Im Streit über die Wahl neuer Verfassungsrichter bietet die SPD der Unionsfraktion nun an, dass sich die umstrittene Kandidatin Brosius-Gersdorf persönlich vorstellt. Laut "Bild am Sonntag" sei die Juristin bereit, Fragen von CDU- und CSU-Abgeordneten zu beantworten, um Vorbehalte auszuräumen.
Am Freitag spitzte sich der Streit um Frauke Brosius-Gersdorf im Bundestag zu. Die Professorin für Verfassungsrecht und Sozialrecht an der Universität Potsdam gilt als Wunschkandidatin der SPD für das Amt der Verfassungsrichterin. Doch sie steht in der Kritik – insbesondere aus den Reihen der CDU/CSU. Die Wahl von drei neuen Richtern für das Bundesverfassungsgericht war daraufhin vertagt worden.
SPD-Fraktionschef Miersch bekräftigte am Abend, dass seine Partei an der Nominierung der Jura-Professorin Brosius-Gersdorf festhalte. In einer kurzfristig einberufenen Videokonferenz der SPD-Fraktion schlug Miersch laut Berichten ein persönliches Treffen zwischen der Kandidatin und der Unionsfraktion vor. Ein führender SPD-Abgeordneter sagte gegenüber dem Tagesspiegel: "Wir hoffen, dass die Bedenken gegen Brosius-Gersdorf bei dem Termin in der Unionsfraktion ausgeräumt werden können. Viele ihrer Positionen wurden völlig verdreht dargestellt."
CDU und CSU stören sich vor allem an ihrer Haltung zum Thema Abtreibung.
Vorfall hätte "vermieden werden können"
CDU-Politiker Wolfgang Bosbach erklärte im Deutschlandfunk, der Vorfall hätte vermieden werden können. Die Stimmung in der Fraktion sei zuvor nicht richtig eingeschätzt worden. Immerhin sei der berufliche Hintergrund der SPD-Kandidatin Brosius-Gersdorf bekannt gewesen. Nun sei es entscheidend, dass die Union ihre Vorbehalte deutlich mache, so Bosbach.
Der frühere CDU-Spitzenpolitiker und spätere Verfassungsrichter Peter Müller kritisierte die Union mit deutlichen Worten. In der „Süddeutschen Zeitung“ sprach der ehemalige saarländische Ministerpräsident von einem Führungsversagen.
Zwar seien Vorbehalte gegenüber Kandidaten für das Bundesverfassungsgericht nicht ungewöhnlich – bislang seien Differenzen jedoch stets im Vorfeld ausgeräumt worden. Der aktuelle Vorgang zeige, dass es der politischen Mitte zunehmend schwerfalle, andere Meinungen auszuhalten.