Kleinstadt sagt türkischem Politiker ab und bekommt Bombendrohung

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Von Euronews mit DPA
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Zum zweiten Mal innerhalb weniger Tage sagt Deutschland einem türkischen Politiker ab. Das ärgert die Türkei und hat handfeste Drohungen zur Folge.

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In Gaggenau bei Baden-Baden ist das Rathaus wegen einer Bombendrohung geräumt worden. Grund für die Drohung ist mutmaßlich ein abgesagter Auftritt des türkischen Justizministers Bekir Bozdag in der Festhalle der Kleinstadt.

Die Stadt hatte den Auftritt am Donnerstag nach eigenen Angaben aus Sicherheitsbedenken heraus abgesagt. Dort wollte Bozdag für ein Verfassungsreferendum werben, durch das die Türkei zur Präsidialrepublik umgebaut würde. Eine weitere Absage gab es aus Köln. Dort lehnte die Stadt einen Auftritt des türkischen Wirtschaftsministers Nihat Zeybekci in einem Bezirksrathaus ab. Nach einem Bericht des Kölner Stadt-Anzeigers will Zeybecki nun am Sonntag eine Veranstaltung eines türkischen Kulturvereins im nahen Leverkusen besuchen. Ein Auftritt des türkischen Ministerpräsidenten Binali Yildirim in Oberhausen fand dagegen statt.

Bozdag nannte die Entscheidung “antidemokratisch” und ließ ein geplantes Treffen mit dem deutschen Justizminister Heiko Maas platzen. Ein Sprecher von Präsident Recep Tayyip Erdoğan sagte, die Verantwortlichen zeigten damit das Gesicht derjenigen, die “der Türkei Lektionen in Demokratie und Meinungsfreiheit” erteilten. Der stellvertretende Vorsitzende der Türkischen Gemeinde in Deutschland, Atila Karabörklü, sagte im ZDF-Morgenmagazin, demokratische Regeln müssten beachtet werden. Präsident Erdoğan beachte zwar die Verfassung des Landes nicht. “Das heißt aber nicht, dass wir eine Antwort auf dieser Ebene geben müssen.”

Türkei droht Deutschland mit “Vergeltung”

“Halten Sie vor dem Referendum von Populismus fern”, ärgerte sich auch der türkische Außenminister Mevlut Cavusoglu. “Wenn Sie die Beziehungen zu uns aufrechterhalten wollen, müssen Sie lernen, wie Sie mit uns umzugehen haben. Sie können nicht mit solchen Methoden arbeiten. So kann es nicht weitergehen. Wir werden ohne zu zögern Vergeltung üben. Den Rest können Sie sich denken. Das ist unsere Nachricht an Deutschland.”

Nicht nur die geplanten Auftritte türkischer Politiker belasten das Verhältnis der Türkei zu Deutschland. In Berlin haben zu Wochenanfang hunderte Menschen für die Freilassung des deutschtürkischen Journalisten Deniz Yücel demonstriert, der in der Türkei in Untersuchungshaft sitzt. Ihm wird mutmaßliche Propaganda für eine terroristische Vereinigung und Aufwiegelung der Bevölkerung vorgeworfen. Yücel ist als Korrespondent für die WeltN24-Gruppe in der Türkei.

Absagen aus Deutschland: So berichten türkische Medien

"Deutschland ist verrückt geworden", diagnostizierte die Zeitung Yeni Safak am Freitag. Das Blatt sprach von einer "Schande". Die Zeitung Star verknüpft die Absage mit der Inhaftierung des Welt-Korrespondenten Deniz Yücel in der Türkei. "Nachdem der 'Welt'-Reporter wegen Terrorpropaganda verhaftet wurde, hat Berlin eine unvergleichliche Frechheit begangen. Es hat zweien unserer Minister keine Versammlungserlaubnis erteilt."

Star lässt außerdem den Außenpolitik-Experten und früheren türkischen Generalkonsul in Nürnberg, Vahit Özdemir, zu Wort kommen, der Yücel Kontakt zum Bundesnachrichtendienst (BND) unterstellt. Aksam nennt die Absagen der Auftritte eine "große Frechheit". Die Zeitung Posta spricht von einem "Skandal" und bemängelt, die Auftritte seien mit "aberwitzigen Begründungen verhindert" worden. Auch die Hürriyet, die nicht immer auf Regierungslinie liegt und auch kritische Stimmen zu Wort kommen lässt, schrieb von einem "diplomatischen Skandal" und einem "Sprechverbot".

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