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Grüne Aktivisten wollen Revision der "unzureichenden" Klimaziele der EU erzwingen

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EU-Parlament Copyright Jean-Francois Badias/Copyright 2023 The AP. All rights reserved
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Von Robert Hodgson
Zuerst veröffentlicht am
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Dieser Artikel wurde im Original veröffentlicht auf Englisch

Umweltaktivisten wollen gegen die EU-Kommission vor das Gericht ziehen. Sie sehen sich durch ein jüngstes Gerichtsurteil ermutigt, dem zufolge das Versäumnis, den Klimawandel wirksam zu bekämpfen, gegen die Menschenrechte verstößt.

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Die Europäische Kommission hat möglicherweise rechtswidrig gehandelt, als sie sich geweigert hat, eine Senkung der Treibhausgasemissionen um mehr als 55 Prozent bis 2030 in Betracht zu ziehen, argumentieren Umweltaktivisten, die einen komplexen Rechtsstreit vor den Gerichten der Europäischen Union verfolgen.

"Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat im April klargestellt, dass die Staaten verpflichtet sind, wissenschaftlich begründete Emissionsziele zu verabschieden, die mit der Begrenzung der Erderwärmung auf 1,5°C vereinbar sind", sagte Gerry Liston, ein leitender Anwalt des Global Legal Action Network (GLAN).

Verstoß gegen Menschenrechte

Liston bezog sich auf ein Urteil des Straßburger Gerichts, das in einem Fall, der von einer Gruppe älterer Schweizerinnen vorgebracht wurde, feststellte, dass unzureichende staatliche Maßnahmen zur Eindämmung des Klimawandels gegen grundlegende Menschenrechte verstoßen.

Im August des vergangenen Jahres hatte GLAN zusammen mit der Nichtregierungsorganisation Climate Action Network (CAN) Europe eine interne Überprüfung der zugewiesenen nationalen Emissionsmengen auf der Grundlage des 55-Prozent-Ziels beantragt. Da zivilgesellschaftliche Gruppen keinen direkten Zugang zu den EU-Gerichten in Luxemburg haben, handelte es sich um einen wichtigen ersten rechltichen Schritt.

Das Ziel für 2030, das eine Verringerung der Treibhausgase um 55 Prozent gegenüber dem Stand von 1990 vorsieht, ist im EU-Klimagesetz verankert und Teil eines umfassenderen Ziels des Grünen Deals, die Emissionen bis 2050 auf null zu senken.

Individuelle Ziele der Mitgliedstaaten

Das 55-Prozent-Ziel ist jedoch nur auf europäischer Ebene rechtsverbindlich, so dass es der EU-Kommission überlassen bleibt, für jeden Mitgliedstaat individuelle Richtwerte festzulegen. Diese Vorgehensweise wird von den Nichtregierungsorganisationen angefochten. Ermöglicht wird die Klage durch die Aarhus-Konvention – ein Übereinkommen der UN-Wirtschaftskommission für Europa (UNECE), in dem unter anderem der Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten geregelt wird.

Die NGOs argumentieren, dass das 55-Prozent-Ziel rechtlich fehlerhaft sei, nicht zuletzt, weil die EU-Kommission sich geweigert hat, die Auswirkungen einer ehrgeizigeren Senkung in der Folgenabschätzung zu modellieren, die sie vor dem Vorschlag für das Klimagesetz im Jahr 2020 durchgeführt hat.

Umweltaktivisten wollen 65-prozentige Reduzierung

Umweltgruppen in Brüssel drängten damals und drängen auch heute noch auf ein Ziel von mindestens 65 Prozent. Das würde etwa eine Halbierung der Nettoemissionen im Vergleich zu den derzeitigen Werten in den 27 Mitgliedstaaten innerhalb der nächsten sechs Jahre bedeuten.

Die EU-Kommission hielt die Beschwerden der Umweltaktivisten für unbegründet, woraufhin sich diese im Februar an das Gericht der Europäischen Union wandten. Drei Monate später räumte der Präsident des Gerichts der Klage Vorrang vor anderen Fällen ein. Das war ein Schritt, den die Nichtregierungsorganisationen als Anerkennung der Dringlichkeit von Klimaschutzmaßnahmen betrachten.

"Wir müssen alle verfügbaren Kanäle nutzen, um die Europäische Kommission dazu zu drängen, die Klimaziele der EU mit ihrem fairen Anteil am 1,5-Grad-Ziel des Pariser Abkommens in Einklang zu bringen", sagte Sven Harmeling, Leiter der Klimaabteilung von CAN Europe. Er bezog sich dabei auf das globale Abkommen zur Eindämmung des Klimawandels.

EU-Kommission fordert Abweisung der Klage

Die Europäische Kommission forderte im vergangenen Monat das Gericht auf, die Klage abzuweisen. Ihrer Ansicht nach sollten die NGOs alle mit der Klage verbundenen Kosten übernehmen. Die EU-Exekutive argumentiert, der Fall ziele nicht nur auf die entsprechenden Verwaltungsakte ab, sondern auf das 2030-Ziel selbst, das in der EU-Gesetzgebung verankert sei und daher nicht in den Anwendungsbereich der Aarhus-Konvention falle.

Der Ausgang des Verfahrens wird davon abhängen, wie das Gericht der Europäischen Union diese rechtliche Unterscheidung auslegt, und könnte einen Präzedenzfall für künftige Anfechtungen des EU-Umweltrechts schaffen.

Ein Sieg im Gerichtssaal erscheint realistisch

"Ich denke, dass unsere Chancen auf einen Sieg realistisch sind, sonst hätten wir diesen Fall nicht weiterverfolgt", sagte Romain Didi, Koordinator für Klimagovernance und Menschenrechte bei CAN Europe.

"Was wir uns von diesem Fall erhoffen, ist das erste Klima-Urteil eines EU-Gerichts, das besagt, dass die EU tatsächlich rechtlich verpflichtet ist, viel mehr zu tun, als sie es derzeit tut, und ihre Emissionen schnell zu reduzieren", sagte Didi Euronews.

Die Gruppen der Zivilgesellschaft haben dem Gericht gerade ihre endgültigen Argumente vorgelegt, und die Kommission wird ihre schriftliche Antwort nächsten Monat übermitteln. Danach wird der Fall in eine öffentliche Anhörung gehen, und die NRO hoffen auf ein Urteil im nächsten Jahr.

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"Die Kommission hat sich ausdrücklich geweigert, zu beurteilen, ob eine Reduzierung um mehr als 55 Prozent möglich ist, und wir halten dies für eindeutig rechtswidrig", fügte Liston hinzu.

Von der Leyen will eine Reduzierung um mindestens 90 Prozent

Aufgrund einer parallelen Anforderung, die Kohlenstoffabscheidung aus europäischen Wäldern zu erhöhen, bedeutet das Ziel für 2023 nach Ansicht der EU-Kommission in der Tat eine Senkung der Netto-Treibhausgas-Emissionen um 57 Prozent. Das Klimagesetz verpflichtet die EU-Exekutive außerdem, ein Zwischenziel für 2040 vorzuschlagen.

Die EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat sich die Reduzierung der Emissionen um mindestens 90 Prozent zum Ziel gesetzt, wie von einer unabhängigen Gruppe von Klimawissenschaftlern empfohlen.

Die Europäische Kommission erklärte, sie könne sich nicht zu einem laufenden Gerichtsverfahren äußern.

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