Doch kein Vorbild? Schönstatt-Gründer Kentenich soll Nonnen sexuell belästigt haben

Standbild Kentenichs in Argentinien
Standbild Kentenichs in Argentinien Copyright Leandro Kibisz via Wikimedia Commons, CC BY-SA 2.5
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Von Euronews mit CNA, KNA
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"Wem gehören die Brüste?" Eigentlich soll Josef Kentenich seliggesprochen werden, doch jetzt werden Missbrauchsvorwürfe gegen den Gründer der Schönstatt-Bewegung laut. Die Bewegung selbst wiederum sagt, die Anschuldigungen seien alt und längst entkräftet.

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Er hat die Schönstatt-Bewegung gegründet, belegte in einer Umfrage zu den "besten Deutschen" Platz 17 von 100 und soll seliggesprochen werden: Pater Josef Kentenich hat bei vielen Menschen einen guten Ruf.

Das könnte sich nun ändern - und auch die geplante Seligsprechung steht auf dem Spiel. Die italienische Theologin Alexandra von Teuffenbach wirft dem bereits 1968 verstorbenen Kentenich Machtmissbrauch und sexuellen Missbrauch in einem Fall vor.

Sie stützt sich dafür auf Vatikan-Dokumente aus der Amtszeit von Papst Pius XII., die zuvor nicht ausgewertet worden waren, wie sie in der Tagespost schreibt. Dabei handelt es sich um Aussagen von Schwestern der von Kentenich ins Leben gerufenen Marienschwestern.

Die Berichte aus den 40er- und 50erjahren beschreiben Kentenich als in hohem Maße manipulativ. Er habe die Schwestern gezielt in ihrer Gewissensfreiheit behindert.

Das Heilige Offizium, die heutige Kongregation für die Glaubenslehre, habe die Vorwürfe damals unter anderem vom Theologen Sebastiaan Tromp überprüfen lassen und als glaubwürdig anerkannt. Kentenich wurde dafür in die USA verbannt, ein öffentlicher Skandal sollte verhindert werden, die Missbrauchsvorwürfe wurden verschwiegen. 1965 wurde er rehabilitiert.

Den Unterlagen nach soll Kentenich sich gegenüber den Nonnen als "Vater" dargestellt haben, der absolute Macht hatte. In Gebeten sei oft nicht klar gewesen, ob die Schwestern mit "Vater" Gott meinten oder Kentenich. Nach der Lehre des Paters hätten "Mütter" keine Macht, und "Töchter" erst recht nicht, wobei sich dies, so von Teuffenbach, auf "religiöse Frauen" bezogen hätte.

Weiter hieß es, die Nonnen hätten sich einmal im Monat mit ausgestreckten Händen vor dem "Vater" Kentenich hinknien müssen. Dabei hätte sich dann folgender Dialog entfaltet:

"Wem gehört die Tochter?" Antwort: "Dem Vater."

"Was ist die Tochter?" Antwort: "Nichts."

"Was bedeutet der Vater der Tochter?" Antwort: "Alles."

"Wem gehören die Augen?" Antwort: "Dem Vater."

"Wem gehören die Ohren?" Antwort: "Dem Vater."

"Wem gehört der Mund?" Antwort: "Dem Vater."

Einige Schwestern berichteten, manchmal sei die Reihe weitergegangen. Dann habe Kentenich gefragt: "Wem gehören die Brüste?" Oder auch: "Wem gehören die Geschlechtsteile?" Die Antwort jedesmal: "Dem Vater."

In den Unterlagen ist auch ein Bericht Tromps über eine deutsche Nonne in Chile, die in einem Brief von 1948 schrieb, nach dem, was ihr während dieser Frage-Antwort-Rituale passiert sei, könne sie Kentenich nicht mehr als "Vater" sondern nur noch als "Mann" wahrnehmen.

Sie habe sich an ihre Vorgesetzte gewandt, die ihre aber dem Bericht zufolge nicht half, sondern ihr unterstellte, vom Teufel besessen zu sein. Außerdem informierte die Oberin Kentenich. Während der Untersuchung durch das Offizium gab sie an, weitere solcher Briefe von anderen Schwestern erhalten und weggeworfen zu haben.

Die Schönstatt-Bewegung hat die Missbrauchsvorwürfe inzwischen zurückgewiesen. Die Anschuldigungen seien seit langem bekannt und bereits entkräftet worden. In den Jahren im Exil seien die Anschuldigungen aufgearbeitet worden. Zudem seien sie während des Seligsprechungsverfahrens erneut geprüft worden.

"Hätten Zweifel an der moralischen Integrität des Gründers Schönstatts weiter bestanden, wäre das Exil nicht beendet worden und hätte der Vatikan ein Nihil obstat zur Eröffnung des Seligsprechungsverfahrens nicht erteilt", schreibt die Bewegung.

Weitere Quellen • Katholisch.de, Domradio.de

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