Hessen wählt an diesem Sonntag: Erste Hochrechnungen um 18 Uhr

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Von Kirsten Ripper mit dpa
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Die Hessenwahl ist spannend wie selten - und wird auch im Ausland beobachtet.

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Die bundesweit mit Spannung erwartete Landtagswahl in Hessen hat begonnen. Um 8 Uhr öffneten die Wahllokale, bis 18 Uhr können Stimmen abgegeben werden. Insgesamt sind rund 4,4 Millionen Menschen sind aufgerufen, über die Zusammensetzung des regulär 110 Abgeordnete zählenden Landesparlaments zu entscheiden.

Es wird mit einem engen Wahlausgang gerechnet. Ob die seit 2013 regierende schwarz-grüne Koalition unter Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) ihre Arbeit fortsetzen kann, ist ungewiss. In den Umfragen vor der mit Spannung erwarteten Wahl zeichneten sich herbe Verluste für CDU und SPD ab. Die Grünen legten dagegen deutlich in der Wählergunst zu.

Die Wahl ist auch bundesweit interessant, weil sie als Härtetest für den Fortbestand der großen Koalition in Berlin gilt. Die Parteivorsitzenden, Bundeskanzlerin Angela Merkel und Andrea Nahles, stehen auch in den eigenen Reihen unter Druck. Einer neuen Umfrage zufolge ist die Union bundesweit erneut auf ein Allzeittief gefallen. Im aktuellen Sonntagstrend für die "Bild am Sonntag" kommen CDU und CSU nur noch auf 24 Prozent, zwei Prozentpunkte weniger als in der Vorwoche. Die Grünen legen in der Umfrage durch das Meinungsforschungsinstitut Emnid einen Prozentpunkt auf 20 Prozent zu. Sie könnten bei der Hessen-Wahl ihr historisch bestes Ergebnis einfahren. Die SPD verharrt bei 15 Prozent und fällt damit hinter die AfD, die einen Prozentpunkt auf 16 Prozent zulegen konnte. Linke und FDP kommen erneut auf zehn Prozent.  

Der beliebteste Politiker in Hessen ist schon seit Monaten der grüne Vize-Regierungschef und Spitzenkandidat Tarek Al-Wazir. Läuft es mit den erwartungsgemäß guten Ergebnissen für die Grünen auf eine Jamaika-Koalition hinaus? Meinungsforscher halten das für wahrscheinlich. Die FDP hat bereits signalisiert, dafür offen zu sein. Bouffier hatte mehrmals öffentlich bedauert, dass Jamaika im Bund nicht zustande kam. Die konstituierende Sitzung des neuen Landtags ist für den 18. Januar 2019 geplant.

Das sagt die Presse:

Die taz erinnert unter dem Titel Alles in grüner Soße? daran, dass Hessen schon immer etwas wie die politische Avantgarde in Deutschland war - auch mit Joschka Fischer 1985, als dieser in Turnschuhen der erste grüne Minister wurde. Ein ganz anderer Typ Politiker ist der grüne Spitzenkandidat 2018 Tarek Al-Wazir: "Wie ruhig und professionell Al-Wazir das schwierige Bündnis gemanagt hat, ist in der Tat eine große Leistung. Schwarz-Grün in Hessen, gestartet vor fünf Jahren, war im Grunde der erste ernstzunehmende erfolgreiche Testlauf dieser Koalition. Und die bis zuletzt durchgehaltene Stabilität war anfangs keineswegs ausgemachte Sache. Die CDU in Hessen verstand sich seit jeher als konservativer Kampfverband. Alfred Dregger, Manfred Kanther oder Roland Koch: Ihre Führungsfiguren trugen das Haar messerscharf gescheitelt und vertraten einen schneidigen Konservatismus, der in der Merkel-CDU längst ausgestorben ist.

Doch mit Bouffier, dem brummig-freundlichen Merkel-Verteidiger, gelang das Kunststück. Al-Wazir und er duzen und schätzen sich, sie waren die Anker dieser schwierigen Koalition. Trotz großer Gegensätze in der Flughafen- und Verkehrspolitik, in ökologischen oder flüchtlingspolitischen Fragen regierten CDU und Grüne erstaunlich skandalfrei."

"Wird Hessen zu Merkels Schröder-Moment" fragt die konservative WELT. Im Kommentar steht dann: "Vergleiche können hinken, sie können einem aber auch leichtfüßig entgegengehüpft kommen. So wie der Vergleich zwischen der Gerhard-Schröder-Endzeit und der Angela-Merkel-Dämmerung. Eine Kanzlerentscheidung, die das Land und die eigene Partei spaltet, die Erosion der Autorität im eigenen Lager, Verlustängste in der Bevölkerung – was für Schröders Amtszeit die Agenda 2010 war, ist für Merkel die Flüchtlingspolitik 2015 geworden. Am Ende der Ära Schröder war es die Landtagswahl in NRW, die über den Fortbestand der Bundesregierung entschied. Die Hessen-Wahl hat das Potenzial, zum NRW-Moment der großen Koalition zu werden. Zumal fast drei Viertel der Wähler laut Umfragen behaupten, für ihre Wahlentscheidung sei die Bundes- und eben nicht die Landespolitik ausschlaggebend."

Die Presse aus Wien sieht "Das große Zittern in Berlin". Das Blatt meint: "Nach 18 Jahren an der Parteispitze, nach 13 Jahren im Kanzleramt läuft die Zeit von Merkel ab. Sie hat viel geleistet für ihre Partei und ihr Land, vor allem wirtschaftspolitisch. Doch sie hat ihren Zenit überschritten. Das Jahr 2015 hängt ihr nach. Merkel hat damals nicht nur einer Million Flüchtlinge die Tür geöffnet, sondern auch der rechtspopulistischen AfD, die sich nun etabliert. (...) Die Erinnerung an 2015 kann erst verblassen, wenn Merkel geht. So entzöge sie der AfD mit einem Schlag deren einigendes Feindbild und erwiese ihrem Land einen letzten großen Dienst. Denn die versprochene „neue Dynamik für Deutschland“ ist nur ohne Merkel möglich."

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