Österreichs Ex-Kanzler will EU-Top-Job: Wer ist Christian Kern?

Österreichs Ex-Kanzler will EU-Top-Job: Wer ist Christian Kern?
Von Michael-Ross Fiorentino
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Er ist der zweite Kandidat, der seinen Hut für die Nachfolge des EU-Kommissionschefs Jean-Claude Juncker in den Ring schmeißt. Wir fassen zusammen, was man über Christian Kurz wissen sollte.

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Der ehemalige österreichische Mitte-Links-Kanzler Christian Kern hat angekündigt, dass er bei den Europawahlen 2019 die Nachfolge von Jean-Claude Juncker anstreben wird.

Wer ist der Mann aus Österreich?

Der 52-Jährige wurde 2016 Österreichs 24. Bundeskanzler, verlor aber nur ein Jahr später in einer vorgezogenen Neuwahl gegen den Konservativen Sebastian Kurz. Im Mittelpunkt der Kampagne von Kern stand die Kritik an der österreichischen politischen Elite, sie habe keine sinnvolle politische Agenda für die Zukunft des Landes.

Vor seiner Kanzlerschaft war Kern für den staatlichen Eisenbahnbetreiber OBB der Alpenrepublik verantwortlich. Zuvor war er Sprecher der SPÖ-Bundestagsfraktion und Geschäftsführer des österreichischen Wasserkraftwerks Verbund.

Kern ist studierter Publizist und begann seine Karriere als Wirtschaftsjournalist und arbeitete anschließend in verschiedenen staatlichen Pressestellen.

Warum steigt er aus der nationalen Politik aus?

Die Kandidatur des proeuropäischen Kern will als Gegengewicht zu den wachsenden nationalistischen Kräfte in der EU auftreten.

Kerns Ankündigung über eine Kandidatur für das EU-Spitzenkandidat fällt mit dem EU-Gipfel in Salzburg zusammen. Hier wird er mit den sozialdemokratischen Parteichefs der EU zusammentreffen und um Unterstützung werben.

Totaler Mumpitz?

Allerdings hat die Entscheidung des Sozialdemokraten für ein Chaos zu Hause gesorgt, hatte Kern doch noch vor drei Wochen ähnliche Gerüchte als "totalen Mumpitz bezeichnet".

"Ein Wechsel nach Brüssel oder ins EU-Parlament kommt für mich nicht infrage – ich bleibe in Wien und will den Kanzler für die SPÖ ­zurückgewinnen. Auch den EU-weiten Spitzenkandidaten werde ich nicht machen", so Kern.

Kern plante zunächst, spätestens nach der Wahl am 26. Mai nächsten Jahres als Vorsitzender der Sozialdemokratischen Partei Österreichs zurückzutreten. Wer ihn als SPÖ-Chef zu Hause ersetzen wird, ist völlig unklar. Die Entscheidung aber soll schon auf einem Parteitag im November fallen.

Was verspricht er?

Kern sagte Reportern, dass das Konzept einer liberalen, aufgeschlossenen Demokratie von nationalistischen Politikern in ganz Europa in Frage gestellt werde.

Die türkis-blaue österreichische Regierung, die Kern zuletzt als "lupenrein rechtspopulistisch" bezeichnete, hat die Migrationskrise in Europa zur Priorität erklärt. Wien hat seit dem 1. Juni und für die kommenden sechs Monate den EU-Ratsvorsitz inne.

Zu den von ihm namentlich genannten EU-Führungskräften gehörten der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban und der stellvertretende italienische Ministerpräsident Matteo Salvini, die eine gemeinsame Anti-Migrationsfront bilden wollen.

"Es ist die wichtigste Herausforderung für uns Sozialdemokraten, das europäische Erbe zu erhalten", sagte Kern in seiner kurzen Erklärung.

Wer hat sonst noch ein Auge auf den Top-Job geworfen?

Bei der EVP hat sich der deutsche Manfred Weber (CSU) um die Spitzenkandidatur beworben. Kern tritt nun parteiintern gegen den slowakischen Sozialdemokraten und Kommissionsvizepräsidenten Maros Sefcovic an. 

Kerns stärkster Konkurrent könnte der Diplomat Maroš Šefčovič sein, der am Montag seine Pläne bekannt gab, in Brüssel an die Spitze zu gelangen. Aus dem ehemaligen kommunistischen Block hat sich der 52-jährige Slowake als sensibel für die wachsende Ost-West-Gefälle in Europa gezeigt.

Šefčovič ist seit 2009 Mitglied der Europäischen Kommission.

"Meine Vision ist klar: Wir wollen erreichen, dass sich die Menschen aus allen Teilen Europas fit für die Zukunft fühlen", sagte Šefčovič am Montag, als er seine Kandidatur bekannt gab.

In den kommenden Wochen könnten weitere Kandidaten hinzu kommen. Die Bewerbungsfrist läuft bis zum 18. Oktober.

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