Amsterdam ist eine von elf Städten, bei denen davon ausgegangen wird, dass der Klimawandel Auswirkungen auf die steigende Rattenpopulation hat.
Ratten werden in vielen Städten der Welt immer häufiger gesichtet. Eine neue Studie, in der Beschwerden über Ratten untersucht wurden, ergab, dass die steigenden Temperaturen aufgrund des Klimawandels die Rattenpopulationen steigen lassen.
In der ersten Studie dieser Art wurden 16 Städte untersucht, um festzustellen, wie die modernen Rattenpopulationen durch den Menschen beeinflusst werden. Einige Großstädte, darunter London und Paris, wurden mangels verfügbarer Daten nicht berücksichtigt.
Dennoch können die Ergebnisse der 16 untersuchten Städte als Maßstab für alle städtischen Umgebungen angesehen werden. Die Studie kommt zu dem Schluss, dass die Städte bei wärmeren Temperaturen Gefahr laufen, von Ratten überrannt zu werden.
Da Rattenpopulationen aufgrund der Lebensweise und des Versteckverhaltens der Nager bisher nur schwer zu zählen waren, hat sich die neue Studie der Zeitschrift Science Advances auf Rattenbeschwerden konzentriert und 11 globale Großstädte ermittelt, in denen sie zugenommen haben.
Die am stärksten und am wenigsten von Ratten befallenen Städte der Welt
Die schlimmste europäische Stadt in Bezug auf Rattenbefall ist Amsterdam. Von den 16 untersuchten Städten hat Amsterdam die am fünftschnellsten wachsende Rattenpopulation, gleich hinter New York.
In Nordamerika werden in Washington und San Francisco die meisten Ratten gesichtet, gefolgt vom kanadischen Toronto und von New York City. Bemerkenswert ist, dass in Washington die Zahl der gemeldeten Ratten um 50 Prozent höher ist als in New York. Die Stadtverwaltung von Washington hat auf Anfragen zur Stellungnahme nicht geantwortet.
Nur drei Städte verzeichneten einen signifikanten Rückgang: New Orleans, Louisville und Tokio.
Der Klimawandel ist mitverantwortlich für mehr Ratten
Bei einer statistischen Analyse der steigenden Rattenzahlen in diesen Städten kamen die Forscher zu dem Schluss, dass etwas mehr als 40 Prozent des beobachteten Trends auf den Klimawandel zurückzuführen sind.
Der Grund für diesen alarmierenden Anstieg sei in der Fortpflanzung und Ernährung zu finden, so der Hauptautor der Studie, Jonathan Richardson, Biologe an der Universität von Richmond.
"Wir sehen diese zunehmenden Trends bei Ratten in Städten, die sich am schnellsten erwärmen, wahrscheinlich weil es sich um ein kleines Säugetier handelt, das in den kalten Monaten physiologische Probleme hat", sagt Richardson.
"Wenn wir das Klima erwärmen und der Winter ein oder zwei Wochen später beginnt und der Frühling ein oder zwei Wochen früher kommt, sind das ein, zwei, vielleicht sogar drei oder vier Wochen über das ganze Jahr hinweg, in denen die Ratten oberirdisch auf Nahrungssuche sein können, mehr Nahrung finden und vielleicht ein oder zwei weitere Fortpflanzungszyklen durchziehen können", erklärt der Forscher.
"Ein zusätzlicher Monat mag zwar nicht viel erscheinen, aber weibliche Ratten können jeden Monat einen Wurf haben, wobei jeder Wurf zwischen acht und 16 Babyratten enthält", so Richardson.
Eine große Gefahr für die menschliche Gesundheit
Die Studie kommt zu dem Schluss, dass die Vermehrung der Ratten auch aufgrund zweier anderer entscheidender menschlicher Faktoren zunimmt: die fortschreitende Urbanisierung und die dichter besiedelten Städte.
Ratten mögen die bebaute Umgebung und die Nähe von Menschen und deren Abfällen.
"Die Ratte ist das dritterfolgreichste Säugetier nach dem Menschen und der Hausmaus. Sie hat sich also so entwickelt, dass sie mit uns zusammenleben kann", sagt die Rattenbeauftragte der Stadt New York, Kathleen Corradi, während einer Pause auf einer Konferenz zur Verbesserung der Schädlingsbekämpfung in New Orleans.
"Sie sind dem Menschen, dem Homosapiens, über die Kontinente gefolgt und sind auf allen Kontinenten außer der Antarktis zu finden. Es handelt sich also um ein bösartiges Problem."
Obwohl Ratten intelligent und sehr anpassungsfähig sind, stellen sie laut Richardson und anderen Expert:innen ein ernstes Problem für den Menschen dar.
"Wenn die Nagetierpopulationen hoch sind, werden Menschen krank, Kraftfahrzeuge werden untauglich, die geistige Gesundheit nimmt ab, Brände werden gelegt und Lebensmittel verunreinigt", sagt der Houstoner Rattenexperte Michael Parsons.
Die Menschen hätten zu Recht Angst vor Ratten, weil sie "eine angeborene Angst vor einem Organismus haben, der uns krank machen kann", so Parsons.
Die erste Studie zur Untersuchung städtischer Rattenpopulationen
Die Forscher:innen hatten bisher keine belastbaren Zahlen zu Rattenpopulationen. Aufgrund ihrer Lebensweise und ihres Versteckverhaltens sind sie nicht so leicht zu zählen wie andere Tiere, so dass die neue Studie einer der ersten Versuche ist, sie zu quantifizieren. Dabei wurden keine Ratten gezählt, sondern Beschwerden von Menschen über Ratten.
Mehrere externe Expert:innen erklärten, die Studie sei legitim und sinnvoll und werde dringend benötigt.
"Diese Arbeit ist der bei weitem größte datengestützte Versuch, Veränderungen in städtischen Rattenpopulationen zu verstehen, der je unternommen wurde", sagt Jason Munshi-South, Professor für Ökologie an der Drexel University, der nicht an der Studie beteiligt war.
Da die Statistiken über Jahre zurückreichen und nur Städte untersucht wurden, die ihre Meldeverfahren nicht geändert haben, sind die festgestellten Trends laut Richardson wissenschaftlich fundiert.
Ein Blick auf die Städte, in denen weniger Ratten gemeldet werden, könnte im Kampf gegen Ratten hilfreich sein. In der Studie wird jedoch festgestellt, dass die Lösung nicht in mehr Gift oder Fallen, sondern in der Prävention liegt.
"In New Orleans werden große Anstrengungen unternommen, um in die Stadtteile zu gehen und Aufklärungsworkshops und -kampagnen durchzuführen, um mit den Bewohnern darüber zu sprechen, was die Wahrscheinlichkeit eines Rattenbefalls in einer Immobilie verringert", sagt Richardson.
New York hat vor kurzem seine Rattenbekämpfung mit Maßnahmen wie dem Austausch von Müllsäcken auf der Straße durch rattenresistente Behälter und der Gründung einer Eliteeinheit zur Rattenbekämpfung, des so genannten "NYC Rat Pack", intensiviert.
"Da sich unsere Städte erwärmen, urbanisieren und (immer) dichter werden, schaffen wir mehr Ressourcen für Ratten, was zu einem weiteren Anstieg der Zahlen führen könnte", sagt Kaylee Byers, Gesundheits- und Rattenforscherin an der Simon Fraser University, in einer E-Mail.
Wir können sie zwar besser bekämpfen, aber letztendlich müssen die Menschen "mit den Wildtieren im städtischen Umfeld koexistieren, auch mit den Ratten", so der Naturwissenschaftler Neil Carter von der University of Michigan.
"Null Ratten sind unmöglich", sagt Richardson. "Aber ich denke, die Haltung, dass wir mit der Anzahl von Ratten leben müssen, die wir in vielen dieser Städte sehen, ist auch eine ungesunde Perspektive auf dieses Problem."