So verhilft sie der AfD zum Erfolg: Die SPD muss sich entscheiden. Wird sie eine lösungsorientierte Politik betreiben oder den Tumor in der Gesellschaft weiter wachsen lassen?
"Die größte Gefahr für unsere Demokratie ist der Rechtsextremismus", sagte die SPD am Samstag auf ihrem Parteitag – und meinte damit die AfD.
Das Bundesamt für Verfassungsschutz stufte die AfD Anfang Mai als "gesichert rechtsextremistisch" ein. Dagegen hat die AfD geklagt. Die Einstufung ist deshalb vorerst ausgesetzt.
Das will die SPD nun schleunigst ändern – mit Hilfe einer Bund-Länder-Arbeitsgruppe. Diese soll gezielt Material Gegen die AfD sammeln, um dem Bundesamt für Verfassungsschutz auf die Sprünge zu helfen: mit einer eigenen Einschätzung dessen, ob eine Verfassungswidrigkeit nachweisbar vorliegt. Sollte die Arbeitsgruppe zu diesem Schluss kommen, soll laut SPD schleunigst ein entsprechender Antrag beim Verfassungsschutz eingereicht werden.
“Weil wir unsere Geschichte kennen. Und weil wir die Freiheit verteidigen. Es ist unser historischer Auftrag”, äußerte sich die SPD.
SPD-Chef und Finanzminister Lars Klingbeil ist klar dafür. Auch die Grünen begrüßen das Vorhaben. Doch die CDU/CSU zeigt sich nach wie vor skeptisch.
Spaltet die SPD die Bundesregierung?
So äußerte sich der Bundeskanzler Friedrich Merz schon lange vor dem SPD-Parteitag skeptisch gegenüber einem AfD-Verbotsverfahren. "Das riecht mir zu sehr nach politischer Konkurrentenbeseitigung", sagte er gegenüber ZEIT. Obwohl Merz seine Distanz zur AfD immer wieder betont hat, plädiert der Bundeskanzler dennoch für eine politische Austragung.
Auch CSU-Parteichef Markus Söder hält ein AfD-Verbot für den falschen Weg. Der richtige Weg nach Söder sei, sich der "AfD stellen, aber nicht verbieten", sagte er bei einer Pressekonferenz der CSU am 23.06.2025. "Man kann nicht ernsthaft glauben, indem man den Dialog verweigert, wird man am Ende irgendeine Überzeugungsarbeit leisten können", so Söder. Er ist für eine "klare" Politik, die auf Veränderungen zielt.
Die Forderung der SPD spaltet die schwarz-rote Bundesregierung. Das wäre nicht das erste Mal. Denn bereits die letzte Regierung – die Ampel-Koalition – ist mit einem lauten Knall an der Unfähigkeit der SPD gescheitert, für Einigkeit innerhalb der Koalition zu sorgen und sich zu konsolidieren.
Damals wurde ein Sündenbock gefunden – der heute in Vergessenheit geratene Ex-Finanzminister Christian Lindner. Sein radikales Grundsatzpapier soll damals für die Spaltung gesorgt und zum Bruch der Ampel geführt haben. Nun ist es die AfD.
Die rechtspopulistische Partei wird in Teilen als rechtsextrem eingestuft. Besonders die rechtsextremen Strömungen, insbesondere in bestimmten Teilen Deutschlands, müssen in der Tat weiter beobachtet und kritisch hinterfragt werden. Doch bei dieser Debatte kristalisiert sich ein ganz anderes Problem heraus: nämlich die Frage nach der regierungsfähigkeit der SPD.
Ist die SPD regierungsfähig?
Die Uneinigkeit, die in der SPD schon seit längerer Zeit zu beobachten ist, hat bei der letzten Bundestagswahl mit einem historisch schlechten Wahlergebnis bereits Risse gezeigt. Die disaströsen Werte und das geringe Vertrauen in die SPD sind nach wie vor aktuelle Themen, denen sich die Partei dringlichst zuwenden sollte. Stattdessen wird wieder ein Sündenbock gesucht und sich hinzu bei der Entscheidung über die Einleitung eines Verbotsverfahrens über andere Parteien hinweggesetzt. Ein Weg, der sich für die SPD schon einmal als fatal erwiesen hat.
Die SPD muss sich entscheiden: Wird sie eine lösungsorientierte Politik betreiben und Antworten auf die dringlichen Fragen unserer Zeit finden, wie die steigenden Lebenshaltungskosten, den katastrophalen Wohnraummangel und die Inflation? Fragen, auf die die AfD Antworten zu haben vorgibt, und das mit Erfolg, wie die letzte Bundestagswahl gezeigt hat. Oder wird die SPD den Tumor in der Gesellschaft nur weiter wachsen lassen und sich mit einem Phantom rumschlagen, das letztlich nur ein Symptom ist, jedoch nicht der Kern des Problems? Die Antwort bleibt abzuwarten.