Sputnik V: Warum hat die EU Russlands Corona-Impfstoff noch nicht genehmigt?

Pflegepersonal zeigt eine Schachtel mit dem russischen Impfstoff Sputnik V im Szent Janos Krankenhaus in Budapest, Ungarn.
Pflegepersonal zeigt eine Schachtel mit dem russischen Impfstoff Sputnik V im Szent Janos Krankenhaus in Budapest, Ungarn. Copyright Zsolt Szigetvary/MTI via AP
Copyright Zsolt Szigetvary/MTI via AP
Von Euronews mit AFP
Diesen Artikel teilenKommentare
Diesen Artikel teilenClose Button

Bisher wird der Impfstoff nur in Ungarn eingesetzt, nachdem das Land Sputnik V eine sechsmonatige Notzulassung erteilt hatte. Bei der EU-Zulassung ist Geduld angesagt. Doch warum ist das so?

WERBUNG

Der russische Coronavirus-Impfstoff Sputnik V ist noch immer in der Warteschlange der Europäischen Union. Denn die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) muss grünes Licht geben, bevor er in allen 27 EU-Staaten eingesetzt werden kann.

Bisher wird der Impfstoff nur in Ungarn verimpft, nachdem Ministerpräsident Viktor Orbán, der die EU wegen der möglichen Gefährdung von Menschenleben kritisierte, dem Impfstoff eine sechsmonatige Notzulassung erteilt hatte.

Auch in Ländern Europas, die nicht der EU angehören, darunter Serbien und Bosnien-Herzegowina, wird Sputnik V bereits eingesetzt. Die russischen Behörden erklärten, dass der Impfstoff von 31 Ländern übernommen wurde.

Eine in der Fachzeitschrift The Lancet veröffentlichte Studie hatte belegt, dass Sputnik V zu 91,6 Prozent gegen COVID-19 wirksam ist. Doch der Streit zwischen Moskau und Brüssel über die vermeintliche Langsamkeit der in Amsterdam ansässigen europäischen Behörde geht weiter.

Warum also dauert es so lange, bis der Einsatz genehmigt wird?

EU: Daten müssen vollständig eingereicht werden

Laut EMA unterliegt Sputnik V dem gleichen Zulassungsprozess wie alle anderen COVID-19-Impfstoffe. Doch das Problem ist, dass die vollständigen Datensätze noch nicht vorliegen, um den langwierigen Prozess voranzutreiben.

Der erste Schritt im Zulassungsverfahren ist eine "kontinuierliche Überprüfung" von Daten und klinischen Studien. Danach muss ein formeller Antrag auf eine einjährige bedingte Zulassung folgen.

"Sie müssen alle Daten einreichen und den gesamten Überprüfungsprozess durchlaufen, so wie jeder andere Impfstoff auch", sagte die Präsidentin der Europäischen Kommission Ursula von der Leyen am 17. Februar über den Impfstoff Sputnik V.

Die Zeitspanne zwischen Überprüfung und Zulassung betrug bisher zwischen zwei und vier Monaten.

Zurzeit sind in der EU drei Impfstoffe zugelassen: von Pfizer-BioNTech, Moderna und AstraZeneca. Ein vierter, von Johnson & Johnson, hat eine Zulassung beantragt. Zwei weitere Impfstoffe, die von Novavax und CureVac, haben inzwischen den Prüfungsprozess begonnen.

Die EMA betont hingegen, dass Sputnik V noch nicht einmal die kontinuierliche Prüfphase begonnen hat. Zudem habe sie keine Anträge auf fortlaufende Prüfung oder Marktzulassung für den Impfstoff erhalten, "trotz gegenteiliger Berichte", wie die EU-Behörde in einer Mitteilung vom 10. Februar feststellte. Die Regulierungsbehörde bestätigte gegenüber der Nachrichtenagentur AFP, dass sich an der Situation bis zum 18. Februar nichts geändert habe.

Auch müssten EMA-Experten zuerst ihre Zustimmung geben, bevor die Entwickler des Vakzins ihren Antrag auf "Zugang zum laufenden Prüfverfahren" stellen könnten.

Für Sputnik V sei lediglich ein Antrag auf ein "wissenschaftliches Gutachten" gestellt worden, so die EMA. Dieser diene dazu, einen möglichen Zulassungsantrag vorzubereiten.

Befürworter und Entwickler des russischen Corona-Vakzins erklären hingegen, dass bereits ein Antrag auf fortgesetzte Überprüfung gestellt wurde.

Umstrittene Anträge und Misstrauen

Der russische staatliche Direktinvestmentfonds, der die Entwicklung des Impfstoffs mitfinanziert hat und ihn im Ausland vermarktet, erklärte, dass die russischen Behörden am 19. Januar einen Antrag auf Marktzulassung gestellt hätten.

Der Fonds wies auch "fehlgeleitete" Berichte zurück, dass die Entwickler des Impfstoffs Unterlagen an die falsche Behörde geschickt hätten. Um diesen Vorwurf zu entkräften, veröffentlichte er einen Brief der EMA auf seinem Twitter-Account.

Man arbeite "mit der EMA zusammen, um eine laufende Überprüfung zu starten". Erst vor wenigen Tagen habe die EMA "Berichterstatter für die Sputnik-V-Akte ernannt".

Sputnik V ist zudem der erste Impfstoff, der von einem nicht-westlichen Land entwickelt wurde und in der EU eingesetzt werden soll. Daher ist möglicherweise eine Überprüfung von Sputniks Produktionsstätten außerhalb der EU notwendig.

WERBUNG

"Sie produzieren nicht in Europa, also sollte es natürlich einen Inspektionsprozess an den Produktionsstätten geben", wie EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen erklärte.

Brüssel hat russische und chinesische Impfstoffe mit Argwohn betrachtet - es wird befürchtet, dass Moskau und Peking versuchen mithilfe ihrer Impfstoffe ihren Einfluss in der EU auszuweiten.

"Insgesamt muss ich sagen, dass wir uns immer noch fragen, warum Russland theoretisch Millionen und Abermillionen von Dosen anbietet, aber nicht genug Fortschritte bei der Impfung der eigenen Bevölkerung macht", erklärte von der Leyen.

Russland reagierte schnell und machte stattdessen "politische Impfstoff-Nationalisten im Westen" dafür, dass sie Impfstoffe aus Russland oder China nicht genehmigen würden.

In einer Diskussion auf Twitter posteten die Entwickler des Impfstoffs: "Die Welt braucht russische, chinesische, westliche Impfstoffe. COVAX, das von Großbritannien und den USA voran getrieben wird, sollte inklusiver sein und russische und chinesische Impfstoffe einschließen. Politische Voreingenommenheit und Engstirnigkeit machen uns schwächer. Gemeinsam sind wir stärker!"

WERBUNG
Diesen Artikel teilenKommentare

Zum selben Thema

Hoffnung, Angst, Misstrauen: Wie läuft die Impfkampagne in Russland?

30 % der Briten geimpft - von Impfungen und Impfskeptikern in Europa

Golf von Aden: Griechische Marine schießt Huthi-Drohne ab