Mit einer kürzlich gegründeten “Anti-Partei” machen die beiden erfahrenen Politiker liberalen und konservativen Wählern ein neues Angebot. Das “Team Freiheit” sympathisiert mit Milei und Musk und findet, der Staat solle Bürger am besten in Ruhe lassen. Kann man damit in Deutschland Wahlen gewinnen?
Als eine Art "Anti-Partei" versteht sich das "Team Freiheit", erklärt der einstige Thüringer FDP-Landesvorsitzende sein neues Projekt. "Eine Partei beschäftigt sich in der Regel viel zu viel mit sich selber, das wollen wir nicht."
Im September hatte Kemmerich seinen Austritt aus der FDP bekanntgegeben. Seitdem ist er Vorsitzender des Vereins "Team Freiheit“. Auch ein weiterer bekannter Name ist mit im Boot: AfD-Gründerin Frauke Petry. Die damalige Parteichefin war 2017 aus der AfD ausgetreten, nachdem sie mit der wachsenden Radikalisierung der Partei nicht mehr einverstanden war.
Schon länger arbeiten beide gemeinsam an dem Projekt, wie Kemmerich Euronews erzählt. "Das funktioniert sehr gut“.
Ganz in den Fokus rücken wollen Petry und Kemmerich, wie der Name verspricht, die Freiheit: "Wir wollen einen Staat, der uns in Ruhe lässt, Sicherheit garantiert und die Wirtschaft auf Touren bringt.“
Make 'Made in Germany' great again.
Mit weniger staatlicher Kontrolle und gezielten Angeboten für den Mittelstand solle die Wirtschaft angekurbelt werden. Frei nach dem Motto: "Make 'Made in Germany' great again.“
Handlungsbedarf gebe es auch bei der Meinungsfreiheit in Deutschland: "Der Meinungskorridor wurde vor allem von den Grünen in der Regierung arg eingeschränkt. Man muss auch mal aushalten, dass jemand einen Depp nennt.“
Das Programm zielt vor allem auf bürgerliche Wähler: "Viele haben sich von CDU/CSU und der FDP wegen der Wirtschaft und Infrastruktur abgewandt. Sie wählen aktuell oft AfD. Genau diesen Menschen wollen wir ein Angebot der politischen Mitte machen – ein sozialmarktwirtschaftliches und freiheitliches.“
Eine INSA-Umfrage zeigte im September, dass 45 % der Befragten Bedarf für eine neue Partei der politischen Mitte oder rechts der Mitte sehen.
Mit der Kettensäge gegen Bürokratie
Als Vorbild hält Argentiniens Präsident Javier Milei her. "Wir wollen die Kettensäge an die Bürokratie anlegen“, sagt Kemmerich. Auch für Elon Musk und dessen Programm DOGE hegt er Sympathie.
"Bestimmte Dinge laufen bei der Trump-Regierung gut, zum Beispiel, dass Trump sich der Cancel Culture und wokem Gedankengut entgegenstellt.“ Es sei wichtig, unterschiedliche Meinungen haben zu dürfen und sie auszuhalten.
Umdenken will die Partei ebenfalls in der Asyl- und Migrationspolitik. Sie soll beendet werden. In ihrem Parteiprogramm heißt es, sämtliche "Pull-Faktoren", etwa Sozialleistungen, sollten abgeschafft werden. Stattdessen sollen Geflüchtete ausschließlich Sachleistungen erhalten.
Und auch sonst will das Team Freiheit vieles anders machen – angefangen bei sich selbst. Die Bewegung teilt sich in Verein und Partei: "In den Verein kann jeder eintreten, der sich engagieren will. Sie können allerdings keine Mandatsträger werden.“
Für Wahlen aufgestellt werden sollen statt Berufspolitikern unabhängige Fachleute, die aus Überzeugung antreten. Bemerkenswert: Frauke Petry und Thomas Kemmerich sind selbst keine Mitglieder der Partei.
Finanziert wird das Team Freiheit durch Spenden. Ein siebenstelliger Betrag sei bereits zusammengekommen, bemerkt Kemmerich.
Weg mit der Brandmauer
Aufsehen erregte der geborene Aachener zuletzt mit einem X-Post, in dem er sich gegen die Brandmauer zur AfD aussprach. "Das Thema bewegt mich schon seit Längerem – seit der Wahl zum Ministerpräsidenten von Thüringen.“ Damals wurde er mit Stimmen der AfD in das Amt gewählt. Auf Druck von Ex-Bundeskanzlerin Angela Merkel sowie dem damaligen FDP-Parteichef Christian Lindner trat Kemmerich kurz nach seiner Wahl zurück.
"Man muss streng an der Sache arbeiten. Wer zustimmt und wer mit wem abstimmt, ist egal“, sagt er heute. "Nur so können Probleme gelöst werden.“ Trotzdem gebe es rote Linien: "Der Dexit ist zum Beispiel eine solche rote Linie.“ Gemeint ist mit Dexit der Austritt aus der Europäischen Union.
Offen zeigt sich Kemmerich auch für Zusammenarbeit mit den Linken: "Es kommt auf die Sachfrage an, und wenn die Linkspartei wider Erwarten uns zustimmen will, ist sie herzlich eingeladen.“
Unterstützung von ehemaligen Kollegen
Unterstützung bekommt Kemmerich von alten Weggefährten: "Mit vielen ehemaligen Kollegen von früher habe ich noch Kontakt. Viele sind an unserem Konzept interessiert. Es wird noch Überraschungen geben.“
Für eine erste Überraschung sorgte bereits die Spitzenkandidatin für die baden-württembergische Landtagswahl im März 2026: die Ex-FDP-Politikerin Sarah Zickler, ehemalige Reutlinger FDP-Kreisvorsitzende und Stadträtin. Zudem konnte das Team die frühere Grünen-Politikerin Alexandra Alth gewinnen.
Für das Team Freiheit wird die Landtagswahl die Feuerprobe – die erste Bewährungsprobe an der Wahlurne. Auch in Rheinland-Pfalz wollen sie im kommenden Jahr antreten. Die Vorbereitungen laufen bereits.