfängt. "Ob wir am Ende diesen Grundgesetzänderungen zustimmen werden, ist offen." Sie kritisierte: "Union und SPD durchlöchern die Schuldenbremse ein bisschen wie einen Schweizer Käse, da steht die Frage im Raum, ob es nicht am Ende ordentlicher, transparenter und klüger wäre, eine grundsätzliche Reform der Schuldenbremse anzugehen."

Auch 55 Prozent der Umfrage-Teilnehmer sagen, dass Merz seine Wähler getäuscht habe. Für den CDU-Chef ist die Einigung auf die Finanzpakete ein Kurswechsel. Im Bundestagswahlkampf hatte er eine schnelle Reform der Schuldenbremse noch ausgeschlossen.

Zudem hatte er stets von einem Ausgabenproblem gesprochen und betont, dass zunächst Einsparungen im Haushalt nötig seien, bevor es neue Schulden geben könne.

Kritik von den Linken und Ablehnung von der AfD

Die Linke befürchtet Aufrüstung in Europa. Das Vorgehen der CDU und SPD sei "völlig übereilt und demokratisch höchst fragwürdig" und umfasst außerdem eine "nie dagewesener finanzielle Dimension" teilte die Partei in einer gemeinsamen Erklärung mit.

In einem Statement an Euronews bekräftigt die Partei, dass die bisherigen finanziellen Mittel würden erstmal ausreichen. "Es müsste also um einen Umbau der Bundeswehr gehen, nicht um mehr Geld für Aufrüstung".

Die Linken-Wähler sind sich jedoch uneinig. 49 Prozent sprechen sich für den CDU-Plan aus, 41 Prozent halten dagegen. Nur bei den AfD-Wählern ist die Ablehnung größer als die Zustimmung.

"Die AfD wird dem nicht zustimmen. Denn Deutschland hat kein Einnahmen-, sondern ein Ausgabenproblem. Die für das Militär und die Infrastruktur notwendigen Mittel wären im Haushalt vorhanden, wenn das Geld vernünftig ausgegeben würde", so Bernd Baumann, parlamentarischer Geschäftsführer der AfD in einem Statement gegenüber Euronews.

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