Nahost-Experte empfiehlt: "Wegen Syrien Dialog mit Putin wieder aufnehmen"

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Von Euronews
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Der Besuch des UN-Sondergesandten für Syrien, Staffan de Mistura, in der syrischen Hauptstadt Damaskus, ist ein Vorstoß für eine politische Lösung

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Der Besuch des UN-Sondergesandten für Syrien, Staffan de Mistura, in der syrischen Hauptstadt Damaskus, ist ein Vorstoß für eine politische Lösung des Syrienkonflikts. Was genau besprochen wurde, dazu gab de Mistura keine Auskunft. Aber schon Ende Juli hatte er auf Gespräche über die verfahrene Lage im Land gedrängt, vor allem über die Themen Sicherheit, Militär und den Wiederaufbau.

Der Vorstoß kommt kurz nachdem der syrische Präsident Baschar al-Assad dem Westen im russischen Staatsfernsehen vorgeworfen hatte, Terroristen zu unterstützen und damit die derzeitige Flüchtlingskrise erst geschaffen zu haben.

Russland unterstützt die syrische Armee mit Waffen und Militärberatern, die USA hingegen unterstützen Aufständische im Kampf gegen die Regierung. Neu ist allerdings ein Angebot der Russen, militärische Informationen auch mit den USA auszutauschen. Nach Informationen der Frankfurter Allgemeinen Zeitung baut Russland zudem an einer Militärbasis für Luftschläge in Syrien. Es scheint, als möchte Russland jetzt auch direkt militärisch in Syrien eingreifen.

Hasni Abidi: “Waisenkind syrische Opposition”

euronews-Reporterin Sophie Desjardin sprach mit Hasni Abidi, dem Direktor des Zentrums für arabische und mediterrane Studien in Genf, über den Einfluss Russlands und des Irans auf Baschar al-Assad, die Rhetorik des syrischen Präsidenten und die Flüchtlingsthematik.

euronews:
In Interviews mit russischen Medien sprach Baschar al-Assad über die Flüchtlingsthematik in Europa und sagte wörtlich: “Das ist, als ob der Westen mit einem Auge um die Flüchtlinge weint, während er mit dem anderen mit einer Waffe auf sie zielt.” Ist der Westen tatsächlich in diesem Krieg gefangen?

Hasni Abidi:
Der Westen steckt angesichts der Flüchtlingswelle eher in einer Sackgasse. Die Situation wird zur Bedrohung, ist aber vor allem ein innenpolitisches Thema. Baschar al-Assad benutzt dieselbe Rhetorik: Er erpresst Europa, indem er sagt, Europa sei für den Zustrom der Flüchtlinge verantwortlich, weil es den Krieg gespeist habe. Doch er vergisst, dass die Flüchtlingswelle oder die Krise um Migranten, Flüchtlinge und Vertriebene bereits lange vor der Gründung der Miliz Islamischer Staat begann.

euronews:
Assad wirft dem Westen vor, die IS-Miliz geschaffen zu haben. Doch wenn die Dschihadisten nicht auf der Bildfläche erschienen wären und die Rechnung auf pro- und anti-Assad hinauslaufen würde, wäre sein Regime schon längst am Ende gewesen, oder?

Abidi:
Das ist sehr schwer zu sagen. Das ist ein Regime, das sein Unterstützernetzwerk ausgebaut hat. Das hat gut funktioniert, und die Opposition wurde verteufelt. Zu Beginn handelte es sich um eine friedliche Opposition, die zudem nicht Assads Sturz zum Ziel hatte. Sie wollte Reformen, doch das Regime hat diese Opposition radikalisiert, die zu Beginn laizistisch war.

Als Assad sah, dass es eine gut organisierte Opposition gibt, die Pläne für ein anderes Syrien und für eine pluralistische Verfassung hatte, hat er seine Taktik geändert und die Terrorismus-Karte ausgespielt. Die Miliz Islamischer Staat ernährt sich durch das syrische Regime. Es ist die Maschinerie des Baschar al-Assad, die diese Gefahr namens Islamischer Staat kultiviert. Denn das Scheitern der sogenannten gemäßigten Opposition hat die Leute dazu gebracht, eine sehr viel radikalere Opposition zu unterstützen. Vor allem angesichts des Nicht-Handelns oder des Unvermögens der internationalen Gemeinschaft.

euronews:
Gibt es Ihrer Meinung nach ein Mittel, um den Krieg, der nun schon vier Jahre andauert, zu beenden, ohne das syrische Regime zu unterstützen?

Abidi:
Baschar hat die Erpressung ausgesprochen: Eure Sicherheit gegen Unterstützung für das Regime. Ich glaube, dass die Vereinbarungen Genf 1, Genf 2 sowie die Bemühungen der Vereinten Nationen mehr Unterstützung verdienen. Man kann einen politischen Übergang erreichen, man kann mit Baschar al-Assad über seinen Rücktritt sprechen, aber man kann nicht über Unterstützung sprechen.

Deshalb muss man die Möglichkeiten des Irans und Russlands beim Schopfe packen. Leider gleicht die Opposition insgesamt fast einem Waisenkind. Also hat sich der Konflikt aufgrund fehlenden politischen Einsatzes und aufgrund fehlenden Willens etablieren können.

euronews:
Russland engagiert sich ganz offen – diplomatisch und militärisch. Glauben Sie, dass die Folgen dieses Krieges für Europa Moskau in die Karten spielen?

Abidi:
Dem stimme ich zweifellos zu. Präsident Putin spielt diese Karte auch aus. Für ihn ist Baschar al-Assad ein wichtiger Trumpf in der Beziehung zu den Amerikanern und den Europäern. Er ist bereit, ihn im Sinne seiner eigenen Interessen fallen zu lassen und wenn Verhandlungen mit dem Westen zu anderen Themen Erfolg haben sollten. Deshalb ist es wichtig, den Dialog mit Putin wieder aufzunehmen, aber auch mit den Iranern und den Ländern, die Baschar al-Assad noch unterstützen.

Die offene Unterstützung seitens Russlands und des Irans zeigt, dass beide Länder den Trumpf Syrien nutzen wollen. Sie wollen Baschar al-Assad nutzen – nicht nur für Syrien, sondern auch weil sie strategische Interessen haben, die weit über Syrien hinausgehen.

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