Newsletter Newsletters Events Veranstaltungen Podcasts Videos Africanews
Loader
Finden Sie uns
Werbung

Nach Sommerstreit um SPD-Kandidatin: Bundestag wählt Verfassungsrichter

Bundestag
Bundestag Copyright  Copyright 2025 The Associated Press. All rights reserved
Copyright Copyright 2025 The Associated Press. All rights reserved
Von Sonja Issel
Zuerst veröffentlicht am
Diesen Artikel teilen Kommentare
Diesen Artikel teilen Close Button

Wochenlang blockierte der Konflikt um Frauke Brosius-Gersdorf die Nachbesetzung am Bundesverfassungsgericht. Nun hat das Parlament drei Richter gewählt - darunter die SPD-Kandidatin Sigrid Emmenegger, die parteiübergreifend akzeptiert wurde.

WERBUNG

Der erste Versuch, drei Posten am Bundesverfassungsgericht zu besetzen, war für die Koalition noch gescheitert. Nun ist die Wahl im zweiten Anlauf gelungen.

In geheimer Abstimmung erhielten die SPD-Kandidatinnen Sigrid Emmenegger und Ann-Katrin Kaufhold sowie der Unionskandidat Günter Spinner jeweils die erforderliche Zweidrittelmehrheit der 613 abgegebenen Stimmen. Auf Emmenegger, bislang Richterin am Bundesverwaltungsgericht in Leipzig, entfielen 446 Ja-Stimmen, auf Kaufhold 440 und auf Spinner 424. Bundestagsvizepräsidentin Andrea Lindholz verkündete das Ergebnis.

Im Juli war die Wahl gescheitert, weil sich in der Union Widerstand gegen die damalige SPD-Kandidatin Frauke Brosius-Gersdorf regte - unter anderem wegen ihrer Haltung zur Abtreibung. Nach deren Rückzug nominierte die SPD Emmenegger, die parteiübergreifend akzeptiert wurde.

Sigrid Emmenegger: Juristin mit Karlsruhe-Erfahrung

Die 1976 geborene Juristin Sigrid Emmenegger tritt als Richterin selten in Erscheinung, über ihre Ansichten und Positionen ist entsprechend wenig bekannt - anders als bei der zuvor gehandelten Kandidatin Frauke Brosius-Gersdorf, die als Professorin stärker im öffentlichen Diskurs stand.

Juristisch bringt Emmenegger jedoch Erfahrung mit. Sie ist derzeit Richterin am Bundesverwaltungsgericht in Leipzig, Mitherausgeberin einer Fachzeitschrift und promovierte bei Andreas Voßkuhle, dem späteren Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts. Auch als wissenschaftliche Mitarbeiterin arbeitete sie an seiner Seite und kennt das höchste deutsche Gericht damit aus nächster Nähe.

Wie geht es jetzt weiter?

Bis die drei neu gewählten Richterinnen und Richter ihre Arbeit in Karlsruhe aufnehmen können, dauert es noch einige Tage. Die offizielle Ernennung durch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier ist für Anfang Oktober vorgesehen. Bereits am Freitag steht jedoch die nächste Entscheidung an: Der Bundesrat wählt die neue Vizepräsidentin des Bundesverfassungsgerichts. Für das Amt ist Ann-Katrin Kaufhold nominiert.

Erste Zerreißprobe für Schwarz-Rot

Im Juli 2025 war die geplante Wahl von Frauke Brosius-Gersdorf und zwei weiteren Nominierten für das Bundesverfassungsgericht kurzfristig verschoben worden. Teile der Unionsfraktion hatten Vorbehalte gegen die SPD-Kandidatin, unter anderem wegen Äußerungen zur Abtreibung und zu einer möglichen Corona-Impfpflicht.

Kurz vor der Abstimmung meldete zudem der Plagiatssucher Stefan Weber Zweifel an ihrer Dissertation an. Das Politikberatungsnetzwerk Polisphere sprach von einer orchestrierten Kampagne; rechte Medien und Netzwerke hätten massiv Stimmung gegen die Juristin gemacht.

Brosius-Gersdorf hielt zunächst an ihrer Kandidatur fest, signalisierte aber im ZDF-Talk "Markus Lanz", dass sie im Zweifel verzichten würde: Das Gericht dürfe nicht beschädigt werden, sie wolle auch nicht "verantwortlich sein für eine Regierungskrise". Schließlich zog sie sich zurück. In Interviews berichtete die Professorin zudem von Drohungen und verdächtigen Postsendungen, weshalb sie Mitarbeitende am Lehrstuhl zeitweise schützen musste.

SPD-Chefin Bärbel Bas machte rechte Netzwerke für die Kampagne verantwortlich und kritisierte die Union, die Brosius-Gersdorf nicht einmal zu einem Gespräch eingeladen habe. Auch SPD-Fraktionschef Matthias Miersch sprach von einer Blockade durch Teile der Union. Brosius-Gersdorf sei "eine herausragende Juristin" und die Angriffe auf sie hätten mit sachlicher Auseinandersetzung nichts zu tun.

Unionsfraktionschef Jens Spahn bemühte sich daraufhin um Schadensbegrenzung. Er zollte Brosius-Gersdorf "größten Respekt" und verurteilte die Anfeindungen. Zugleich räumte er ein, dass die Union ihre inhaltlichen Bedenken zu spät adressiert habe. Künftig wolle er mit der SPD eine gemeinsame Lösung finden.

Mit der erfolgreichen Wahl von Sigrid Emmenegger, Ann-Katrin Kaufhold und Günter Spinner endet ein monatelanger Konflikt, der die Koalition schwer belastet hatte.

Zu den Barrierefreiheitskürzeln springen
Diesen Artikel teilen Kommentare

Zum selben Thema

Signal an Putin? Miersch und Spahn überraschend zu Besuch in der Ukraine

Ver.di-Demonstration: Mordanklage nach Auto-Anschlag in München

"Sozialstaat nicht finanzierbar": Merz fordert Reformen, SPD blockiert