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70 Jahre Bundeswehr: Steinmeier fordert Pflichtdienst für alle

Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) und Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier bei der Feier zu "70 Jahre Bundeswehr" in Berlin, 12.11.2025
Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) und Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier bei der Feier zu "70 Jahre Bundeswehr" in Berlin, 12.11.2025 Copyright  Euronews / Laura Fleischmann
Copyright Euronews / Laura Fleischmann
Von Laura Fleischmann
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280 Soldaten schwören in der Hauptstadt Treue – 70 Jahre nach der Gründung der Bundeswehr. Im politischen Berlin brodelt die Debatte um die Wehrpflicht weiter. Pistorius und Steinmeier finden bei der Feier klare Worte.

Im Gleichschritt marschieren 280 Soldaten ein. Marine, Bundeswehr, Luftwaffe – alle sind dabei. Es ist ein ganz besonderer Tag. Heute legen sie in der Hauptstadt ein Feierliches Gelöbnis ab, heute jährt sich zum 70. Mal die Gründung der Bundeswehr.

Auf der Zuschauertribüne findet sich neben 2.000 Angehörigen der Rekruten das Who is Who der Bundespolitik: Bundestagspräsidentin Julia Klöckner (CDU), Bundestagsvizepräsident Omid Nouripour (Die Grünen), CDU/CSU-Fraktionssprecher Jens Spahn, Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU), Ex-SPD-Parteivorsitzende Saskia Esken, Forschungsministerin Dorothee Bär (CSU).

Rekruten laufen ein bei der Feier "70 Jahre Bundeswehr" in Berlin, 12.11.2025
Rekruten laufen ein bei der Feier "70 Jahre Bundeswehr" in Berlin, 12.11.2025 Euronews / Laura Fleischmann

"Das Gewehr höher", schallt es aus den Lautsprechern. "Augen rechts" Jeder Kopf der Rekruten dreht sich in Richtung der deutschen Flagge.

Bei seiner Ansprache erinnert Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) an die Gründung der Bundeswehr am 12. November 1955 – ein "Wagnis", wie er es nennt. So kurz nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs sei die Wiederbewaffnung Deutschlands "alles andere als populär" gewesen.

Später wurde aus der Freiwilligenarmee eine Wehrpflichtarmee, dann wieder eine Freiwilligenarmee. Was nun kommt, darüber können sich die Koalitionspartner CDU/CSU und SPD seit Monaten nicht einigen.

"Frieden durch Abschreckung", erklärt Pistorius

Auch an diesem historischen Tag greift Pistorius die Debatte auf: "Wir müssen Abschreckungs- und Verteidigungsfähigkeit stärken – ohne zu zögern." Die Bundeswehr müsse "kämpfen können, um nicht kämpfen zu müssen". Die Botschaft ist klar: Deutschland muss sich wappnen gegen Aggressionen Putins.

Als Pistorius den Rekruten für ihre Haltung und ihren Mut dankt, applaudiert die Menge. "Ich bin stolz auf ihn, aber ich vermisse ihn auch", sagt Lena Schorn zu Euronews. Ihr Freund ist heute einer der Rekruten. Die 19-Jährige schaut von der Tribüne aus zu. Beide stammen aus Heilbronn nahe Stuttgart. Ihr Freund ist an der Unteroffizierschule der Luftwaffe in Heide, Schleswig-Holstein stationiert, an der Nordsee ganz am anderen Ende Deutschlands. "Die Veranstaltung ist schön."

Immer wieder spielt das Musikkorps der Bundeswehr. Auf dem Programm stehen unter anderem die Nationalhymne und die "Ode an die Freude" von Ludwig van Beethoven, die Europahymne.

Das Musikkorps
Das Musikkorps Euronews / Laura Fleischmann

Etwa 40 Zuschauer – manche geplant, andere zufällig – stehen auf der öffentlich zugänglichen Publikumstribüne. So auch zwei junge Frauen, Prischa Krix und Matthea Fäser, sie sind 20 und 19 Jahre alt, machen eine Ausbildung zur Krankenschwester und ein Gap Year: "Wir sind zufällig vorbeigelaufen. Wir sind eigentlich für ein Konzert hier und haben gesehen, dass hier was ist", so Prischa. "Ich persönlich würde nicht hingehen, ich habe andere Berufsinteressen. Bei meinem Bruder könnte ich es mir vorstellen."

"Gerade mit der Wehrpflicht finde ich es schwierig, dass man dann vielleicht hinmuss. Wenn man es nicht will, sollte man auch nicht hingehen müssen", erklärt Matthea Fäser.

Steinmeier: Bundeswehr steht unter Zeitdruck

Als Zweites tritt Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier auf das Podest. Viel erzählt er über Konrad Adenauers Vision für die Bundeswehr und darüber, dass die Wehrpflicht-Debatte das Land schon einmal gespalten hat. "Damals waren die Menschen nicht weniger leidenschaftlich und hitzig als heute."

Das Thema polarisiert: 54 Prozent der Deutschen sprechen sich für eine Wiedereinführung der Wehrpflicht aus. Das hat eine Befragung des Meinungsforschungsinstituts Forsa im Auftrag des Magazins stern ergeben. 41 Prozent sind gegen eine Wehrpflicht.

Wichtig sei ein "Verfahren, das verlässlich und fair gewährleistet, dass die Bundeswehr wehrfähig ist." Hier, zwischen Bundestag und Bundeskanzleramt, spricht Steinmeier sich für einen "Pflichtdienst für alle" aus. Die einen gehen zur Bundeswehr, die anderen machen einen Pflichtdienst im Sozialen.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier bei seiner Rede, 12.11.2025
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier bei seiner Rede, 12.11.2025 Euronews / Laura Fleischmann

"Russland testet die Nato an allen Fronten." Schon wie bei der Gründung der Bundeswehr "stehen wir auch heute unter hohem Zeitdruck", betont Steinmeier. Rasch müsse Deutschland an militärischer Stärke gewinnen, um ernst genommen zu werden und andere davon abzuhalten, anzugreifen.

Auch Steinmeier, der selbst als junger Mann bei der Luftwaffe diente, dankt den Rekruten, zollt ihnen Respekt: "Sie verpflichten sich zu einem Dienst, dem immer noch nicht der Respekt entgegengebracht wird, den ich für angemessen halte."

Mit dem Gelöbnis in Berlin blickt die Bundeswehr auf 70 Jahre Geschichte zurück. Doch angesichts des groß angelegten russischen Angriffskriegs in der Ukraine und regelmäßiger Provokationen Putins steht sie jetzt vor einer ihrer größten bisherigen Herausforderungen.

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