100 Jahre geteiltes Irland: keine Feierlichkeiten, keine Provokationen

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Von Tadhg Enright
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Heute, am 3. Mai vor 100 Jahren, ist das Gesetz in Kraft getreten, das Irland geteilt hat - für britische Loyalisten ein Tag zum Feiern, für irische Nationalisten ein trauriger Tag.

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Heute am 3. Mai vor 100 Jahren ist das Gesetz in Kraft getreten, das Irland geteilt hat. Doch die lange Zeit scheint die Wunden der Spaltung nicht geheilt zu haben. Die britischen Loyalisten feiern den Geburtstag von Nordirland. Für irische Nationalisten ist es ein Tag der Traurigkeit.

Nachdem eine Generation die Vorteile des Friedensabkommens von 1998 erlebt hat, gibt es aufgrund der Auswirkungen des Brexit und der sich verändernden Bevölkerung neue Sorgen um die Stabilität des Landes.

Stephen Gough ist Mitglied der Community der britischen Loyalisten: "Ich möchte die Entstehung Nordirlands feiern, den Beitrag, den Nordirland in der Welt geleistet hat. Ja, wir haben unsere Probleme gehabt, niemand bestreitet das. Aber nennen Sie mir ein demokratisches Land auf der Welt, das keine Probleme hatte."

Jüngste Unruhen bereiten Sorgen

Mit Blick auf die nächsten 100 Jahre meint Stephen Gough: "Einige sagen, dass wir in zehn Jahren Teil eines vereinigten Irlands sein werden. Ich glaube das nicht. Aber deshalb ist es wichtig, dass wir uns zusammensetzen und daran arbeiten, Nordirland zu einem besseren Land zu machen, als es ist."

Der Lockdown wegen des Coronavirus ist aufgehoben, der Weg wäre also frei für Hundertjahrfeierlichkeiten. Aber es sind keine großen Veranstaltungen geplant. Die Behörden wollen die jüngsten Unruhen, die wegen des Brexit-Handelsabkommens ausgelöst wurden, nicht erneut entfachen.

Duncan Morrow von der Universität von Ulster meint, dass beide Seiten Grund zur Kritik finden können, auch die, die Feierlichkeiten vermissen: "Gewalt entsteht schnell in Nordirland, das haben wir gesehen. Man wird sicher darauf achten, die Leute nicht zu provozieren. Andererseits gäbe es auch einige, die sich provozieren lassen, wenn es nichts gäbe."

Die Narben des Konflikts sind nicht verblasst. Die so genannten Friedensmauern in Belfast halten die rivalisierenden Gruppen auseinander.

Die Dinge sind in Bewegung

Dieser Staat wurde aus Irland herausgeschnitten, um eine pro-britische Mehrheit zu schaffen, aber seine Dominanz schwindet, meint Duncan Morrow: "Ich glaube nicht, dass es in 100 Jahren noch so sein wird. Die Demografie ändert sich. Die Politik verändert sich. Ob es ein vereinigtes Irland sein wird oder irgendetwas, was wir uns noch nicht vorstellen können - aber die Dinge sind auf jeden Fall in Bewegung."

Tausende Familien haben geliebte Menschen durch immer wieder aufkeimende Gewalt in Nordirland verloren. Erst vor zwei Jahren wurde Saras Partnerin, die Journalistin Lyra McKee, von irisch-nationalistischen Terroristen erschossen, als sie über Unruhen in der Stadt Derry berichtete.

Sara Canning: "Es gibt sehr wenig zu feiern in Nordirland. Es war von Anfang an ein sehr problematischer Staat. Wenn man ihm mehr Zeit gibt, könnte es sich vielleicht ändern."

Raum für Verbesserungen am Friedensabkommen

Sara meint, dass die Machtteilung im Abkommen vor 23 Jahren die Spaltung weiter angeheizt hat. Das Karfreitagsabkommen sei gealtert, sagt sie.

"Ich denke, dass es Raum für Verbesserungen gibt. Die Leute sagen immer wieder, dass sie es nicht mehr anfassen wollen, aber ich denke, dass es geändert werden muss, um das heutige Nordirland besser zu reflektieren. Es ist eine völlig andere Situation als noch vor 23 Jahren. Die Gemäßigten werden immer zahlreicher und hoffentlich auch lauter. Was das Problem ist: es sind die extremsten Stimmen, die hier gehört werden."

Das Abkommen hat einen großen Teil der Gewalt beendet, aber es hat die Kluft nicht überbrückt.

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