Tote bei Wohnhausbrand in französischer Vorstadt

Feuerwehr in Vaulx-en-Velin
Feuerwehr in Vaulx-en-Velin Copyright Laurent Cipriani/Copyright 2022 The AP. All rights reserved
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Von Euronews/pha mit DPA/AFP
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In Vaulx-en-Velin nahe Lyon sind mindestens zehn Menschen bei einem Brand gestorben, darunter mehrere Kinder. Das Unglück lenkt einmal mehr die Aufmerksamkeit auf die Probleme in französischen Vorstädten.

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Vaulx-en-Velin, ein Vorort von Lyon in Frankreich. Es ist die Nacht zum Freitag, als in einem Wohnblock ein Feuer ausbricht. Panik unter den Anwohnern, manche stürzen sich vom Balkon. Die Bilanz: Mindestens zehn Tote, davon die Hälfte Kinder, dazu mehrere Schwerverletzte. Leicht verletzt wurden unter anderem zwei Feuerwehrleute.

Frankreichs Innenminister Gérald Darmanin und Wohnbauminister Olivier Klein machten sich vor Ort ein Bild von der Lage. "Wir möchten uns bei der Feuerwehr bedanken, die um 3 Uhr morgens binnen 12 Minuten vor Ort war und so 15 Menschen retten konnte", so Darmanin, "dabei haben die Feuerwehrleute große Risiken in Kauf genommen, sie sind außen am Gebäude hochgeklettert, weil sie von innen keinen Zugang hatten. Noch aus dem siebten Stock haben sie Menschen gerettet, darunter Kinder und Babies. Ohne dieses schnelle und heldenhafte Handeln wäre das alles noch viel schlimmer ausgegangen."

Der Besuch der hochrangigen Politiker zeigt: Der Brand ist auch ein Politikum. Vaulx-en-Velin ist eine Stadt mit sozialen Problemen, einer jener Orte, die wenn überhaupt, dann mit negativen Schlagzeilen bekannt werden. Das Gebäude, sagen die Bewohner, sei schon marode gewesen, einige hatten ein Unglück kommen sehen. Erst Anfang des Jahres hatte sich die Verwaltung der Metropole dazu durchgerungen, einen Rettungsplan für das verfallende Gebäude aufzustellen. Ein weiteres Problem ist der Drogenhandel: Medienberichten zufolge war die Polizei erst am Vortag des Unglücks gegen Drogenhändler in einem nahegelegenen Gebäude vorgegangen. Und so ist zwar die Brandursache bisher unklar, aber von einer nicht ausgedrückten Zigarette über kaputte Stromleitungen bis zu Brandstiftung ist bisher keine Variante ausgeschlossen.

Vaulx-en-Velin, eine französische Banlieue

Banlieue – das französische Wort für Vorstadt, ist nicht nur in Deutschland ein negativ besetzter Begriff. Drogenhandel, Bandenkriminalität, Randale, es sind No-Go-Areas nicht nur für Bürger aus wohlhabenderen Gegenden, sondern oftmals auch für die Polizei, die sich hier nicht hintraut. Vaulx-en-Velin ist auch jene Vorstadt, in der alles begann: 1979 brachen hier die ersten Unruhen unter Jugendlichen aus, die den Banlieues im ganzen Land traurige Berühmtheit brachten.

Der aktuelle Netflix-Blockbuster Athena greift die Problematik der Banlieues wenig feinfühlig auf und trägt damit zu deren negativem Image bei.

Aber die Realität ist differenzierter. In den tristen Wohnblöcken der Nachkriegszeit wohnen viele Menschen, die die Gewalt satt haben, die Kriminalität und die Stigmatisierung. Sie klagen über den Verfall der Gebäude, die von den Eigentümern nicht instandgehalten werden, bei Sozialbauten ist das die öffentliche Hand.

Traut man sich als Außenseiter doch in so eine Banlieue, so wird man gerne wie ein Fremdkörper betrachtet, aber auch mit Neugier und Herzlichkeit aufgenommen. Dass sich jemand von Außerhalb für die Menschen hier interessiert, ist nicht selbstverständlich.

Die französische Politik nimmt sich inzwischen den Problemen an. Die riesigen Wohnblöcke der Banlieues werden abgerissen und durch zeitgemäßere Gebäude ersetzt. In Vaulx-en-Velin gibt es ein riesiges Multiplexkino und ein schönes Planetarium, für das die Menschen aus dem gesamten Ballungsraum Lyon hier herkommen. Die Stadt möchte ihr Image aufwerten und auch etwas für ihre Bürger tun. Und auch, wenn die Probleme in einigen Vierteln den gesamten Ort in Verruf bringen mögen, Vaulx-en-Velin mit seinen knapp 50.000 Einwohnern hat auch ganz andere Wohngebiete. Es ist nicht alles schlecht in der Banlieue, aber die Politik muss die Probleme dort angehen.

Filmtip
Les misérables, ein Kurzfilm von Ladj Ly

pha

Weitere Quellen • Le Progrès

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