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Beliebt durch TikTok: Rechtspopulisten ziehen junge Menschen in ihren Bann

Jordan Bardella, Vorsitzender der rechtsextremen Nationalen Sammlungsbewegung, verlässt am Montag, den 10. Juni 2024, die Parteizentrale in Paris.
Jordan Bardella, Vorsitzender der rechtsextremen Nationalen Sammlungsbewegung, verlässt am Montag, den 10. Juni 2024, die Parteizentrale in Paris. Copyright Thomas Padilla/Copyright 2024 The AP. All rights reserved.
Copyright Thomas Padilla/Copyright 2024 The AP. All rights reserved.
Von Pilar Montero LopezDiana Resnik
Zuerst veröffentlicht am
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Dieser Artikel wurde im Original veröffentlicht auf Englisch

Junge Menschen finden, dass von traditionellen Parteien wenig zu erwarten ist. Auch die rechtspopulistischen Parteien bieten oft keine Lösungen an. Dafür aber unterhaltsame TikTok-Posts. Die AfD ist damit auf Erfolgskurs.

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Nach den Europawahlen hat das Europäische Parlament einen Rechtsruck erfahren und laut den Ergebnissen gilt das auch für die neue Generation der europäischen Wähler.

Sowohl die rechtspopulistische Fraktion Identität und Demokratie (ID) als auch die Europäischen Konservativen und Reformisten (EKR) werden in den nächsten fünf Jahren mehr Einfluss im Europäischen Parlament ausüben. Bei den EuropawahlenAnfang des Monats haben sie schließlilch neun bzw. sieben Sitze hinzugewonnen.

Junge Menschen spielten beim Erfolg der Rechtskonservativen bei Europawahl eine große Rolle

Daten der Denkfabrik ThinkYouth deuten darauf hin, dass junge Menschen eine große Rolle dabei gespielt haben. Die rechtspopulistische Alternative für Deutschland (AfD) konnte sich einen großen Anteil der Stimmen junger Menschen sichern, während in Frankreich etwa ein Drittel der jungen Menschen für die rechtspopulistische Rassemblement National (RN) und in Polen die Konföderation der Freiheit und Unabhängigkeit stimmten. Die polnische ultrakonservative Partei Recht und Gerechtigkeit erzielte 16 Prozent der Stimmen in dieser wichtigen Bevölkerungsgruppe.

"Die Abschaffung der Technokraten", "die Rückkehr zu einem Europa der Nationen", "die Eindämmung der Einwanderung und die Schwächung der ineffektiven und korrupten traditionellen Parteien" sind einige der Argumente, die junge Menschen anführen.

Ein Sprungbrett in die nationale Politik

Enzo Alias, ein junger Anhänger der RN, hofft, dass die Partei von Marine Le Pen bei den bevorstehenden vorgezogenen Parlamentswahlen in Frankreich "Geschichte schreiben" und sich "als erste politische Kraft in Frankreich durchsetzen" wird.

Der französische Präsident Emmanuel Macron löste die Nationalversammlung auf und rief diese Wahlen aus, nachdem seine zentristische Renaissance (RE) bei den Europawahlen eine herbe Niederlage einstecken musste und mit großem Abstand hinter der RN-Partei landete, die über 31 Prozent der Stimmen erhielt.

Für Alias, der auch Vorsitzender der Jugendorganisation Patriots Network ist, deren Mitglieder mit rechtspopulistischen Parteien aus der ganzen Welt in Verbindung stehen, sagt, dass die Ergebnisse der RN bei den Europawahlen bestätigen, dass die Partei "bei jungen Menschen schon immer sehr beliebt war" und dass sie in der Lage war, das Segment zu erfassen, das ein "konservatives, patriotisches und sicherheitsorientiertes" Frankreich anstrebt.

Junge Menschen wollen ein "Europa der Nationen"

Gegenüber Euronews argumentiert er, dass RN daran arbeiten sollte, "die Europäische Union vollständig zu reformieren und die Technokraten aus dem Verkehr zu ziehen, um zu einem Europa der Nationen zurückzukehren, das die Souveränität jeder Nation respektiert".

"Ich setze mich für die Ideen der Partei ein, weil ich ein Patriot bin, der es nicht länger ertragen kann, zu sehen, wie sein Land untergeht, ohne dass unsere Regierung eingreift oder die Augen vor seinem Schicksal verschließt", fügt er hinzu.

Signe Vedersø Keldorff, Vorsitzende des Jugendflügels der rechtspopulistischen Dänischen Volkspartei (DF), ist ebenfalls der Meinung, dass sich die EU "aus dem täglichen Leben der Dänen heraushalten" sollte.

Die Partei, die von Morten Messerschmidt geführt wird, wurde 2015 die zweitgrößte politische Kraft in Dänemark, verlor dann aber an Popularität. Vedersø hofft, dass die guten Ergebnisse von ID und EKR dazu beitragen könnten, diesen Trend umzukehren.

"Viele Leute sehen uns als extremistische Partei", sagt sie gegenüber Euronews, "aber ich denke, wir werden missverstanden, weil wir nur eine sichere Politik für Dänemark wollen."

Das Korruptionsargument

Die spanische Newcomer-Partei Se Acabó La Fiesta, eine radikale Anti-System-Bewegung, hat es geschafft, sich zwei Sitze im Europäischen Parlament zu sichern, wobei der Kampf gegen politische Korruption ihr einziges wirkliches Wahlversprechen war.

Ihrem Anführer, Alvise Pérez ist es gelungen, über seinen Telegram-Kanal die junge und euroskeptische Wählerschaft anzusprechen.

Ein 29-Jähriger erzähhlte, dass Pérez für ihn "eine frische und direkte Alternative zu den traditionellen Parteien ist, die sich als ineffektiv und korrupt erwiesen haben". Außerdem, hat seine Präsenz in den sozialen Netzwerken eine direkte Verbindung zu dieser Generation geschaffen, die leere Versprechen satt hat und konkrete Taten sehen will, so der Wähler gegenüber Euronews,

Das Misstrauen dieses jungen Mannes gegenüber der EU ist auf ihre "übermäßige Bürokratie" und ihr Versagen beim "Schutz der Interessen der spanischen Bürger" zurückzuführen.

Der Wähler sieht Pérez' direkten Ansatz als das, "was wir brauchen, um echte Veränderungen herbeizuführen und die ersten Schritte zur Verbesserung der spanischen Wirtschaft zu unternehmen". Er hofft, dass seine Präsenz im Europäischen Parlament das Sprungbrett für eine "solide Landung (der Se Acabó La Fiesta) bei den spanischen Parlamentswahlen 2027 sein wird.

Rechte Gegenkultur

Junge Menschen fühlen sich von einer "charismatischen Führungspersönlichkeit" und "innovativer Kommunikation" angezogen, vor allem in den sozialen Netzwerken, wo sie "den Mut aufbringen, mit der politischen Korrektheit zu brechen", sagt Rita Matias, Vorsitzende des Jugendflügels der portugiesischen rechtspopulistischeb Partei Chega!

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Diese Partei erreichte bei den letzten portugiesischen Wahlen im März den dritten Platz, stieg von 12 auf 50 Abgeordnete und sicherte sich laut einer Instituto Universitário de Lisboa (ISCTE)-Umfrage ein Viertel der Stimmen bei den 18- bis 34-Jährigen. Bei diesen Europawahlen errang Chega! zwei Sitze, ein "unehrlicher" Vergleich, so Matias, der zum Europaabgeordneten gewählt wurde, "denn die Portugiesen fühlen sich von den europäischen Institutionen überhaupt nicht vertreten".

Nur 34,5 Prozent der portugiesischen Wähler haben an den Europawahlen teilgenommen. Nach Ansicht des 25-Jährigen sehen die neuen Generationen, dass "die Gegenkultur immer weiter nach rechts rückt", wo "es einen Bruch mit der einheitlichen Denkweise gibt" und man sagen kann, "was was man wirklich denkt".

Fehlende Vertretung der Jugend in den Institutionen

Für María Rodríguez Alcázar, Präsidentin der gemeinnützigen Vereinigung Europäische Jugendforum, steigt die Popularität dieser Parteien aufgrund "der Wahrnehmung, dass die traditionellen politischen Parteien versagen und nicht genug tun, umunser Leben zu verbessern". Die EU komme den jungen Wählern vor, wie ein fernes Gebilde, das sich nicht um die alltäglichen Sorgen der Bürger kümmert.

"Die rechtspopulistischen Parteien bieten keine Lösungen an, aber sie legen die Probleme auf den Tisch", sagt sie. "In diesem Spiel haben die pro-europäischen Parteien die Verpflichtung, den jungen Menschen zu erklären, wie die Institutionen funktionieren, um sie für die Demokratie zu gewinnen". Nach Ansicht des Europäischen Jugendforums könnte dies unter anderem durch eine bessere Vertretung der Jugend in den politischen Institutionen erreicht werden.

Unzufriedenheit und ein hohes Maß an Ängsten

"Die Jugend von heute ist unglücklicher als ältere Generationen", weil sie den Eindruck hat, dass die etablierten Parteien in sozialen Fragen versagt haben", erklärt Andrea Gerosa, Gründer des Think Young Think Tanks, gegenüber Euronews. Dies erklärt zum Teil, warum sie bereit sind, nach alternativen Lösungen zu suchen".

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"In allen EU-Mitgliedsstaaten sind mehr als sieben von zehn Befragten besorgt über die Lebenshaltungskosten; 82 Prozent sind besorgt über die Bedrohung durch Armut und Ungleichheit", sagt er und zitiert das Herbst-Eurobarometer 2022 des Europäischen Parlaments. Diese Daten "erklären, warum die jungen Menschen diese Sorgen durch rechtspopulistische Alternativen kanalisieren".

Gerosa glaubt, dass sich die jungen Europäer nach der COVID-19-Pandemie entrechtet fühlen. Er sieht auch einen Zusammenhang zwischen großen Ängsten und einem ideologischen Rechtsruck.

"In Frankreich zum Beispiel, wo ein deutlicher Rechtsruck zu beobachten ist, geben 32 Prozent der jungen Menschen an, dass sie sich Sorgen machen, wobei Kaufkraft und Gesundheit zu den Themen gehören, die ihnen am meisten Sorgen bereiten". Deshalb fühlen sie sich von populistischen Diskursen über Veränderungen und Versprechen, den Status quo zu verändern, angezogen", sagt er.

Schlagkräftige Kampagnen in den sozialen Medien

"Die Kombination von knallharten Botschaften mit gezielten Kampagnen kann eine starke Basis von Anhängern schaffen, unabhängig von sachlichen Ungereimtheiten", erklärt Gerosa. Perez' Anti-Migrations- und Anti-Korruptions-Kampagne auf Instagram und Telegram, bei der "Botschaften über wahrheitsgemäße Informationen triumphierten", sei ein klares Beispiel dafür, sagt er.

Die rechtsextreme Partei, der es am besten gelungen ist, junge Menschen strategisch anzusprechen, ist dem Experten zufolge jedoch die AfD.

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Die als "TikTok-Partei" bekannte Partei hat "mit leicht verständlichen und emotionalen Botschaften den Nerv der jungen Wähler getroffen" und erreicht nun "auf TikTok so viele junge Deutsche wie alle anderen Parteien zusammen", so Gerosa.

Think Young ist der Meinung, dass eine der effektivsten Möglichkeiten, extremistische und populistische Diskurse zu bekämpfen, darin besteht, Programme zu entwickeln, die das kritische Denken und die digitale Kompetenz unter jungen Menschen fördern und unterstützen.

"Die Ansicht, dass die europäische Jugend reaktionär geworden ist, ist im Moment vielleicht zu weit fortgeschritten. Im Moment ist es am besten, dies als Weckruf zu verstehen , dass junge Menschen in ganz Europa glauben, dass die etablierten Parteien keine ausreichenden Antworten und Lösungen für ihre Probleme bieten.

"Wenn die wichtigsten Themen, die junge Menschen beschäftigen, stabilisiert werden können, gibt es noch keinen Grund zu der Annahme, dass extremistische Diskurse der neue Status quo sein werden", so Gerosa.

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