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Geplatzte Richterwahl: Für Bundespräsident Steinmeier ist die Koalition "beschädigt"

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier in Vilnius, Litauen, Sonntag, 6. Juli 2025.
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier in Vilnius, Litauen, Sonntag, 6. Juli 2025. Copyright  Mindaugas Kulbis/Copyright 2025 The AP. All rights reserved.
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Von Euronews
Zuerst veröffentlicht am Zuletzt aktualisiert
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Nach dem Streit um die Wahl neuer Verfassungsrichter spricht Bundespräsident Steinmeier von einer "beschädigten" Koalition. Kanzler Merz widerspricht – die Zusammenarbeit mit der SPD funktioniere "richtig gut".

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In Deutschland ist es wieder Zeit für die traditionell gewordenen Sommerinterviews der Rundfunkanstalten ARD und ZDF. Seit den Achtziger Jahren stellen sich Politiker namhafter Parteien den Fragen von Fernsehmoderatoren des öffentlich-rechtlichen Rundfunks.

Die Interviews haben dieses Jahr eine ganz besondere Brisanz. Erst vergangene Woche war es zu einem Eklat gekommen: Der Bundestag wollte drei Richterinnen und Richter für das Bundesverfassungsgericht wählen. Aber die Wahl wurde in letzter Minute wegen Streits über eine Kandidatin abgeblasen.

Der Hintergrund: Eine der vorgeschlagenen Kandidatinnen, der Juristin Frauke Brosius-Gersdorf, hätte notwendige Stimmenzahl verfehlt. Dabei besteht eigentlich traditionell bereits Einigkeit, bevor es zu diesen Wahlen kommt, die bisher nicht mehr als eine Formalität waren.

Da CDU/CSU und SPD gemeinsam nicht über die erforderliche Zwei-Drittel-Mehrheit im Bundestag verfügen, wären sie auf Stimmen aus der Opposition angewiesen gewesen. Für Brosius-Gersdorf hatten Grüne und Linke ihre Unterstützung angekündigt.

Trotz der angekündigten Ablehnung durch die AfD hätte Brosius-Gersdorf mit ausreichend Rückhalt aus der Unionsfraktion gewählt werden können. Doch dort gab es seit Längerem Vorbehalte – insbesondere wegen ihrer liberalen Haltung zum Schwangerschaftsabbruch. Zudem befürwortet die Richterin ein Verbot der AfD.

Wenige Stunden vor der geplanten Abstimmung forderte die Union die SPD auf, die Kandidatur der Potsdamer Professorin zurückzuziehen. In der Folge wurde die Bundestagssitzung unterbrochen. Nach Krisengesprächen einigten sich die Fraktionen darauf, alle drei anstehenden Richterwahlen zu verschieben.

Steinmeier: "Die Koalition hat sich selbst beschädigt"

Deutschlands Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier sagt nun im ZDF-Sommerinterview, das am Abend um 19:10 Uhr im ZDF ausgestrahlt wird: "Ein Blick in die Zeitungen vom Wochenende zeigt sofort – die Koalition hat sich selbst beschädigt."

Zudem drängt er darauf, "in näherer Zeit" eine Entscheidung über die Verfassungsrichter zu treffen. Die kurzfristig verschobene Neubesetzung von drei Richterposten beim Bundesverfassungsgericht rühre an der Autorität des Parlaments, das hier das Entscheidungsrecht hatte, so Steinmeier.

Er sei aber "weit davon entfernt" zu sagen, es beschädige auch das Bundesverfassungsgericht. "Jedenfalls dann nicht, wenn in näherer Zeit die Entscheidungen noch getroffen werden", so der Bundespräsident.

Sollte das nicht erfolgen, "müssten wir allerdings Sorge haben." Immerhin gehe es "um die Autorität und Funktionsfähigkeit eines Verfassungsorgans, das zugleich unser höchstes Gericht ist."

Bundeskanzler Friedrich Merz sieht keine Probleme. Auch er wird im Sommerinterview befragt, an diesem Abend in der ARD, ab 18 Uhr. Im Vorfeld besuchte er ein Schützenfest in seinem Heimatort Arnsberg-Niedereimer im Sauerland.

Merz: "Arbeiten richtig gut zusammen"

Er wolle, sagte er bei seiner Ansprache auf der dortigen Bühne, auch 2027 gern weiter in der Funktion des Kanzlers das achtzigjährige Jubiläum des Schützenvereins feiern.

Als frotzelnde Stimmen laut wurden, wie er das denn schaffen wolle, meinte er, dass die Zusammenarbeit mit dem Koalitionspartner gut sei - geplatzte Richterwahl im Bundestag hin oder her.

"Wir arbeiten sogar mit den Sozialdemokraten in dieser Koalition richtig gut zusammen. Und das zeigt auch, dass die politische Mitte in unserem Land in der Lage ist zusammenzuarbeiten, zusammen zu regieren und dafür zu sorgen, dass unsere Demokratie in der Mitte stabil bleibt", so der CDU-Vorsitzende.

Friedrich Merz hatte sich zum Ziel gesetzt, als Kanzler einen kooperativen Regierungsstil einzuführen. "Die ständigen öffentlichen Auseinandersetzungen der Vergangenheit müssen ein Ende haben", erklärte er noch vor der Bundestagswahl – mit Blick auf die Konflikte innerhalb der früheren Ampelkoalition. Nach dem geplatzten Votum zur Richterwahl ist jedoch auch die schwarz-rote Koalition in einen offenen Streit geraten.

Die Sommerinterviews von ARD und ZDF finden an folgenden Tagen statt:

ARD, immer sonntags, 18 Uhr:

13. Juli 2025 Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) 

20. Juli 2025 Alice Weidel (AfD) 

3. August 2025 Felix Banaszak (Bündnis 90/Die Grünen) 

10. August 2025 Bärbel Baas (SPD)

17. August 2025 Jan van Aken (Die Linke) 

24. August 2025 Markus Söder (CSU) 

ZDF (immer sonntags, 19:10 Uhr):

20. Juli 2025 Franziska Brantner (Bündnis 90/Die Grünen)

3. August 2025, 19.10 Uhr, Markus Söder (CSU)

10. August 2025 Tino Chrupalla (AfD)

17. August 2025 Lars Klingbeil (SPD)

24. August 2025 Ines Schwerdtner (Die Linke)

31. August 2025 Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU)

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