10 Jahre nach "Costa Concordia"-Tragödie: Auf Giglio gedenkt man der Toten

Ein Blumenkranz auf dem Meer erinnert an das Schiffsunglück vor der italienischen Insel Giglio vor zehn Jahren, 13.01.2022
Ein Blumenkranz auf dem Meer erinnert an das Schiffsunglück vor der italienischen Insel Giglio vor zehn Jahren, 13.01.2022 Copyright Andrew Medichini/Copyright 2022 The Associated Press. All rights reserved
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Von Euronews mit dpa
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Mit einer Gedenkveranstaltung auf der Insel Giglio wurde an die Schrecken jener Nacht erinnert, in der das Kreuzfahrtschiff auf einen Felsen auflief und kenterte.

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Italien hat der 32 Opfer des Schiffskatastrophe der Costa Concordia gedacht. Das Unglück jährt sich in diesem Jahr zum 10. Mal. Mit einer Gedenkveranstaltung auf der toskanischen Insel Giglio wurde an die Schrecken jener Nacht erinnert, in der das Kreuzfahrtschiff auf einen Felsen auflief und kenterte.

Einige der 4.200 Überlebenden haben an den Feierlichkeiten teilgenommen, die mit einer Messe begannen und mit einer Wache bei Kerzenlicht um 21:45 Uhr enden werden, dem Moment, als die Costa Concordia auf den Felsvorsprung krachte, der einen 70 Meter langen Riss in ihren Rumpf schlug.

Nach einem Gottesdienst in der Kirche Chiesa dei Santi Lorenzo e Mamiliano ließen bei strahlendem Sonnenschein und blauem Himmel zwei Matrosen von einem Boot der Küstenwache aus einen Blumenkranz zum Gedenken an die Toten ins Meer.

Schreckensnacht: Chaos an Bord der havarierten Costa Concordia

Kaptiän Francesco Schettino verbüßt unterdessen eine 16-jährige Haftstrafe wegen fahrlässiger Tötung, fahrlässiger Körperverletzung und weiterer Anklagen. So hatte er der Besatzung befohlen, das 300 Meter lange Schiff näher an Giglio heran zu manövrieren. Nachdem das Schiff auflief, lief der Maschinenraum mit Wasser voll, die Generatoren fielen aus. Das führte zu einem Stromausfall, außerdem begann das Schiff zu kentern. Die im Prozess vorgelegten Beweise zeigten, dass Schettino in der Kommunikation mit der Küstenwache den Ernst der Lage herunterspielte, einen Evakuierungsbefehl hinauszögerte und das Schiff verließ, bevor alle Passagiere und die Besatzung von Bord waren.

Der damalige stellvertretende Bürgermeister von Giglio, Mario Pellegrini, war in jener Nacht an Bord des havarierten Schiffes gegangen, um bei der Koordinierung der Rettungsmaßnahmen zu helfen. Dort fand er Chaos vor, da weder der Kapitän noch die Besatzung Anweisungen gaben. "Ich habe schreckliche Erinnerungen an diese Nacht im Inneren des Schiffes, an die Tränen und die Verzweiflung der Menschen", sagte er am Donnerstag. "Ich hätte jeden retten wollen, aber wenn ich noch einmal darüber nachdenke, habe ich alles getan, was ich tun konnte."

Er erinnerte sich, dass er das Schiff gegen 6 Uhr morgens am darauffolgenden Tag, nachdem die letzten Passagiere und Besatzungsmitglieder evakuiert worden waren, verlassen hatte.

Am zehnten Jahrestag wird auch daran erinnert, wie die Einwohner von Giglio die 4.200 überlebenden Passagiere und Besatzungsmitglieder aufnahmen und ihnen Essen, Decken und einen Platz zum Ausruhen gaben, bis der Tag anbrach und sie mit der Fähre aufs Festland gebracht werden konnten.

Passagiere bei der Rettung auf sich selbst gestellt

Die Einwohner der Insel lebten dann noch zwei Jahre lang mit dem Anblick der havarierten "Costa Concordia", bis sie aufgerichtet und zur Verschrottung abtransportiert werden konnte. 

"Es war richtig, hier zu sein und den Opfern zu gedenken, aber in erster Linie möchte ich den Menschen aus Giglio danken, die mir in dieser Nacht geholfen haben", sagte der Überlebende Luciano Castro.

Eine andere erinnert sich, dass sie im Speisesaal zu Boden geworfen wurde, als "der Fels wie ein Erdbeben in den Schiffsrumpf einschlug". Das Licht ging aus, und Flaschen, Gläser und Teller flogen von den Tischen.

"Wir standen auf und gingen mit großer Anstrengung an Deck, um die Rettungswesten zu holen - die, die wir finden konnten, denn jeder schnappte sie sich, um sich zu retten", erinnert sich Ester Percossi. "Es gab keine Gesetze. Es ging nur ums Überleben und nichts anderes."

Bei der Tragödie auf dem riesigen Schiff waren die Passagiere weitgehend auf sich selbst gestellt, um Rettungswesten und ein funktionierendes Rettungsboot zu finden. Aufgrund des viel zu spät erteilten Evakuierungsbefehls konnten viele Rettungsboote nicht herabgelassen werden, da das Schiff bereits in Schieflage geraten war. 

Das Kreuzfahrtunternehmen, das zur US-amerikanischen Carnival Corp. gehört, dankte den Rettungskräften und den Bewohner:innen von Giglio sowie den Costa-Concordia-Angestellten, "die in dieser Nacht und in den darauffolgenden Phasen unermüdlich, großzügig und mutig gearbeitet und geholfen haben".

In einer Erklärung hieß es, dass die Gedanken des Unternehmens bei den Opfern und ihren Angehörigen seien. Das Unternehmen wies darauf hin, dass es seit der Katastrophe umfangreiche Maßnahmen ergriffen habe, um das havarierte Schiff aufzurichten, es abzuschleppen und den beschädigten Meeresboden wiederherzustellen.

Sicherheit der Passagiere: Oberste Priorität?

Der Jahrestag fällt in eine Zeit, in der die Kreuzfahrtindustrie, die in weiten Teilen der Welt wegen der Coronavirus-Pandemie monatelang stillgelegt war, wegen Covid-19-Ausbrüchen, die die Sicherheit der Passagiere bedrohen, erneut im Rampenlicht steht. Das US-Zentrum für Krankheitskontrolle und -prävention (CDC) warnte im vergangenen Monat alle Reisenden, unabhängig von ihrem Impfstatus, wegen des Infektionsrisikos auf Kreuzfahrten zu verzichten.

Für die Überlebenden der Costa Concordia sind die COVID-19-Infektionen auf den Kreuzfahrtschiffen ein weiteres Indiz dafür, dass die Sicherheit der Passagiere in der Branche noch immer keine oberste Priorität hat.

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