Der Hafen Antwerpen-Brügge strebt Klimaneutralität bis 2050 an

Mit Unterstützung von The European Commission
Der Hafen Antwerpen-Brügge strebt Klimaneutralität bis 2050 an
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Von Denis LoctierSabine Sans
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Antwerpen-Brügge, ein Schwergewicht in Sachen CO₂-Fußabdruck, will sich zum nachhaltigsten Hafen der Welt entwickeln. Neue Technologien machen das möglich.

Der Hafen Antwerpen-Brügge hat ein klares Ziel: Er soll der erste Hafen der Welt werden, der Wirtschaft, Menschen und Klima in Einklang bringt.

"Häfen stehen im Zentrum des globalen Handels, sie verbinden die Welt und treiben Wirtschaftswachstum an. Aber mit dieser Macht kommt ein Problem: Häfen haben einen enormen Kohlenstoff-Fußabdruck", erklärt euronews-Reporter Denis Loctier

Bereits vor der kürzlich erfolgten Fusion mit dem Hafen von Antwerpen war der belgische Hafen Zeebrugge der weltweit wichtigste Hafen für den Autoumschlag. Die großen Schiffe, die hier anlegen, erzeugen ihren Strom durch die Verbrennung von Treibstoff. Doch in naher Zukunft beziehen diese Schiffe saubere Energie aus neuen Windturbinen - eine nachhaltige Lösung, perfekt für die windige Gegend Belgiens. 

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Hafenterminals können ihre eigene Sonnen- und Windenergie erzeugen und ihre Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen und dem Stromnetz verringernEuronews

"Die ersten Windturbinen in Europa wurden in Zeebrugge aufgestellt. Wir waren schon immer ein Pionier in dieser Hinsicht. Diese 54 Windturbinen versorgen 100.000 Haushalte mit grüner Energie", erklärt Dries De Smet, Berater für nachhaltige Energie, Hafen von Antwerpen-Brügge. "Ein großer Teil dieser Energie wird direkt von den Terminals und den Unternehmen verbraucht. Deshalb können sie einen Großteil ihrer Aktivitäten ohne_CO₂-Emissionen durchführen."_ 

Ziel: zu einem der nachhaltigsten Häfen der Welt zu werden

Der Hafen Antwerpen-Brügge - einer der größten in Europa - hat das Ziel, einer der nachhaltigsten Häfen der Welt zu werden: Der Euroterminal Antwerpen stellt auf LED-Beleuchtung um, deckt die Dächer mit Solarpaneelen und wäscht Container und Autos mit Regenwasser - all das zusätzlich zur Windenergie. Der Wind weht in Antwerpen nicht sehr konstant und die Sonne scheint nicht immer, aber der Terminal setzt neue Batteriespeicher ein - dank des EU-Projekts PIONEERS. Das Terminal bezieht jetzt 86 % seiner Energie aus grünen Quellen, was zu besser kalkulierbaren Betriebskosten führt. 

"Wir sehen sofort die Auswirkungen des Einsatzes erneuerbarer Energien, denn die Strompreise sind im vergangenen Jahr in die Höhe geschossen, sodass wir sofort von unseren Bemühungen profitieren", sagt Yves De Larivière, Geschäftsführer des Antwerpener Euroterminal. "Unsere Kunden wollen unseren ökologischen Fußabdruck sehen. Wenn es heute noch keinen wirtschaftlichen Nutzen gibt, dann in naher Zukunft. Ich hoffe, dass wir bereit sein werden."

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Der Hafen Antwerpen-Brügge, der Standort von Europas größtem integrierten Öl- und Gascluster,will Europas Drehscheibe für grünen Wasserstoff werdenEuronews

Der Hafen Antwerpen-Brügge trägt 4,5 % zum belgischen Bruttoinlandsprodukt bei. Er bietet mit seinen Frachtterminals, Distributionszentren und Europas größtem Chemiecluster über 160.000 Arbeitsplätze. Seine CO₂-Emissionen belaufen sich auf 17 Millionen Tonnen pro Jahr - das will man ändern und bis 2050 klimaneutral werden. 

"Wir haben ein großes Kohlenstoffproblem, wir sind für mehr als 10 % des Kohlenstoff-Fußabdrucks von Belgien verantwortlich", so Guy Janssens, Leiter Corporate Affairs, Hafen Antwerpen-Brügge. "Wir sind eine sehr energieintensive Plattform mit einem hohen Bedarf an Brennstoffen, Strom, Rohstoffen und Wärme. Unser Hauptziel ist es, die wettbewerbsfähige Plattform von Weltklasse zu bleiben, aber mit einer Netto-Null-Auswirkung auf lange Sicht."

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Der Hafen Antwerpen-Brügge trägt 4,5 % zum belgischen BIP bei und verursacht fast 10 % der nationalen CO2-EmissionenEuronews

Dieses Ziel will man mit der Abscheidung, Speicherung und Wiederverwendung von CO₂ aus der Industrie erreichen. Zudem will man von fossilen Brennstoffen auf Alternativen wie Wasserstoff umstellen, der mit erneuerbaren Energiequellen hergestellt werden kann und somit CO₂-neutral ist. In Zukunft soll der Hafen zu einer internationalen Drehscheibe für grünen Wasserstoff werden. Der PSA-Containerterminal experimentiert bereits mit alternativen Kraftstoffen, einschließlich Wasserstoff. Die Container werden hier mit mehr als 100 Fahrzeugen, den sogenannten "Straddle Carriern", transportiert. Deren Dieselmotoren verursachen erhebliche Emissionen. Im Rahmen des PIONEERS-Projekts wurde einer der Van-Carrier mit einem Hybridsystem nachgerüstet, das Diesel mit Wasserstoff kombiniert und so die Gesamtemissionen senkt. Das Experiment wird zeigen, wie diese Technologie in größerem Maßstab eingesetzt werden kann, so Bart Paijmans, Manager für nachhaltige Lösungen, Antwerp Terminal Services: "Die Methode, die wir hier einsetzen, nennen wir Dual-Fuel-Technologie. Wir mischen Wasserstoff und Diesel im vorhandenen Motor. Die Dual-Fuel-Anwendung ermöglicht es uns, die vorhandenen Maschinen zu nutzen, aber auch die Wasserstoffinfrastruktur schrittweise aufzubauen. Die haben wir heute noch nicht. Das bedeutet, dass wir bei einem Problem mit der Wasserstoffversorgung immer noch die Möglichkeit haben, auf Diesel zurückzugreifen." 

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Ein Straddle Carrier am Terminal von PSA Antwerpen mit einer emissionsmindernden Hybridantriebstechnologie mit einem dualen Wasserstoff-Diesel-KraftstoffsystemEuronews

Der grüne Masterplan für Häfen

An dem vom Hafen Antwerpen-Brügge koordinierten PIONEERS-Projekt sind auch die Häfen von Barcelona in Spanien, Constanta in Rumänien und Venlo in den südlichen Niederlanden beteiligt. Man arbeitet an verschiedenen Strategien für Häfen, damit sie ihre Umweltauswirkungen verringern und gleichzeitig wettbewerbsfähig bleiben - im Einklang mit den Zielen des Europäischen "Green Deal". 

"Jeder Hafen bietet ein einzigartiges Hafenökosystem", sagt PIONEERS-Projektkoodinatorin Inge De Wolf.  . "Wir können voneinander lernen, auch durch die Interaktion mit der Hafengemeinschaft und den Hafenakteuren. Wir konzentrieren uns auf saubere Energieerzeugung und -versorgung sowie nachhaltige Hafengestaltung. Wir befassen uns auch mit den Verkehrsströmen, mit der Optimierung der Verkehrsströme von Gütern und Passagieren sowie mit dem digitalen Wandel. Am Ende des Projekts wollen wir einen grünen Hafen-Masterplan liefern, der für Häfen in ganz Europa und darüber hinaus verwendet werden kann." 

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Inge De Wolf koordiniert das Projekt PIONEERS, das einen Masterplan entwickelt, um Europas Häfen grüner zu machenEuronews

Digitale Technologien verbessern die Effizienz von Häfen und führen zu weniger Verschmutzung und Abfall. Über Kameras, Luftqualitätssensoren und andere Geräte, die im gesamten Hafen installiert sind, sind Daten in Echtzeit verfügbar. Teilautonome Drohnen nutzen Algorithmen des maschinellen Lernens, um das Gebiet zu scannen und schwimmende Abfälle oder Ölverschmutzungen zu erkennen. Die Hafenbehörde kann sofort auf jede Quelle von Luftverschmutzung reagieren, sei es ein Industriestandort oder ein Schiff.

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Mit Sensoren ausgestattete Drohnen und andere intelligente Geräte ermöglichen es den Hafenbehörden, Verschmutzungsquellen schnell zu erkennen und darauf zu reagierenEuronews

Auch Schiffe werden digitalisiert. Seafar, ein weiterer Projektteilnehmer, rüstet Binnenschiffe mit Kameras und anderen Sensoren für die Fernsteuerung aus. Diese Kapitäne steuern ihre Schiffe, indem sie auf Bildschirme im Büro schauen. Eine bequemere Art zu arbeiten, die auch Vorteile für die Umwelt bietet: 

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Das belgische Unternehmen Seafar bietet die Fernsteuerung von Binnenschiffen an und stützt sich dabei auf Sensoren und NavigationssystemeEuronews

"Mit all diesen gesammelten Informationen und Daten von den Geräten können wir unter anderem eine Routen- und eine Geschwindigkeitsoptimierung anbieten", erklärt Ghazaleh Kia, F&E-Projektleiterin bei Seafar. "Wenn uns diese Optionen zur Verfügung stehen, können wir den Kraftstoffverbrauch senken, was zu einem geringeren CO2-Fußabdruck und mehr umweltfreundlicher Fracht führt."

Nicht zuletzt kann auch die Art und Weise, wie sich Menschen in Häfen bewegen, einen großen Einfluss auf die Emissionen haben. Von schweren Lastwagen und Güterzügen bis hin zu den Privatfahrzeugen der Beschäftigten tragen alle zur Gesamtverschmutzung bei. Antwerpen hat sich zum Ziel gesetzt, dass mindestens die Hälfte der Einwohner nachhaltige Verkehrsmittel nutzt. Die Stadt arbeitet mit der Hafenbehörde zusammen, die 40 Millionen Euro investiert hat, um alle Unternehmen im Hafengebiet an einen sicheren Fahrradweg anzuschließen. Die enge Verbindung des Hafens mit der Vergangenheit und der Gegenwart Antwerpens spiegelt sich in der Sammlung des MAS-Museums wider. Dort treffen wir Steven Windey, der bei der Stadt Antwerpen für grüne Pendlerprojekte zuständig ist. 

"Der Hafen ist ein Teil der Stadt, vor allem, wenn wir über Mobilität sprechen. Innerhalb der kommenden zehn Jahre wird jede Firma im Hafen einen Fahrradweg bis zum Tor des eigenen Geländes erhalten", meint Steven Windey, Mobilitätsberater der Stadt Antwerpen. "Wir wollen die Stadt aktiver, intelligenter, erreichbarer und lebenswerter machen."

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Naturgebiete in der Nähe des belgischen Hafens von Antwerpen-BrüggeEuronews

Die Industrie steht erst am Anfang ihres Weges zum umweltfreundlichen Hafen der Zukunft, um Emissionen zu reduzieren und gleichzeitig die Wirtschaft anzukurbeln. Aber da Europa bis 2050 klimaneutral sein will, ist das Ziel fest umrissen.

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