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Mindestens 20 Tote: Wer steckt hinter dem Doppel-Anschlag in Dagestan?

Eine Frau in Dagestan.
Eine Frau in Dagestan. Copyright AP/Copyright 2024 The AP. All rights reserved
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Von Johanna Urbancik mit AP
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Mindestens 20 Tote wurden nach dem gestrigen Angriff in Dagestan gemeldet. Bislang hat sich noch keine Gruppierung zu dem Anschlag bekannt.

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Bei einem Doppel-Anschlag in Dagestan sind mindestens 20 Menschen, darunter 15 Sicherheitskräfte und ein 66-jähriger Priester, getötet worden. Mindestens 46 Menschen wurden mit Verletzungen ins Krankenhaus gebracht.

Bewaffnete Männer griffen eine Synagoge und eine orthodoxe Kirche in Derbent an. Der Russische Jüdische Kongress berichtete, dass die Angreifer kurz vor dem Abendgebet das Feuer eröffneten und das Gebäude mit Molotow-Cocktails in Brand setzten. Viele Opfer waren Sicherheitskräfte. Die fünf Angreifer wurden getötet.

In der Kirche wurde Pater Nikolai K. ermordet und das Gebäude in Brand gesetzt. Gleichzeitig gab es Berichte über Angriffe auf eine Kirche, eine Synagoge und eine Polizeiwache in Machatschkala.

In Dagestan wurden daraufhin drei Trauertage ausgerufen.

Bisher hat keine Gruppierung Verantwortung für die Angriffe übernommen. Islamistische Telegram-Kanäle lobten den Angriff, ohne sich jedoch dazu zu bekennen. Gouverneur Sergei Melikov machte islamische "Schläferzellen" verantwortlich, nannte aber keine Details. Präsident Wladimir Putin sagte, die Ukraine stecke hinter den Anschlägen. Hierfür gibt es jedoch keinerlei Beweise.

November 2023: Mob stürmt Flughafen und sucht Bürger aus Israel

Israels Krieg gegen die Hamas nach den brutalen Angriffen der Hamas am 7. Oktober hat auch im Kaukasus Spannungen verschärft. Anfang November vergangenen Jahres hat ein wütender Mob den Flughafen von Machatschkala gestürmt, weil dort eine Maschine aus Tel Aviv gelandet war. Sie dachten angeblich, dass in der in der Maschine Flüchtlinge aus Israel saßen.

Menschen in der Menge rufen antisemitische Parolen auf einem Flugfeld des Flughafens in Makhachkala, Russland, 30. Oktober 2023.
Menschen in der Menge rufen antisemitische Parolen auf einem Flugfeld des Flughafens in Makhachkala, Russland, 30. Oktober 2023. AP/Copyright 2023 The AP. All rights reserved.

Zahlreiche Menschen liefen auch auf das Flugfeld und bewarfen die Polizei, die sie aufhalten wollte, mit Steinen. Berichten zufolge wurden mehr als 20 Personen verletzt. Wie die russischen Behörden danach mitteilten wurden rund 60 Personen festgenommen. Man habe mehr als 150 aktive Teilnehmer der Unruhen identifiziert. Neun Polizisten wurden bei den Zusammenstößen verletzt.

Russland mobilisiert ethnische Minderheiten für ihren Krieg gegen die Ukraine

Nach Russlands Angriffskrieg auf die Ukraine gab es in Dagestan Proteste gegen die Mobilisierung. Medienberichten zufolge wurden ethnische Minderheiten in unverhältnismäßig großer Zahl für Russlands Krieg in der Ukraine eingezogen. Die Investigativplattform Molfar schrieb diesbezüglich, dass "je mehr Burjaten, Dagestanis und andere Nationalitäten sterben, desto mehr "Russen" bleiben prozentual übrig. Auf diese Weise führt der Kreml eine ethnische Säuberung durch." 14,8 Prozent der Soldaten, die im Krieg gegen die Ukraine eingesetzt werden stammen Molfar zufolge aus Dagestan.

Menschen aus benachteiligten Regionen brauchen Geld und sind daher bereit, im Krieg zu kämpfen. Ende 2022 hat die russische Armee mobile Rekrutierungsfahrzeuge eingesetzt, um Freiwillige zu gewinnen. Al Jazeera zufolge wurden den Soldaten fast 2.500 Euro pro Monat angeboten. CEIC zufolge liegt das Durchschnittseinkommen in Dagestan bei umgerechnet 404,81 Euro.

Durch die Mobilisierung von Menschen aus abgelegenen Regionen hält Russland Beobachtern zufolge den Frieden unter den "Eliten" und der "Mittelschicht" in den wohlhabenderen Gebieten, wodurch die Menschen in Russland gleichgültig gegenüber dem Krieg in der Ukraine bleiben, da sie glauben, dass es "sie nicht betrifft".

Die Geschichte Dagestans

Dagestan bedeutet "Land der Berge" und liegt im russischen Nordkaukasus. Nach dem Russisch-Persischen Krieg (1804 bis 1813) und dem Vertrag von Turkmenchay (1828) kam es unter russische Kontrolle, was zu Aufständen wie dem Kaukasuskrieg (bis 1864) führte. Nach der Bolschewistischen Revolution wurde 1921 die Dagestanische Autonome Sozialistische Sowjetrepublik gegründet.

In der postsowjetischen Ära, insbesondere im August 1999, drang die Islamische Internationale Friedensbrigade aus Tschetschenien nach Dagestan ein, wurde jedoch von russischen und lokalen Kräften zurückgeschlagen. Das führte zu einer erneuten russischen Invasion in Tschetschenien.

Heute ist Dagestan für seine ethnische und sprachliche Vielfalt bekannt, mit den Awaren als größter Gruppe. Es hat Erdöl-, Erdgas- und Fischereiindustrien, kämpft aber mit organisierter Kriminalität, Instabilität und hoher Arbeitslosigkeit. Etwa 10 Prozent sind ethnische Russen. Nach Angaben der russischen Regierung sind etwa 95 Prozent der Bevölkerung Muslime, doch gibt es in der Region auch seit langem bestehende christliche und jüdische Gemeinden. Die jüdische Gemeinde geht auf das 5. Jahrhundert zurück.

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