Audiopornos: Sex für die Ohren

Kopfkino an: Audiopornos werden immer beliebter
Kopfkino an: Audiopornos werden immer beliebter Copyright Canva
Von Anca UleaEuronews
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Audio-Erotik bietet eine Alternative zu herkömmlichen Pornos – und kommt vor allem bei Frauen an.

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Wie viele sexuelle Erweckungen der Neuzeit beginnt auch diese auf Tumblr.

Frisch nach einer Trennung im Jahr 2017 war Laurel Zoff Pelton noch nicht bereit, sich wieder in die Dating-Welt zu stürzen.

"Ich trauerte immer noch. Ich habe mich sehr einsam gefühlt, aber ich wollte auch nicht meiner schlechten Angewohnheit nachgehen, mit Menschen intim zu werden, wenn daraus nichts Ernstes wird", erzählt die 31-jährige Synchronsprecher:in aus den USA Euronews Culture.

Da entdeckte Pelton zum ersten Mal Audiopornos. Das Konzept selbst ist ziemlich selbsterklärend: Man nehme alle Elemente des erotischen Geschichtenerzählens, füge ein paar Soundeffekte aus dem Mainstream-Porno und eine ganze Menge verschiedener Fetische und Fantasien hinzu, und schon hat man diese neue Form der nicht-visuellen Pornografie.

"Damals waren Audiopornos auf Tumblr echt ein Ding", sagt Zoff Pelton. "Ich dachte mir: 'Wow, das ist eine völlig neue Art, Pornos zu konsumieren.'"

Die Geschichten reichten von hyperrealistisch bis hin zu absolut absurd: "Es konnte alles sein, von "Ich will nur schnell die Wäsche waschen" bis zu "Ich bin ein Vampir".

Audiopornos: Intimer, näher, authentischer

Audioerotik bietet eine Alternative zu herkömmlichen Pornos – das kommt vor allem bei Frauen an.

Anders als bei visuellen Pornos gibt es laut Pelton bei den Hörpornos eine zusätzliche Ebene der Intimität. Man habe das Gefühl, dass sich der Sprecher oder die Sprecherin direkt an den Zuhörenden wendet. Die Verbindung zwischen Produzent und Konsument, zwischen Geber und Empfänger sei viel persönlicher als bei herkömmlichen Sexfilmen.

Zudem sei die Zielgruppe viel weniger definiert, Geschlechterrollen und -identität spielten kaum eine Rolle. Zoff Pelton ist non-binary und fühlt sich deshalb von diesem Genre mehr angesprochen als von visuellen Pornos.

"Audiopornos und Pornos im Allgemeinen waren für mich ein Ventil oder eine Möglichkeit, mich mit verschiedenen Teilen meiner Identität zu beschäftigen", sagt Pelton. "Es hat mir auch geholfen, als jemand, der in der Kink-Community ist und ein nicht-binärer Mensch, neue sexuelle Dinge kennenzulernen und zu erforschen, die ich mag, in einem sicheren Raum, in dem es nur mich und jemand anderen gibt, der diese Umgebung geschaffen hat."

Zoff Pelton ist damit nicht allein. In den letzten Jahren sind Audiopornos vor allem bei Frauen und nicht-binären Menschen immer beliebter geworden, also bei Personengruppen, die beim Thema Lust und sexuelles Vergnügen noch immer zu oft außen vor gelassen wurden.

Frauen an der Spitze von Audioporno-Plattformen

Das Konzept des Audiopornos ist nicht neu. Telefonsex gibt es schon seit Jahrzehnten – aber seit Smartphones in unserem Leben omnipräsent geworden sind, hat die Popularität dieser Hotlines deutlich abgenommen.

Ersetzt wurden sie von unzähligen Audio-Erotik-Apps und Plattformen mit Millionen von Abonnent:innen auf der ganzen Welt. Einige konzentrieren sich auf erotische Fiktion mit verschiedenen Genres wie Science-Fiction und Fantasy. Bei anderen können sich Autorinnen und Autoren bewerben und ihre eigenen Skripte schreiben, aufnehmen und einreichen.

Fast alle dieser Start-ups geben an, dass ihr Zielpublikum Frauen sind, und die meisten von ihnen werden auch von Frauen gegründet und geleitet. Das ist bemerkenswert, wenn man bedenkt, dass Frauen im Jahr 2021 nur etwa 14 Prozent der Startup-Gründer:innen ausmachten.

Frauen spielen zwar fast immer die Hauptrolle in Mainstream-Pornofilmen, stehen aber nur sehr selten hinter der Kamera und treffen Entscheidungen daüber, wie diese Filme gemacht werden. Und so ist es keine Überraschung, dass Pornos vor allem männliche Fantasien bedienen und sich viele Zuschauer:innen nicht  angesprochen fühlen.

"Visuelle Pornos führen bei Frauen auf dazu, dass sie sich selbst vergleichen und das Gefühl haben, nicht den Schönheitsstandards zu entsprechen, die auf dem Bildschirm gezeigt werden, und dass sie sich überhaupt nicht mit den Darstellerinnen identifizieren", erklärt die Sexualtherapeutin Leigh Norén. 

Norén erzählt Euronews Culture, dass sie ihren Klient:innen immer häufiger Audio-Erotika empfehle: "Es ist nicht nur eine großartige Möglichkeit, die eigene Sexualität zu erkunden. Es ist auch toll für Menschen, die noch nie masturbiert haben oder die herkömmliche Pornos nicht anschauen wollen, weil sie das Gefühl haben, dass sie das nur verunsichert. Für viele ist Sex auch mit so viel Scham behaftet, dass es gut ist, mit etwas anzufangen, das weniger offensichtlich ist."

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