Neben den aktuellen Klimadaten geht es in diesem Climate Now um die Rolle des Klimawandels bei Extrem-Wetterereignissen.
Die Überschwemmungen in Deutschland und Belgien in diesem Jahr gelten vielen als ein Weckruf für die Macht der globalen Erwärmung, die extreme Wetterereignisse verstärkt. Welche Rolle spielt der Klimawandel bei diesen Katastrophen? Das ist das Thema dieser Climate-Now-Folge.
Der Klimawandel macht extreme Wetterereignisse wahrscheinlicher: Das zeigt unsere Reportage aus Altenahr, einer deutschen Stadt, die von den Überschwemmungen im Juli verwüstet wurde.
Atuelle Klimadaten
Aber zuerst die aktuellen monatlichen Zahlen des Copernicus Climate Change Service.
Beginnen wir mit einem Blick auf die Nordpolregion: Der September ist der Monat, in dem das arktische Meereis nach dem Sommer seinen niedrigsten Stand erreicht.
Das Bild ist gemischt: Bei der rot hervorgehobenen Grönlandsee gab es im vergangenen Monat ein Rekordminimum an Eis, aber nördlich von Alaska wurde sogar ein 15-Jahres-Hoch erreicht.
Werfen wir einen Blick auf die Temperaturanomalien des vergangenen Monats.
Es war einer der vier wärmsten September seit Beginn der Aufzeichnungen, mit Temperaturen, die 0,4 Grad Celsius über dem Durchschnitt von 1991-2020 lagen.
In weiten Teilen Kanadas und der USA sowie hier in Lateinamerika, wo eine anhaltende Dürre herrschte, war es wärmer als im Durchschnitt.
Auch in Westafrika, Zentralasien und Teilen Chinas war es wärmer als im Durchschnitt.
In Europa kann man feststellen, dass der Kontinent von Ost nach West zweigeteilt war. Großbritannien erlebte den zweitwärmsten September seit Beginn der Aufzeichnungen. Da es aber in Osteuropa relativ kühl war, lag der Kontinent als Ganzes im vergangenen Monat 0,2 Grad unter dem Durchschnitt.
Nun zu unserem Bericht über die Rolle des Klimawandels bei den tödlichen Überschwemmungen, die im Juli in Deutschland und Belgien über 220 Menschen das Leben kosteten.
Die globale Erwärmung hat zur Folge, dass solche extremen Niederschläge intensiver und häufiger auftreten werden.
Altenahr stellt sich der neuen Realität
Jeremy Wilks hat sich im deutschen Altenahr angesehen, wie man sich dieser neuen Realität stellt:
Zerstörte Brücken und Häuser - in Altenahr sind die Aufräumarbeiten in vollem Gang, und man beschäftigt sich mit der Frage wie und was wiederaufgebaut werden kann.
Bei dem Hochwasser Mitte Juli waren mehrere Tausend Gebäude im Ahrtal beschädigt oder zerstört worden, mehr als 134 Personen kamen ums Leben, mehr als 760 wurden verletzt.
Am 14. Juli gab es in ganz Europa außergewöhnlich starke Regenfälle, die auf bereits gesättigte Böden fielen.
Bürgermeisterin Cornelia Weigand zeigt dem Reporter die Folgen der Überschwemmungen:
_"Hier nebenan bei dem Baum stand ein Haus, was völlig in den Fluten zusammengebrochen ist und wo leider auch Menschen verstorben sind, die in dem Haus waren. Und da wird es nur langsam begreifbar, was die Flut eigentlich mit uns gemacht hat."
_
Der starke Regen war vorhergesagt und es gab eine Hochwasserwarnung. Doch das Wasser stieg viel höher als angesagt - stellenweise bis zu 10 Meter.
"Dieser Fluss führt eigentlich recht häufig Hochwasser, Hochwasser von zwei oder drei Metern sind etwas, was die meisten Menschen hier im Laufe ihres Lebens erwarten", so Jeremy Wilks vor Ort und zeigt ein betroffenes Gebäude. _"Was im Juli dieses Jahres geschah, war völlig undenkbar - das Hochwasser drang in diesem Gebäude über das Erdgeschoss hinaus und bis zur Hälfte des zweiten Stocks vor."
Nichts ist mehr wie es war - diese Worte versuchen das Unfassbare zu beschreiben: Auf der Internetseite der Verbandsgemeinde Altenahr gibt es eine Spendenaktion für die Flutopfer.
_
Viele Faktoren führten zur Katastrophe
Viele Faktoren haben zu der Katastrophe geführt - der nasse Frühling führte dazu, dass der Regen nicht versickerte, sondern zu Überflutungen führte und Trümmer mit sich riss. Aber auch der Klimawandel spielt eine Rolle. Aufgrund der globalen Erwärmung ist die Wahrscheinlichkeit derartiger Starkregen in Westeuropa bis zu 9-mal größer geworden.
Experte Tobias Fuchs erklärt einen der Gründe dafür: "Je mehr, je wärmer es ist, umso mehr Wasser kann die Luft aufnehmen", so der Leiter der Klima- und Umweltberatung beim Deutschen Wetterdienst. _"Etwa 1 Grad wärmere Luft kann etwa 7 Prozent mehr Wasserdampf aufnehmen, Und das, was in der Atmosphäre ist, kommt früher oder später als Niederschlag wieder herunter. Und wenn wir dann sehr langsam ziehende Tiefdruckgebiete haben, können sich dann innerhalb von kurzer Zeit solche Flutwellen aufbauen, wie wir sie hier jetzt erlebt haben Mitte Juli."
_
Wie sollte der Wiederaufbau aussehen?
Bürgermeisterin Cornelia Weigand möchte, dass ihre Stadt ein Beispiel für die Widerstandsfähigkeit gegen Überschwemmungen in einem sich ändernden Klima wird:
"Es wäre sinnvoll, das hier als Modellregion zu sehen, als Modellregionen: Wie kann man einen besseren Hochwasserschutz für solche Täler hinbekommen? Wie mache ich die Wasserlenkung und wie kann ich in solchen Flusstälern bauen, sodass die ganze Bebauung widerstandsfähiger gegen solche Sturzfluten wird?"
Hochwasser geht alle etwas an
In Altenahr hat sich bereits einiges getan: Die Verbandsgemeinde hat mit ingenieurtechnischer Unterstützung ein Hochwasservorsorgekonzept für die Ortsgemeinden erstellt. Damit folgte man der Empfehlung des Landes Rheinland-Pfalz, im Falle eines Hochwasserereignisses in den betreffenden Bereichen für den Ernstfall gerüstet zu sein.
In einem ersten Schritt der Ortsbegehung wurden ortsspezifische Probleme erkannt und protokolliert. Aufbauend auf diesen und weiteren Erkenntnissen, vor allem auch durch die Hochwasserereignisse im Sommer 2016 wurden gemeinsam mit Ortskundigen und weiteren Wissensträgern Maßnahmenvorschläge erarbeitet. Daneben bildet die Information der Bürger einen wesentlichen Bestandteil der Hochwasservorsorge: Denn trotz aller Vorkehrungen, sich für künftige Extremereignisse zu wappnen, ist ein hundertprozentiger Schutz nicht möglich.