Ist Zypern gerettet?

Ist Zypern gerettet?
Von Euronews
Diesen Artikel teilenKommentare
Diesen Artikel teilenClose Button

Einen Rettungsplan für Zypern gibt es zwar, doch ist das kleine Land wirklich gerettet? Nach Einschätzung von Fachleuten wird es Zypern ohne weitere Maßnahmen nicht gelingen, die Schuldenprobleme in den Griff zu bekommen. Selbst die derzeitige Lage ist alles andere klar. Der neue Chef der Eurogruppe, Jeroen Dijsselbloem, hatte sich zu Beginn der Woche missverständlich über die Belastung von zyprischen Bankkunden geäußert, war danach aber zurückgerudert.

Eine Sprecherin der Europäischen Kommission betonte, man habe die für Zypern richtige Lösung gefunden. Das bedeute aber nicht, dass das Modell perfekt sei oder in Zukunft erneut genutzt werden solle. Das Krisenmanagement der Europäischen Union ist in den vergangenen Tagen wiederholt kritisiert worden. Dabei wird oft übersehen, dass die Krise keineswegs in Brüssel ihren Ursprung hat sondern in Nikosia. Daniel Gros vom Zentrum für Europäische Politikstudien in Brüssel verteidigt die Eurogruppe und verweist darauf, dass die Entscheidungen diesmal auf höchster EU-Ebene getroffen worden sind.

Wir sind mit Alekos Michaelides verbunden, der an der Universität in Nikosia Finanzwissenschaft lehrt. Während der Zypern-Verhandlungen in Brüssel beriet er den zyprischen Präsidenten Nikos Anastasiades. Herzlich willkommen bei Euronews.

Euronews:
Die Entscheidung zur Rettung Zyperns wurde auf höchster Ebene getroffen, die Eurogruppe stimmte dieser nur zu. Hat Europa in der Zypern-Krise mit dem Fiasko der Eurogruppe versagt und kam es daher zu einer Lösung mit viel härteren Bedingungen für Zypern?

Alekos Michaelides:
Die Krise begann mit dem Schuldenerlass für Griechenland, der die Banken in große Schwierigkeiten brachte. In der vergangenen Woche fiel die Entscheidung über die Selbstbeteiligung der Anleger, was dazu führte, dass die Banken geschlossen wurden. Die Lösung vom vergangenen Wochenende hingegen gibt Hoffnung auf einen Ausweg aus der Krise.

Euronews:
Nach Ansicht des deutschen Finanzministers Schäuble ist die Gefahr eines Staatsbankrotts nicht gebannt. Wird Druck ausgeübt, können in Zukunft weitere Maßnahmen gefordert werden?

Alekos Michaelides:
Ich teile die Zweifel. Die Dinge sind schwierig, weil zunächst der Ansturm auf die Banken eingedämmt werden muss. Das Bruttoinlandsprodukt wird sinken, was zu einem Anstieg der Schulden führen wird. Es bleibt abzuwarten, wie und ob die Regierung in Nikosia die Krise in den nächsten Monaten in den Griff bekommt.

Euronews:
Hat Europa Zypern dafür bestrafen wollen, dass es zum ersten Rettungsplan der Eurogruppe nein sagte?

Alekos Michaelides:
In gewissem Sinne schon, denn der zweite Plan ist härter. Es wird schwierig sein, der Bank of Cyprus den Schuldenberg der Laiki-Bank zu übertragen. Aus diesem Grund sind viele Menschen besorgt.

Euronews:
Welches werden die Folgen sein? Verlieren die Menschen ihre Jobs?

Alekos Michaelides:
Es wird einen leichten Anstieg der Arbeitslosenquote geben, denn die Laiki-Bank wird abgewickelt, daraus sollen zwei Banken entstehen, eine gute und eine schlechte. Dort gehen Arbeitsplätze verloren.

Euronews:
Steht der Abschlag für Guthaben in Höhe von mehr als 100 000 Euro bei der Bank of Cyprus fest?

Alekos Michaelides:
Die genaue Höhe des Abschlags steht noch nicht fest. Sie ist Teil der Verhandlungen und Genaueres wird man vermutlich erst in der nächsten Woche wissen.

Euronews:
Eurogruppen-Chef Dijsselbloem sagte, Zypern sei ein Modell für Hilfsprogramme. Nutzt die EU Zypern für Experimente?

Alekos Michaelides:
Das sind harte Worte, doch es ist logisch, dass die Anteilseigner, danach die Inhaber von Wertpapieren und schließlich die Anleger Geld verlieren, wenn eine Bank pleitegeht. Wichtig ist, dass Sparer mit einem Guthaben von weniger als 100 000 Euro geschützt sind.

Euronews:
Am Donnerstag sollen die Banken wieder geöffnet werden. Was wird geschehen? Welches sind die Pläne der Regierung? Wie kann der Ansturm auf die Banken verhindert werden?

Alekos Michaelides:
Über diese Dinge wird verhandelt, noch aber ist nichts spruchreif. Es sollte allerdings jedem klar sein, was er tun kann, wenn die Banken wieder geöffnet werden.

Der Plan für Zyperns Banken

  • Durch den EU-Rettungsplan für Zypern wird der gesamte Bankensektor restrukturiert

  • Die zweitgrößte Bank des Landes Laiki Bank, wird in zwei Teile getrennt: eine “bad bank” und eine “good bank”, bevor sie geschlossen wird, was zum Verlust von mehreren Tausend Stellen führen wird

  • Anlagen bei der Laiki Bank von weniger als 100.000 Euros werden zur “good bank” gerechnet und sind durch EU-Gesetze gesichert. Dieses Geld wird an Zyperns größte Bank, die Bank of Cyprus, weitergeleitet

  • Anlagen bei der Laiki Bank von mehr als 100.000 Euros zählen zur “bad bank”. Dieses Geld und Anlagen von mehr als 100.000 Euros bei der Bank of Cyprus sind nicht durch EU-Gesetze gesichert, sie werden zunächst eingefroren und dann dazu benutzt, um die Schulden der Laiki Bank zu zahlen und die Bank of Cyprus zu rekapitalisieren. Die Kunden von Laiki Bank und Bank of Cyprus mit Anlagen von mehr als 100.000 Euros müssen damit rechnen, etwa 40 % ihrer Anlagen zu verlieren

Diesen Artikel teilenKommentare

Zum selben Thema

Zypern-Gaza-Seekorridor - ein Modell auch für andere Krisen?

Hilfe naht: 36 Länder arbeiten an Hilfskorridor von Zypern nach Gaza

200 Tonnen Hilfsgüter für Gaza: EU-Hilfsschiff wartet auf grünes Licht