Siegfried Lenz, Deutschlands Gewissen, ist tot

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Siegfried Lenz ist tot. Lenz, einer der bedeutendsten und meistgelesenen deutschen Schriftsteller der Nachkriegszeit, starb am Dienstag im Alter von 88 Jahren im Kreise der Familie. Lenz’ wichtigstes Werk ist der in viele Sprachen übersetzte und verfilmte Roman “Deutschstunde” (1968) über die Nazizeit und einen falsch verstandenen Pflichtbegriff.

Der Ostpreuße galt aber vor allem als ein Meister der Erzählung. Dafür stehen humorvolle Bände wie “So zärtlich war Suleyken” (1955) oder “Lehmanns Erzählungen” (1964). Vor drei Jahren (2011) erschien sein letzter Erzählband “Die Maske”.

Der seit Jahren gesundheitlich schwer angeschlagene Lenz hatte seinen Lebensabend in einem Appartement in einer Hamburger Senioren-Residenz an der Elbchaussee mit freiem Blick auf den Elbstrom verbracht.

Als Wehrmachts-Deserteur geriet Lenz 1945 in englische Kriegsgefangenschaft. Noch im gleichen Jahr wurde er entlassen und begann in Hamburg ein Studium der Philosophie, Anglistik und Literaturwissenschaft.

1948 bricht er seine akademische Ausbildung ab und volontiert bei der Tageszeitung “Die Welt”. Bei der “Welt” arbeitet Lenz zunächst als Nachrichten-, später als Feuilletonredakteur. 1951 wird er freier Schriftsteller, bleibt aber nebenberuflich Essayist und Kritiker für Rundfunk und Zeitungen.

Sein erster Roman “Es waren Habichte in der Luft” erscheint 1951. In der Gruppe 47 pflegt er Kontakte zu Autoren wie Paul Celan, Günter Grass, Heinrich Böll und Ingeborg Bachmann.

Neben den Nobelpreisträgern Heinrich Böll und Günter Grass gehörte Lenz zu jenen Autoren, die die Aufarbeitung der NS-Vergangenheit und die Aussöhnung insbesondere mit Polen und Israel als Lebensaufgabe verstanden.

Auch Politisch engagierte sich der in der Nazizeit aufgewachsene Autor für die Aussöhnung mit Polen. 1970 begleitete er mit Grass den damaligen Bundeskanzler Willy Brandt (SPD) zur Unterzeichnung des Warschauer Vertrages. Außerdem mahnte Lenz Solidarität mit Israel an, als der damalige irakische Staatspräsident Saddam Hussein den jüdischen Staat mit Raketen bedrohte.

Der Börsenverein würdigte Lenz 1988 mit dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels.

Lenz Werk wurde in mehr als 20 Sprachen übersetzt. Die Weltauflage liegt bei über 25 Millionen.

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