Der ukrainische Botschafter Oleksii Makeiev unterstreicht, dass Korruption im Krieg nicht toleriert werden darf und eine klare Aufklärung unverzichtbar ist.
Der ukrainische Botschafter in Deutschland, Oleksii Makeiev, hat den jüngsten Korruptionsskandal im Energiesektor scharf verurteilt. Korruption im Krieg sei ein "Verbrechen gegen die Menschen, die uns schützen".
Er begrüßt, dass die Führung des staatlichen Unternehmens Energoatom ersetzt wird und staatliche Energieunternehmen überprüft werden.
"Die Antikorruptionsbehörden setzen ihre Arbeit fort. Sie haben diesen Fall öffentlich gemacht. Jetzt müssen die Ermittlungen zu Ende geführt werden. Die Justiz muss funktionieren. Wenn sich die Verdachtsmomente bestätigen, müssen die Beteiligten verurteilt und bestraft werden", schrieb Makeiev in einem Beitrag auf LinkedIn.
Hohe Beamte unter Verdacht
Hintergrund des Skandals ist ein mutmaßlich kriminelles Netzwerk aus aktuellen und ehemaligen Energiebeamten, Ministern, einem ehemaligen Vize-Premier und dem Geschäftsmann Tymur Mindich, der als Drahtzieher gilt. Mindich ist als enger Vertrauter von Präsident Wolodymyr Selenskyj bekannt: Er war früher Mitgeschäftsführer in Firmen, die mit Personen aus dem Umfeld des Präsidenten verbunden sind, und hatte dadurch enge Kontakte zu Ministern und Entscheidungsträgern. Berichten zufolge ist Mindich wohl nach Israel geflüchtet.
Die Ermittlungen laufen unter dem Namen "Operation Midas" und werden gemeinsam von der Nationalen Anti-Korruptionsbehörde (NABU) und der Spezialstaatsanwaltschaft für Korruptionsbekämpfung (SAPO) durchgeführt.
NABU und SAPO haben herausgefunden, dass Verträge bei der staatlichen Atomfirma Energoatom so manipuliert wurden, dass die Beteiligten heimlich 10-15 Prozent der Vertragswerte als illegale Zahlungen für sich abzweigen konnten. Diese Zahlen stammen aus veröffentlichten Tonmitschnitten und Angaben der Ermittler.
Unter den Verdächtigen sind der nun suspendierte Justizminister und ehemalige Energieminister Herman Haluschtschenko, der frühere Vize-Premier Oleksij Tschernyschow sowie weitere hohe Beamte, die alle Beteiligung bestreiten.
Verbindung zum Rüstungsunternehmen "Fire Point"
Obwohl sich der Skandal hauptsächlich um den Energiesektor dreht, taucht auch der Name des privaten Rüstungsunternehmen "Fire Point" auf. Bekannt ist das Unternehmen für die Herstellung der Langstrecken-Drohne FP‑1 sowie den "Flamingo"-Marschflugkörper.
Fire Point war laut dem Kyiv Independent Teil einer Untersuchung zu Verteidigungskorruption, bei der auch mögliche Verbindungen zu Tymur Mindich geprüft wurden. Fire Point wies dies zurück. Ein Mitglied des mutmaßlichen Geldwäsche-Netzwerks, Ihor Fursenko, war offiziell bei Fire Point angestellt, offenbar um ihn vor der Mobilisierung zu schützen und Auslandsreisen zu ermöglichen.
Laut SAPO war Fursenko seit März 2025 als Administrator bei Fire Point tätig und reiste zwischen 2018 und August 2025 insgesamt 26 Mal ins Ausland, auch während des aktuell geltenden Kriegsrechts, das ukrainischen Männern im wehrfähigen Alter Auslandsreisen verbietet.
Das ukrainische Verteidigungsministerium gewährt jedoch ausgewählten Rüstungsfirmen Sonderrechte, darunter Ausnahmen von Mobilisierung und Reisebeschränkungen.
Bundesregierung fordert Aufklärung
Bundeskanzler Friedrich Merz telefonierte am Donnerstag mit dem ukrainischen Präsidenten und unterstrich die Erwartung der Bundesregierung, dass "die Ukraine die Korruptionsbekämpfung und weitere Reformen insbesondere im Bereich der Rechtsstaatlichkeit energisch vorantreiben werde".
Regierungssprecher Stefan Kornelius erklärte zuvor, die Bundesregierung erwarte von der Ukraine eine transparente Aufklärung der Korruptionsvorwürfe im Energiesektor. Auf die deutschen Hilfszahlungen an die Ukraine habe der Skandal derzeit jedoch keine Auswirkungen.
"Die Erwartung der Bundesregierung ist nun, dass die ukrainische Regierung für Aufklärung sorgt und das zu einem transparenten Abschluss geführt wird", so Kornelius. "Wir werden jetzt die Entwicklung in diesem konkreten Fall betrachten, und gegebenenfalls müssen daraus Konsequenzen gezogen werden", fügte Kornelius hinzu.
Die Bundesregierung stehe in der Angelegenheit "in engstem Austausch" mit Präsident Selenskyj. Die Korruptionsvorwürfe im Energiesektor seien Anlass zur Sorge, insbesondere weil dieser Bereich "beträchtliche Unterstützung aus Deutschland" erhalte.
Der ukrainische Botschafter in Deutschland, Oleksii Makeiev, machte in einem LinkedIn-Beitrag deutlich, dass sein Land den Skandal ernst nehme: "Als Botschafter der Ukraine in Deutschland und als Bürger eines Landes im Krieg spreche ich offen darüber. Der Präsident hat reagiert. Die Regierung hat reagiert. Die Antikorruptionsbehörden arbeiten. Die Zivilgesellschaft kontrolliert. Die politischen und rechtlichen Entscheidungen, die jetzt möglich waren, sind getroffen."
Makeiev betonte außerdem die Bedeutung von Transparenz für die Zusammenarbeit mit deutschen Partnern: "Vertrauen beruht auf Transparenz. Wo Vertrauen besteht, gibt es keine Tabus und keine geschlossenen Themen. Wer die Ukraine unterstützt, hat das Recht, kritische Fragen zu stellen. Unsere gemeinsame Antwort ist nicht weniger Unterstützung, sondern mehr Kontrolle, mehr Reformen und mehr gemeinsame Verantwortung."