Nach dem AfD-Gutachten des Bundesamtes für Verfassungsschutz kam die Stillhaltezusage. Die Partei wird voerst noch nicht "extremistisch rechtsextrem" genannt. Wie arbeitet das Bundesamt für Verfassungsschutz?
Das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) hatte zuletzt die AfD auf Bundesebene als "gesichert rechtsextremistisch" eingeordnet. Daraufhin hat die Partei Klage beim Landesverwaltungsgericht Köln eingereicht - die Behörde reagierte mit einer "Stillhaltezusage". Bis zum Gerichtsentscheid setzt das Bundesamt für Verfassungsschutz die Einstufung als "gesichert rechtsextremistisch" aus.
Doch wie kam der Verfassungsschutz zu seinem Bericht und welche Konsequenzen haben solche Einstufungen? Wie arbeitet der Verfassungsschutz und was darf er? Hier finden Sie Antworten auf die Funktionsweise und Befugnisse der Behörde.
Wer oder was ist der Verfassungsschutz?
Den Verfassungsschutz gibt es auf zwei Ebenen: Der Bundesverfassungsschutz arbeitet deutschlandweit und ist dem Bundesinnenministerium unterstellt. Der Landesverfassungsschutz arbeitet auf Ebene der Bundesländer und hat somit ein kleineres Beobachtungsgebiet - es gehört dem Landesministerium des Innern des jeweiligen Bundeslandes an.
Es handelt sich und den Inlandsnachrichtendienst. Seine Aufgabe ist laut Bundesinnnenministerium, "Gefahren durch politischen Extremismus und Terrorismus sowie Bedrohungen durch Spionageaktivitäten bereits im Vorfeld polizeilicher Maßnahmen aufzuklären."
Der Verfassungsschutz ist nicht gleichzusetzen mit dem Bundesnachrichtendienst (BND) oder dem Militärischen Abschirmdienst (MAD). Der BND sammelt Auslandsnachrichten, der MAD stellt den Schutz der Bundeswehr vor Spionage und Sabotage sicher.
Wie arbeitet der Verfassungsschutz?
Die Behörde verwendet nachrichtendienstliche Mittel der Beobachtung, um Informationen zu sammeln und auszuwerten. Darunter fällt beispielsweise der Einsatz von Vertrauensleuten und Gewährspersonen. Diese können Observationen durchführen, heimlich Bild- und Tonaufzeichnungen machen und den Post- und Telekommunikatonsverkehr überwachen.
Die Informationsbeschaffung darf heimlich stattfinden. Sie kann in grundrechtlich geschützte Freiheiten eingreifen. Darunter fallen das Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnis (Artikel 10), die Unverletzlichkeit der Wohnung (Artikel 13) oder das Rehct auf informationelle Selbstbestimmung (Artikel 1 & 2).
Stellt der Verfassungsschutz eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit fest, kann die Behörde diese Gefahr nicht selbst beseitigen. Der Verfassungsschutz kann lediglich die eigenen Erkenntnisse der zuständigen Polizeistelle zur Verfügung stellen.
Darüber hinaus hat der Verfassungsschutz allerdings keine polizeilichen Befugnisse. Dieses Trennungsgebot von Polizei und Nachrichtendienst soll Machtkonzentration entgegenwirken.
Wie beobachtet der Verfassungsschutz?
Nur, wenn tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, darf der Verfassungsschutz Einzelpersonen oder Gruppen beobachten. Radikale Ansichten fallen darunter noch nicht, sie sind von der Meinungsfreiheit gedeckt. Erst wenn das Verhalten staatsgefährdend ist oder eine extremistische Bestrebung erkenntlich wird, kann der Verfassungsschutz aktiv werden.
Die Behörde kann dann Informationen sammeln: darunter fallen Zeitungsberichte und Social-Media-Beiträge, Parteiprogramme und Satzungen von Vereinen sowie öffentlich zugängliche Veranstaltungen. Auch über Vertrauenspersonen - sogenannte V-Leute - können Informationen erlangt werden.
Der Prüffall
Bevor eine Einschätzung des Verfassungsschutz vorliegt, gilt eine Beobachtung als Prüffall. Hierfür dürfen nur öffentlich zugängliche Informationen benutzt werden. Die interne Einstufung als "Prüffall" wird nicht öffentlich geteilt.
Der Verdachtsfall
Bei einer längerfristigen Beobachtung können immer mehr Anhaltspunkte für eine verfassungsfeindliche Bestrebung gesammelt werden. Die Gruppierung oder Person kann dann als "Verdachtsfall" eingestuft werden - das ermöglicht nachrichtendienstliche Mittel der Beobachtung. Verdachtsfäll werden in jährlich erscheinenden Berichten der Länder oder des Bundes explizit erwähnt.
Was bedeutet die Einstufung als "gesichert extremistisch"?
Ist eine Organisation als "gesichert extremistisch" eingestuft, hat der Verfassungsschutz keine Zweifel mehr daran, dass sie eine Gefahr darstellt. In den meisten Fällen muss eine Gefährdung der freiheitlich-demokratischen Grundordnung bestehen für eine solche Einordnung bestehen.
Direkte Konsequenzen gibt es für Gruppierungen nicht. Die Behörde hat keine Befugnisse der Strafverfolgung. Sie veröffentlicht jedoch die Informationen fürr das Parlament oder berichtet an die Bundes- oder Landesregierungen.
Politische Parteien kann nur das Bundesverfassungsgericht verbieten. Die Hürden dafür sind für demokratische Länder sehr hoch. Nur Bundestag, Bundesrat oder Bundesregierung können einen solchen Verbotsantrag stellen.
Einzelpersonen, die als "gesichert extremistisch" eingestuft werden, erfahren in bestimmten Fällen Konsequenzen: Beamte und Soldaten sowie Richter müssen sich zur deutschen freiheitlich-demokratischen Grundordnung bekennen. In einem Disziplinarverfahren wird dann untersucht, welches Strafmaß passend ist.
Wer kontrolliert die Arbeit des Verfassungschutzes?
Damit die Grundrechte einer Person oder Gruppierung ausgehebelt werden können, bedarf es guter Gründe. Dem Einsatz nachrichtendienstlicher Mittel sind daher durch die Verfassung sehr enge Grenze gesetzt.
Die Beschaffung von Informationen muss unter dem Grundsatz der Verhätlnismäßigkeit sowie des Vorrangs und Vorbehalts des Gesetzes begründbar sein. Auch der Kernbereich privater Lebensgestaltung stellt eine Grenze dar. Einzelheiten sind im Bundesverfassungsschutzgesetz geregelt.
Das Parlamentarische Kontrollgremium im Bundestag überwacht die Arbeit aller drei Nachrichtendienste. Der Verfassungsschutz ist verpflichtet, das Gremium "umfassend über die allgemeinen Tätigkeiten der Nachrichtendienste und über Vorgänge von besonderer Bedeutung zu unterrichten", ist im Kontrollgremiumgesetz festgelegt.
Darüber hinaus kann auch das Vertrauensgremium des Haushaltsausschusses des Bundestags Kontrolle vornehmen. Weitere Instanzen sind unter anderem Gerichte, Bundesbeauftragte für den Datenschutz sowei der Bundesrechnungshof.