Newsletter Newsletters Events Veranstaltungen Podcasts Videos Africanews
Loader
Finden Sie uns
Werbung

Syriens Interimspräsident unterzeichnet vorläufige Verfassung

Syriens Interimspräsident Ahmad Al-Sharaa (Mitte) bereitet sich in Damaskus auf die Unterzeichnung einer vorläufigen Verfassung für das Land vor.
Syriens Interimspräsident Ahmad Al-Sharaa (Mitte) bereitet sich in Damaskus auf die Unterzeichnung einer vorläufigen Verfassung für das Land vor. Copyright  AP Photo/Omar Albam
Copyright AP Photo/Omar Albam
Von Andrew Naughtie mit AP
Zuerst veröffentlicht am
Diesen Artikel teilen Kommentare
Diesen Artikel teilen Close Button

Die jüngste Eskalation der Gewalt hat den Druck auf die einheimischen Politiker und ihre internationalen Verbündeten erhöht, so schnell wie möglich für SIcherheit in Syrien zu sorgen.

WERBUNG

Der syrische Übergangspräsident hat gestern eine vorläufige Verfassung unterzeichnet, mithilfe derer das Land unter der Kontrolle seiner Gruppe bleibt. Gleichzeitig verspricht er, die Rechte aller Syrer während einer Übergangsphase von fünf Jahren zu schützen.

Die Übergangsregierung kam an die Macht, als die ehemalige islamistische Rebellengruppe Hayat Tahrir al-Sham im Dezember letzten Jahres in einer Blitzoffensive den langjährigen Präsidenten Bashar al-Assad stürzte. Seitdem kämpft die Gruppe darum, ihre Autorität in weiten Teilen Syriens zu festigen. Das Land ist nach wie vor geteilt und von Gewalt gebeutelt.

Der ehemalige HTS-Führer Ahmad al-Sharaa ist nun Interimspräsident des Landes. Seine Ernennung wurde nach einem Treffen der bewaffneten Gruppen, die sich dem Sturz von al-Assad angeschlossen hatten, bekannt gegeben. Auch die Aufhebung und Ersetzung der alten Verfassung des Landes wurde vereinbart.

Während viele Syrer das Ende der mehr als 50 Jahre währenden Diktatur der Familie al-Assad begrüßten, standen die religiösen und ethnischen Minderheiten des Landes den neuen Machthabern bislang skeptisch gegenüber. Sie zögerten, ihnen die volle Kontrolle über die nationale Regierung zu übertragen.

Abdulhamid Al-Awak, ein Verfassungsrechtsexperte und eines der sieben Mitglieder des Ausschusses al-Sharaa, der mit der Ausarbeitung der vorläufigen Verfassung beauftragt wurde, erklärte auf einer Pressekonferenz, dass das Dokument einige Bestimmungen der vorherigen Verfassung übernehme, darunter die Festlegung, dass das Staatsoberhaupt ein Muslim sein muss, sowie den Vorrangstatus des islamischen Rechts.

Al-Awak erklärte jedoch auch, dass die vorläufige Verfassung die Meinungs- und Medienfreiheit festhalten und ein "Gleichgewicht zwischen sozialer Sicherheit und Freiheit" herstellen würde. Gleichzeitig sei eine "absolute und strikte Trennung" zwischen Legislative, Exekutive und Judikative eingeführt worden.

Ein neuer Weg nach vorn

Der Text der vorläufigen Verfassung sieht die Einrichtung eines Volkskomitees vor, das bis zur Verabschiedung einer endgültigen Verfassung und der Durchführung von Wahlen als Übergangsparlament fungieren soll. Zwei Drittel seiner Mitglieder werden von einem Ausschuss ernannt, der vom Interimspräsidenten ausgewählt wird, ein Drittel von al-Sharaa selbst.

In dem Dokument heißt es, dass der syrische Staat "alle Formen des gewalttätigen Extremismus bekämpft und dabei die Rechte und Freiheiten respektiert" und dass "die Bürger vor dem Gesetz gleich an Rechten und Pflichten sind, ohne Diskriminierung aufgrund von Ethnie, Religion, Geschlecht oder Abstammung".

Außerdem wird klargestellt, dass die Armee eine "professionelle nationale Institution" ist, dass Waffen außerhalb ihrer Kontrolle verboten sind und dass die "Verherrlichung des früheren al-Assad-Regimes" nun ein Verbrechen ist.

Nun soll ein neuer Ausschuss für die Ausarbeitung einer bleibenden Verfassung gebildet werden, es bleibt aber unklar, ob diese die politischen, religiösen und ethnischen Gruppen Syriens stärker einbeziehen wird als die derzeitige, von Islamisten beeinflusste Regelung.

Als mögliches Zeichen für die Zukunft hat al-Scharaa mit den von den USA unterstützten und kurdisch geführten Behörden im Nordosten Syriens ein wegweisendes Abkommen geschlossen, das einen Waffenstillstand vorsieht und die bewaffneten Kräfte in die Sicherheitsdienste der Zentralregierung integriert.

Der Pakt wurde besiegelt, nachdem die Regierungstruppen und ihre Verbündeten einen Aufstand niedergeschlagen hatten, der in der vergangenen Woche von al-Assad-treuen Bewaffneten angezettelt worden war.

Nach Angaben von Menschenrechtsorganisationen wurden Hunderte von Zivilisten, meist Mitglieder der alawitischen Minderheit, der al-Assad selbst angehört, bei Vergeltungsangriffen von an der Gegenoffensive beteiligten Gruppen getötet.

Ein Hauptziel der Interimsverfassung war es, einen Zeitplan für den politischen Übergang des Landes zu einer dauerhaften Regelung festzulegen. Al-Sharaa sagte im Dezember, dass die Neuschaffung der syrischen Verfassung bis zu drei Jahre und die Organisation und Durchführung von Wahlen bis zu fünf Jahre dauern könnte.

Nach einer "nationalen Dialogkonferenz" im vergangenen Monat setzte er einen Ausschuss ein, der die neue Verfassung ausarbeiten sollte. Kritiker bemängelten, dass die eilig organisierte Konferenz weder die verschiedenen ethnischen und konfessionellen Gruppen Syriens noch die Zivilgesellschaft einbezogen habe.

Die USA und Europa zögern, ihre harten Sanktionen aufzuheben, die während der Herrschaft von al-Assad gegen Syrien verhängt wurden. Sie wollen zuerst davon überzeugt sein, dass die neue Führung ein integratives politisches System schaffen und Minderheiten schützen wird.

Al-Sharaa und die regionalen Verwaltungen drängen sie, ihre Strategie noch einmal zu überdenken, da die Gefahr der weiteren Instabilität in einer Zeit großer wirtschaftlicher Probleme besteht.

Zu den Barrierefreiheitskürzeln springen
Diesen Artikel teilen Kommentare

Zum selben Thema

Zum ersten Mal seit 14 Jahren: Syrien exportiert wieder Öl

Israelische Bodentruppen führen ungewöhnliche Operation nahe Damaskus durch

Exklusiv: Wer sind die Drusen in Syrien und warum werden sie angegriffen?