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Mit neuer sauberer Aquakultur bedrohte Meeresarten retten

Mit Unterstützung von The European Commission
Mit neuer sauberer Aquakultur bedrohte Meeresarten retten
Copyright Denis Loctier, Euronews
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Von Denis LoctierSabine Sans
Zuerst veröffentlicht am
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Die neuen Methoden der sauberen Aquakultur können helfen, die reiche Vielfalt des Unterwasserlebens an unseren Küsten wiederzubeleben.

Viele Meeresarten sind akut bedroht - von Überfischung über Verschmutzung bis hin zum Klimawandel. Welche Rolle spielen Aquakulturen bei der Wiederherstellung der Gesundheit der Meere? Kann man bedrohten Meerestieren helfen, indem man einige von ihnen an Land züchtet? Das ist das Thema dieser Ocean-Folge.

Die heiße und sonnige Küste Andalusiens ist die Heimat einer lokalen Art von Seeanemonen. "Anemonia sulcata" spielt eine wichtige Rolle im Ökosystem der Küste, zeigt vielversprechende pharmazeutische Eigenschaften und die lokale Küche hat längst ihre gastronomischen Vorzüge entdeckt - die Wachsrose steht auf den Speisekarten vieler Restaurants.

"Dank seiner Vielseitigkeit wird dieses Produkt in unserer Gegend sehr oft verwendet", erzählt Chechu González, Koch im "María de la O"-Restaurant. "Es hat einen sehr ursprünglichen starken Meeresgeschmack, das eröffnet viele kulinarische Möglichkeiten."

Seeanemonen zuzubereiten ist einfach: Man wälzt sie in Mehl und frittiert sie für eine Minute in heißem Olivenöl. Unter der knusprigen Kruste bleiben die Anemonen weich und saftig. Chechu González meint:

"Leute, die sie zum ersten Mal probieren, sind erstaunt, sowohl über den Geschmack als auch über die sehr gallertartige Textur der Anemonen. Wenn man sie nicht kennt, ist es eine überraschende und sehr genussvolle Erfahrung!"

Die Kombination aus Avocadocreme, Fenchelscheiben, Queller und Knoblauchblüten ergänzt das Gericht und macht die Kreation von Küchenchef Chechu González zu einer wahren Delikatesse.

Seeanemonen züchten, um die Art zu erhalten

Ana Esther Ortiz züchtete die Seeanemonen im Rahmen des "Ortimar"-Projekts - ein Teil des großen EU-finanzierten Programms "Pleamar". Ziel ist es, die rückläufigen Bestände der Anemonen wiederherzustellen.

"Bislang stammen alle Anemonen, die Verbraucher auf dem Markt und in Restaurants kaufen können, aus der Kleinfischerei", erklärt Ana Esther Ortiz Maldonado, Leiterin der Aquakultur-Anlage, iMare Natural. "Das hat zu einem erheblichen Rückgang der Bestände in ihrem natürlichen Lebensraum geführt. Wir brauchen einen guten Managementmechanismus, denn ohne diesen wird diese Art irgendwann als vom Aussterben bedroht gelistet werden."

Gemüsegewächshäuser bedecken weite Teile der spanischen Mittelmeerküste, aber in ihrer Mitte findet man eine ganz andere Art der Landwirtschaft. In der Vergangenheit wurden diese Tanks für die Fischzucht genutzt. Doch heute sind sie Teil eines Experiments.

Meereslebewesen an Land züchten

Ein Spin-Off der Universität von Granada, iMare Natural, hat einen effektiven und nachhaltigen Weg gefunden, Seeanemonen zu züchten.

"Hier züchten wir sie, vermehren sie und bieten ihnen die bestmöglichen Bedingungen, bevor wir sie wieder ins Meer aussetzen", sagt Ana Esther Ortiz Maldonado.

Die Forscher entnahmen 100 Anemonen aus dem Meer und vermehrten sie durch ungeschlechtliche Vermehrungsmethoden um das Fünffache. Anemonen sind sehr anspruchsvoll, was die Wassertemperatur und -zusammensetzung angeht. Die Wissenschaftler stellten Bedingungen nach, die den natürlichen Lebensräumen ähneln, und minimierten so eines der Hauptprobleme der Aquakultur: die Verschmutzung durch Nährstoffe und Chemikalien.

Die Reduzierung von Abfällen ist oft eine Herausforderung für Aquakulturanlagen. Wie begegnen die Wissenschaftler diesem Problem in Ihrem geschlossenen System, will euronews-Reporter Denis Loctier wissen. Ana Esther Ortiz Maldonado erklärt:

"Wir haben ein kleines marines Ökosystem, in dem einige Arten die organischen Abfälle anderer Arten nutzen, um das System komplett sauber zu halten. Das reduziert den CO2-Fußabdruck, den Bedarf an Meerwasser und auch den Energiebedarf."

Das könnte auch der Landwirtschaft helfen: Salicornia, der sogenannte "Meeresspargel", gedeiht in demselben Salzwasser, das auch Meerestiere und Mikroalgen nutzen. Die Aquakultur-Forscherin bei iMare Natural Marta Delgado Herrera erklärt:

"Diese Pflanze nimmt durch das Wurzelsystem, das man hier sieht, die Nährstoffe aus dem Tankwasser auf und reinigt es von überschüssigem Stickstoff. Und das saubere Wasser geht durch diese Rohre zurück in den Tank."

Dieser Ansatz, bekannt als "integrierte multitrophische Aquakultur", ermöglicht es, marine Arten mit minimaler Umweltbelastung zu züchten.

Eine vielversprechende Methode für die zukünftige Entwicklung der europäischen Fischzucht: Die neuen strategischen Richtlinien der EU für diesen Sektor legen einen besonderen Schwerpunkt auf ökologische Nachhaltigkeit und Innovation in der Aquakultur.

Aussetzen gezüchteter Anemonen im Meer

Ana und Marta setzen eine neue Charge ihrer gezüchteten Anemonen im Meer aus, direkt neben den beliebten Stränden von Almuñécar. Das ist ein sehr guter Ort dank der dort herrschenden Umweltbedingungen: viel Licht, sehr flaches Wasser, felsige Umgebung.

Beim Tauchen im warmen Küstenwasser sieht man Felsen, die mit blühenden Anemonen bedeckt sind. Das deutet auf hervorragende Bedingungen für ihre Kolonien hin. Aber ein Stück weiter weg finden Ana und Marta kahle Felsen. An solchen Stellen versuchen sie, neue künstliche Kolonien anzusiedeln.

"Die Anemonen bleiben an denselben Kalkscheiben hängen, auf denen sie in der Aquakultur-Anlage gewachsen sind. Wir platzieren sie auf diesen Scheiben unter den Felsen, unter dem Sand, damit die Anemonen von dort aus ihren Kolonisationsprozess fortsetzen können", so Ana Esther Ortiz Maldonado. "Die gleiche Technologie, die wir bei den Anemonen eingesetzt haben, kann auf andere Arten von wirbellosen Tieren extrapoliert werden - Seeigel, Seesterne, Seegurken und Schwämme, die ebenfalls in den Bereichen Biomedizin und Biotechnologie verwendet werden - auch mit ihnen kann man auf diese Weise verfahren."

An der Universität von Granada untersucht ein Team von Physiologen unter der Leitung von Professorin Amalia Pérez Gewebeproben von Anemonen, die unter verschiedenen Bedingungen aufgezogen wurden. Den Forschern zufolge zeigen Tiere, die in einem multitrophischen Mini-Ökosystem aufgezogen werden, ein natürlicheres Stressniveau als Tiere aus artreiner Aquakultur.

"In der multitrophischen Aquakultur gibt es vielfältige Interaktionen zwischen verschiedenen Arten und das kommt dem Tier zugute, denn das ähnelt den natürlichen Bedingungen", so die Professorin für Tierphysiologie an der Universität von Granada . "Natürlich ist es nicht genau das Gleiche, aber das Ziel ist es, sie so ähnlich wie möglich zu machen."

Mit Seeanemonen Krebs heilen

Die weitere Erforschung von Anemonen könnte den Weg zur Heilung von Krebs und anderen Krankheiten eröffnen: Biomedizinische Experimente unter der Leitung von Laura Cabeza zeigen, dass der Extrakt bestimmter Verbindungen dieser wirbellosen Tiere das Wachstum von Krebstumoren in vitro stoppen kann. Die Biomedizinerin an der Universität von Granada sagt:

"Wir untersuchen, wie effektiv dieser Extrakt bei der Abtötung von Tumorzellen ist. Wir arbeiten speziell an Dickdarmkrebs, aber wir schließen nicht aus, es auch auf andere Tumorarten auszuweiten."

Seeanemonen zu erhalten ist eine herausfordernde Aufgabe, bei der es vor allem darum geht, ihre abnehmenden Bestände vor übermäßiger und illegaler Entnahme aus dem Meer zu bewahren. 

Die Arbeit von Forschern und Aktivisten kann zusammen mit den neuen Methoden der sauberen Aquakultur dazu beitragen, die reiche Vielfalt des Unterwasserlebens an unseren Küsten wiederzubeleben.

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