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David gegen Goliath Prozess: Peruanischer Bauer verklagt RWE auf Klimaschäden

Saul Luciano Lliuya, abgebildet 2015 in Essen, könnte den Kampf für Klimagerechtigkeit neu gestalten
Saul Luciano Lliuya, abgebildet 2015 in Essen, könnte den Kampf für Klimagerechtigkeit neu gestalten Copyright  AP Photo
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Von Craig Saueurs
Zuerst veröffentlicht am
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Die Verhandlung um die Klimaklagen eines peruanischen Bauerns gegen RWE geht weiter. Ein Gutachten über die Folgen des Klimawandels in der Heimatstadt des Bauerns soll Klarheit darüber bringen, ob RWE Schutzmaßnahmen mitfinanzieren muss.

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Kann ein Energieunternehmen für die Gletscherschmelze in einem anderen Land verantwortlich gemacht werden? Ein peruanischer Bauer glaubt, dass die Antwort "Ja" lauten sollte.

Saul Luciano Lliuya, ein Quechua sprechender Bauer und Bergführer aus der peruanischen Region Ancash hatte bereits vor knapp zehn Jahren Klage gegen den deutschen Energieriesen RWE erhoben. Diese Woche werden im Oberlandesgericht Hamm Gutachten vorgestellt, die die Situation vor Ort einordnen.

Der 44-Jährige Landwirt aus Peru behauptet, dass RWE Mitschuld an Überschwemmungsrisiken für seine Heimatstadt Huaraz trägt. Der Ort liegt am Rande eines Gletschersees, welcher durch Schnee- und Eisschmelze zuletzt deutlich an Volumen zugenommen hatte. Das Energieunternehmen RWE (Rheinisch-Westfälisches Elektrizitätswerk) gilt als einer der weltweit größten Verursacher von klimaschädlichen Emissionen und soll sich an den Kosten für Schutz- und Präventionsmaßnahmen für die Stadt Huaraz beteiligen.

Die Anhörungen sind für den 17. und 19. März vor dem Oberlandesgericht Hamm angesetzt. Sie sollen klären, welche Beweise in der abschließenden Verhandlung zugelassen werden. Es geht um die Entscheidung, ob RWE für Schäden haftbar gemacht werden kann - obwohl das Unternehmen nie in Peru tätig war.

Anklage aufgrund von Mitverantwortung für den Klimawandel

Lliuya hat RWE zum ersten Mal verklagt, nachdem eine Studie von 2013 festgestellt hatte, dass das Unternehmen für 0,5 Prozent des Klimawandels seit Beginn der Industrialisierung in den 1850er Jahren verantwortlich ist.

Er fordert, dass das Unternehmen für etwa 0,5 Prozent der Kosten für den Schutz von Huaraz vor der drohenden Gefahr von Überschwemmungen und dem Überlaufen des Palcacocha-Sees aufkommt. Dieser Betrag wird auf etwa 17.000 Euro geschätzt.

"Ich verlange, dass das Unternehmen die Verantwortung für einen Teil der Baukosten übernimmt, in diesem Fall für einen Deich", sagte er am Mittwoch vor seiner Abreise nach Deutschland vor Reportern in Lima.

Im Jahr 2015 reichte Lliuya eine Klage gegen das Unternehmen ein, die später von einem Gericht in Essen abgewiesen wurde. 2017 ließ ein höheres Gericht in Hamm eine Berufung zu. Nach pandemiebedingten Verzögerungen finden nun die ersten Anhörungen statt.

Müssen globale Konzerne Verantwortung übernehmen?

Auch wenn der Fall in Deutschland verhandelt wird, hat er internationale Bedeutung. Die Klage könnte einen folgeschweren Präzedenzfall schaffen und richtungsweisend für zukünftige Klagen sein. Bislang hatten Gerichte von vornherein ausgeschlossen, dass von Vielen verursachte Emissionen einzelnen Verursachern zugeordnet werden können.

RWE besteht darauf, dass das Unternehmen die staatlichen Richtlinien für Treibhausgasemissionen stets eingehalten hat und bis 2040 kohlenstoffneutral sein will. Doch sein historischer Beitrag zur Erwärmung des Planeten hat das Unternehmen ins Fadenkreuz gerückt und Fragen nach der Verantwortlichkeit von Unternehmen für den Klimawandel und der grenzüberschreitenden rechtlichen Verantwortung aufgeworfen.

"Noch nie hat ein Fall von Klimagerechtigkeit ein beweiskräftiges Stadium erreicht", sagte Andrea Tang, eine Anwältin von Germanwatch, der Umwelt-NGO, die Lliuya unterstützt, in Lima. Sie fügte hinzu, dass der Fall "einen großen Präzedenzfall für die Zukunft der Klimagerechtigkeit schaffen würde".

Wie ein peruanischer Bauer für weltweite Schlagzeilen sorgte

Für die Gutachten, die diese Woche vor dem Oberlandesgericht vorgestellt werden sollen, sind Experten nach Peru gereist. Nach diplomatischen Gesprächen besuchten Richter aus Deutschland und die Anwälte beider Parteien im Jahr 2022 Huaraz und den Palcacocha-See - etwa 4.500 Meter über dem Meeresspiegel in den Anden. Umringt von Dutzenden von Journalisten und Dokumentarfilmteams bewerteten sie die potenzielle Gefahr für das Dorf.

Dort hatten die Experten Messungen vorgenommen, Bodenproben entnommen und Drohnenaufnahmen gemacht. Es geht zunächst um die Frage, ob überhaupt ein Risiko für eine Überflutung des Hauses des Klägers besteht. Und ob die Auswirkungen von Permafrost und voranschreitender Gletscherschmelze eindeutig und ausschließlich dem Klimawandel zuzuordnen sind.

Lliuya hat zwar den Rechtsstreit um die Verhandlung seines Falles gewonnen, aber es bleibt abzuwarten, ob dieser Besuch auch die Richter auf seine Seite des wissenschaftlichen Arguments gebracht hat.

Die Klage des peruanischen Bauers hat jedenfalls für Aufmerksamkeit gesorgt. Seit Beginn des Verfahrens sind auch in anderen Ländern grenzüberschreitende Klimaklagen eingereicht worden. In den Niederlanden etwa stand bis vor kurzem der Öl- und Gaskonzern Shell vor Gericht, weil Nichtregierungsorganisationen fordeten, der Konzern müsse seine Emissionen zügig halbieren. Die Klage hatte keinen Erfolg. In Frankreich wurde Total darauf verklagt, seine Geschäftspraktiken in Einklang mit dem Pariser Klimaabkommen zu bringen.

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