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RN-Chef Bardella will "Ministerpräsident für alle Franzosen" werden

Der Vorsitzende des rechtsextremen RN, Jordan Bardella, hält seine Rede nach der ersten Runde der Parlamentswahlen am 30. Juni 2024 in Paris.
Der Vorsitzende des rechtsextremen RN, Jordan Bardella, hält seine Rede nach der ersten Runde der Parlamentswahlen am 30. Juni 2024 in Paris. Copyright AP Photo/Aurelien Morissard
Copyright AP Photo/Aurelien Morissard
Von Alice Tidey
Zuerst veröffentlicht am Zuletzt aktualisiert
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Dieser Artikel wurde im Original veröffentlicht auf Englisch

In der ersten Runde der französischen Parlamentswahlen konnte die rechtspopulistische Partei Rassemblement National (RN) rund ein Drittel der Stimmen auf sich vereinen. Das dürfte jedoch nicht ausreichen, um eine absolute Mehrheit in der Nationalversammlung zu erreichen.

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Drei Wochen nach ihrem überwältigenden Sieg bei den Europawahlen hat die rechtspopulistische Partei Rassemblement National (RN) am Sonntag ihre Position als Frankreichs führende Partei gefestigt: Sie hat einen komfortablen Vorsprung in der ersten Runde der Parlamentswahlen erreicht.

"Die Franzosen haben ein klares Urteil gefällt und ihren klaren Wunsch nach Veränderung bestätigt, indem sie die Kandidaten der Rassemblement National und ihrer Verbündeten an die Spitze gesetzt haben", sagte RN-Chef Jordan Bardella in seiner Siegesrede am Sonntagabend.

Laut einer Ipsos-Umfrage wird das RN landesweit etwa 33,2 Prozent der Stimmen erhalten. Damit liegt sie fünf Punkte vor dem Linksbündnis "Nouveau Front Populaire" (NFP) und satte 12 Punkte vor der zentristischen Koalition "Ensemble pour la République" des französischen Präsidenten Emmanuel Macron.

Wenn das Ergebnis in der zweiten Runde am kommenden Sonntag bestätigt wird, könnte RN zwischen 230 und 280 Sitze in der Nationalversammlung erhalten.

Das ist ein enormer Zuwachs gegenüber den 89 Sitzen, die sie vor der Auflösung der Kammer am 9. Juni hatte, aber vielleicht immer noch nicht genug, um eine absolute Mehrheit zu erreichen, für die 289 Sitze erforderlich sind.

Der Ministerpräsident für das "gesamte französische Volk"

Bardellas fünfminütige Siegesrede wurde im Zentrum von Paris vor Journalisten aus der ganzen Welt gehalten.

Und niemand sonst: kein einziger RN-Politiker, der die Ergebnisse für die Journalisten aufbereitete, keine Anhänger, die in den richtigen Momenten jubelten oder johlten.

Die ganze Vorstellung schien choreografiert, um seine Fähigkeiten als Ministerpräsident zu demonstrieren.

Ein düster dreinblickender Bardella versprach, er werde "der Ministerpräsident für das gesamte französische Volk sein … respektvoll gegenüber der Opposition, offen für den Dialog und stets um die Einheit des Volkes bemüht".

"Ich hoffe, dass dieser zweite Wahlgang in einem Klima der Ruhe, der Ehrlichkeit und des Respekts vor den Institutionen und den demokratischen Regeln aller Franzosen und Französinnen stattfinden kann", sagte er.

Das hinderte ihn jedoch nicht daran, auch gegen die Linke und die Mitte zu wettern.

"Angesichts der Ergebnisse ist klar, dass das Präsidentenlager, das heute weitgehend abgelehnt wird, nicht mehr in der Lage ist, zu gewinnen", sagte er. Die zentristische Koalition von Emmanuel Macron wird voraussichtlich bis zu 180 Sitze verlieren und nur 70 behalten.

Das linke Bündns Nouveau Ront populaire (NFP) wurde von ihm als "Allianz der Schlimmsten" bezeichnet, deren Griff nach der Macht "zu Unordnung, Aufruhr und dem Ruin unserer Wirtschaft" führen würde.

Anhänger der rechtspopulistischen Politikerin Marine Le Pen jubeln nach der Veröffentlichung der Hochrechnungen für die Parlamentswahlen am 30. Juni 2024
Anhänger der rechtspopulistischen Politikerin Marine Le Pen jubeln nach der Veröffentlichung der Hochrechnungen für die Parlamentswahlen am 30. Juni 2024 AP Photo/Thibault Camus

Der Vorsitzende der linken Partei La France insoumise (LFI), Jean-Luc Mélenchon, war der einzige Gegner, den Bardella namentlich nannte, eine Ehre, die nicht einmal Macron zuteilwurde.

"Herr Mélenchon und seine Freunde bringen unser Land in existenzielle Gefahr", sagte Bardella. Die "gefährliche extreme Linke" habe Kandidaten aufgestellt, die auf der Terrorismus-Beobachtungsliste des Landes stünden, sie wolle "die Polizei entwaffnen", "die Schleusen für die Einwanderung öffnen" und ein Gesetz gegen islamischen Separatismus abschaffen.

Im Gegensatz dazu warb er für seine Partei als "beispiellose Allianz, die von nationalem Interesse motiviert ist" und schwor die Franzosen darauf ein, dass er, wenn er zum Ministerpräsident ernannt würde, der "Garant Ihrer Rechte, Ihrer Freiheiten und unseres republikanischen Mottos sein wird, das alle Menschen in Frankreich in demselben Versprechen von Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit vereint".

Als seine Prioritäten nannte er die Stärkung der Kaufkraft, die Wiederherstellung von Ordnung und Sicherheit und "die Kontrolle über unsere Migrationspolitik".

Ein republikanischer Rückzug gegen das RN?

Seine feierliche Rede stand im Gegensatz zu der von Marine Le Pen, der ehemaligen Parteivorsitzenden und Vorsitzenden ihrer Fraktion in der Nationalversammlung, die vor mehreren hundert fahnenschwenkenden Anhängern in ihrer Hochburg in Hénin-Beaumont, etwa zwei Stunden nördlich von Paris, sprach.

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Sie jubelten, als sie sagte, dass die Ergebnisse der Partei "den Macron-Block fast ausgelöscht" hätten und als sie verkündete, dass sie sich ihren Sitz bereits gesichert habe, sodass eine zweite Runde überflüssig geworden sei. Und als sie das Linksbündnis erwähnte oder den Namen Mélenchon nannte, wurde gejohlt.

Beide RN-Politiker betonten jedoch, dass die Wahl nicht nur bestätigt, sondern gestärkt werden müsse, damit sie allein regieren könnten.

"Ich möchte ihnen [den RN-Wählern] meinen Dank aussprechen und rufe sie auf, am Sonntag, den 7. Juli, in einer letzten Anstrengung mobilisiert zu bleiben. Die Stimme, die sie am kommenden Sonntag abgeben werden, ist eine der entscheidendsten in der Geschichte der Fünften Republik", sagte Bardella.

Le Pen warnte unterdessen: "Ohne eine klare Mehrheit wird es immer alte Fehden, programmierte Trägheit und schmutzige Tricks geben, um den echten Wechsel zu verhindern, den das Land dringend braucht."

"Indem Sie für die Kandidaten des RN und ihre Verbündeten stimmen, sorgen Sie dafür, dass das Land in Einheit und Brüderlichkeit die Energie wiederfindet, um eins zu werden. Hüten Sie sich in diesen Tagen vor denen, die mit ungerechtfertigten Ängsten oder erfundenen Drohungen nur ein gescheitertes System aufrechterhalten wollen", fuhr sie fort.

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Der Weg zu einer absoluten Mehrheit für die rechtspopulistische Partei dürfte jedoch durch einen "republikanischen Rückzug" behindert werden, den die linken Parteien koordinieren.

In Wahlkreisen, in denen sich mehr als zwei Kandidaten mit mehr als 12,5 Prozent der Stimmen für den zweiten Wahlgang qualifiziert haben – was nach Schätzungen des Meinungsforschungsinstituts Ipsos etwa 250 Sitze ausmacht – haben linke Parteien angekündigt, dass sie die drittplatzierten Kandidaten zurückziehen werden, um eine Spaltung der Anti-RN-Stimmen zu vermeiden.

Diese Strategie scheint auch der Präsident zu befürworten:

"Angesichts des Rassemblement National ist es nötig, ein breites, demokratisches und republikanisches Bündnis für die zweite Wahlrunde zu bilden", schrieb Macron in einer Erklärung.

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