Nigeria: Umweltkommission fordert Milliarden wegen Ölschäden

Eine brennende Ölpipeline in Nigeria
Eine brennende Ölpipeline in Nigeria Copyright GEORGE OSODI/AP
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Von Euronews mit dpa, AP
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Eine Expertenkommission fordert von den Ölkonzernen eine saftige Entschädigung. Sie sollen 11 Milliarden Euro für die Schäden an Mensch und Umwelt zahlen, die sie im nigerianischen Bundesstaat Bayelsa verursacht haben sollen.

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Die Umweltkommission des nigerianischen Bundesstaats Bayelsa fordert mindestens 12 Milliarden US-Dollar (11 Mrd. Euro), um die jahrzehntelange Verschmutzung der Region durch die Ölförderung zu beheben. Laut einem Bericht der Kommission, der am Dienstag veröffentlicht wurde, seien allein die beiden Großkonzerne Shell und Eni für drei Viertel der Verschmutzung verantwortlich. Insgesamt seien 47 Ölfirmen in Bayelsa tätig, heißt es.

Nach der Vorstellung des Berichtes in London sagte König Bubarya Dakolo, Vorsitzender des Rates der Häuptlinge im Bundesstaat Bayelsa: "Ich hoffe, dass dieser Bericht etwas bewirken wird, denn viele Menschen da draußen in der Welt wussten nicht, dass im Nigerdelta und im Bundesstaat Bayelsa so viele Gräueltaten begangen wurden. Dieser Bericht wird also aufdecken, was Shell und Chevron und Agip und Elf und die anderen seit Jahrzehnten vertuscht haben."

Der Bundesstaat an der Atlantikküste im Süden Nigerias ist wie das gesamte Nigerdelta ein Zentrum für die Ölproduktion des Landes. Laut dem Kommissionsbericht bringt das in Bayelsa geförderte Öl der nigerianischen Regierung jährlich etwa 10 Milliarden Dollar (9,2 Mrd. Euro) ein. 

Für die Beseitigung der Umwelt- und Gesundheitsschäden appelliert die Kommission an die internationale Gemeinschaft. Diese solle in einer "konzertierten Aktion" das benötigte Geld über die kommenden zwölf Jahre sammeln. Die Untersuchungen für den Bericht der Kommission dauerten insgesamt vier Jahre.

"Verursacher: Ölindustrie"

Engobo Emeseh, Jura-Professorin an der Universität Bradford und Mitglied der Bayelsa-Kommission sprach sich dafür aus, die Ölkonzerne zur Kasse zu beten: "Sie sollten für die Säuberung aufkommen, denn nach nigerianischem Recht muss der Verursacher der Verschmutzung zahlen, wie überall sonst auch. Und der Verursacher ist in diesem Fall die Ölindustrie."

Die Ergebnisse zeichnen ein düsteres Bild - sowohl für die Anwohner als auch für das Ökosystem der Region. So seien Hunderttausende Menschen in Bayelsa gezwungen, auf verseuchtem Boden zu leben. An einigen Orten seien Schadstoffe aus der Ölproduktion wie Chrom im Grundwasser nachgewiesen worden, die die Grenzwerte der Weltgesundheitsorganisation (WHO) um mehr als das Tausendfache überträfen. Die Konzentrationen anderer Verbindungen, etwa der in Rohöl enthaltenen Kohlenwasserstoffe, übersteige stellenweise die sicheren Werte sogar um das Millionenfache.

16,000 tote Säuglinge in einem Jahr

Entsprechend spricht die Kommission in ihrem Bericht von einer "stillen Gesundheitskrise", die bisher kaum Beachtung finde. Allein 2012 seien rund 16,000 Säuglinge kurz nach ihrer Geburt an den Folgen der Ölverschmutzung gestorben. Die durchschnittliche Lebenserwartung in Bayelsa liege bei lediglich rund 50 Jahren.

Erst vor einigen Tagen urteilte der oberste Gerichtshof Großbritanniens, dass es für eine Gruppe von Nigerianern zu spät ist, Shell wegen eines Ölunfalls im Jahr 2011 zu verklagen. Der britische Energieriese hat in diesem Jahr den höchsten Gewinn in seiner Unternehmensgeschichte erzielt. Gegen Shell laufen zur Zeit in Großbritannien viele Gerichtsverfahren, unter anderem mit 50.000 Nigerianern, die wegen der Ölverschmutzung klagen.

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