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Hilft eine Auslandserfahrung jungen Menschen bei der Karriere?

Mit Unterstützung von The European Commission
Hilft eine Auslandserfahrung jungen Menschen bei der Karriere?
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Von Fanny Gauret
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In dieser Folge geht es um NEETs, junge Menschen, die nicht in Beschäftigung, Bildung oder Ausbildung sind. Die Verringerung der Jugendarbeitslosigkeit und die wirksame Einbindung möglichst vieler junger Europäer in die Welt der Arbeit sind ein zentraler Punkt auf der Tagesordnung der EU-Politik.

Eine Ausbildung und eine Arbeit zu finden ist ein komplexer Schritt auf dem Weg junger Europäer. Diese jungen Erwachsenen werden NEET genannt wird, d. h. sie sind weder in Beschäftigung, Bildung oder Ausbildung und einige von ihnen sind in einer prekären Situation.

In dieser Real-Economy-Folge verfolgen wir den Werdegang von zwei jungen Frauen in Recklinghausen, bevor wir an der Universität Maastricht versuchen, diese Fragen zu beantworten. 

Die Situation der sogenannten NEETs in Europa

2023 gelten mehr als 11 % der 15- bis 29-Jährigen als NEETs, d. h. sie sind weder erwerbstätig noch in der Aus-oder Weiterbildung. Das entspricht mehr als 8 Millionen Menschen in der EU. NEETs sind junge Menschen, die Schwierigkeiten beim Übergang von der Schule ins Berufsleben haben.  Häufig haben sie ein niedriges Bildungsniveau, familiäre Schwierigkeiten und körperliche oder emotionale Probleme. Diese soziale Ausgrenzung kann schwerwiegende Folgen für den Einzelnen, die Gesellschaft und die Wirtschaft haben. Das Ausmaß des Problems ist von Land zu Land unterschiedlich. So reichen die NEET-Zahlen von knapp 5 % in den Niederlanden bis zu über 19 % in Rumänien. Diese jungen Menschen in Arbeit zu bringen, könnte Arbeitgebern helfen, den Fachkräftemangel zu beheben. Brüssel will bis 2030 einen EU-Durchschnitt von 9 % erreichen, als Teil seines Plans zur Verbesserung der Beschäftigung und der sozialen Rechte. 

NEETs in Deutschland

Nach dem Abitur nahm sich die 20-jährige Deutsche Hatice Fahel eine Auszeit, um über ihre Zukunft nachzudenken. Sie ging zwei Monate ins italienische Vercelli, dank der europäischen Initiative ALMA, die benachteiligten NEETs unter 30 Jahren berufliche und persönliche Erfahrungen im Ausland bietet.

"Ich habe viele neue italienische Freunde gefunden und eine neue Sprache gelernt. Es macht mir auch Spaß, dort in einem Hotel zu arbeiten, ich habe bei der Arbeit viel gelernt. Ich fühle mich jetzt freier und selbstbewusster. Es hat meinen Horizont erweitert", erzählt sie. Diese berufliche und kulturelle Vertiefung und die Unterstützung durch Mentoren halfen ihr, ihre beruflichen Ziele zu klären: _"_Mein Berufswunsch ist es, einmal Ärztin zu werden. Um Medizin zu studieren, muss man Prüfungen ablegen, das muss ich noch abklären - und meine Karriere beginnen."

Wie hilft die EU?

Die Europäische Union fördert die Integration durch Sozialprogramme wie ALMA. Insgesamt wurden rund 11 Milliarden Euro für Investitionen in die sozioökonomische Integration junger Menschen bereitgestellt.

Deutschland gehört zu den 15 Ländern, die diesem Aufruf gefolgt sind. Der Verein RE-init koordiniert das Projekt in Recklinghausen.

"Wir versuchen, sie zu befähigen, sie zu motivieren, etwas zu erreichen, von dem sie nicht einmal wissen, dass sie es erreichen können", erklärt RE-init-Projektleiterin Andreea Moraru. "Zum ersten Mal stehen sie auf eigenen Beinen. Sie organisieren ihren eigenen Tagesablauf, ihr eigenes Geld, ihr eigenes Budget, so dass sie unabhängiger werden und an sich selbst glauben."

Nach ihrer Rückkehr werden Teilnehmer wie Hatice vier Monate lang betreut, so Andreea Moraru: _"_Wir helfen ihnen bei der Arbeitssuche oder ihren Auftritt zu verbessern. Sie sehen die Ergebnisse. Von der jüngsten Gruppe haben mehr als 50 % eine Arbeitsstelle, eine Schule oder eine Ausbildung gefunden."

Das Bildungsniveau beeinflusst den Anteil der NEETs unter 29 Jahren: 2022 waren es in Europa 8,0% der Jugendlichen mit hohem Bildungsniveau, gegenüber 12,0% mit mittlerem und 13,6% mit niedrigem Bildungsniveau.

Jasmin Nsimba Kanza war vor zwei Jahren mit ALMA in Griechenland: _"_Ich habe so vieles dazugelernt und es gab echt viele erste Male für mich, zum Beispiel Strand und Meer und neue Menschen kennenzulernen, eine vollkommen neue Kultur." Nach dem Abitur aus familiären Gründen orientierungslos geworden, half ihr die Arbeit in Griechenland in einem Hotel-Restaurant, wo sie sich sehr unterstützt fühlte, ihren Horizont zu erweitern, ezählt sie. "Ich bin offener geworden und traue mich mehr, ich bin jetzt auch bereit für Veränderungen. Ich habe mich dann auch an einem Berufskolleg beworben als gestaltungs-technische Assistentin in Schwerpunkt Medien und Kommunikation und wurde auch angenommen und werde das dann auch nach dem Sommer dieses Jahres beginnen."

Die soziale Integration der Schwächsten bleibt eine Herausforderung

In Deutschland, einem der EU-Länder mit der geringsten Zahl an NEETs, haben Jasmin und Hatice zum Teil aufgrund ihrer proaktiven Haltung vom ALMA-Projekt profitiert. Das ist jedoch nicht immer der Fall, denn es handelt sich um eine Gruppe mit sehr unterschiedlichen Situationen. Professor Mark Levels von der Universität Maastricht meint, dass es zwar für einige leichter sein wird, einen Arbeitsplatz zu finden, die soziale Integration der Schwächsten jedoch eine Herausforderung bleibt.

Euronews: Welche Folgen hat die Einstufung als NEET für den Einzelnen und für die Gesellschaft?

Mark Levels: Der NEET-Status ist mit einer ganzen Reihe von sozialen Problemen verbunden. NEETs sind viel eher arm, leben viel eher in sozialer Ausgrenzung und haben eine viel geringere Wahrscheinlichkeit, später in den Arbeitsmarkt einzutreten. Die Gesamtkosten für die Gesellschaft in Form von verlorener Arbeitsproduktivität, Kosten für Sozialprogramme, aber auch Kosten für den Versuch, die Kriminalität zu regulieren usw. sind enorm. Sie belaufen sich auf ca. 142 Milliarden pro Jahr.

Euronews: Kann die Erfahrung, im Ausland zu leben und zu arbeiten, zu dauerhaften Veränderungen führen?

Mark Levels: Diese Arten von Fähigkeiten und Erfahrungen können signalisieren, dass man eine Reihe von Dingen tun kann, die sehr gefragt sein könnten. Sie können funktionieren, aber für die Schwächsten, die Geringqualifizierten, funktionieren sie nicht. Für sie braucht man einen ganz anderen Ansatz.

Euronews: Gibt es Länder, gibt es politische Maßnahmen, die als Vorbild für Ihre Forschung dienen könnten?

Mark Levels: Deutschland hat ein sehr gut funktionierendes Berufsbildungssystem. Dort funktioniert der Übergang von der Schule in den Beruf sehr gut. Das Problem ist, dass man nicht einfach ein Bildungssystem aus einem Land in ein anderes Land übertragen kann. Es gibt ganz andere kulturelle Voraussetzungen, und das macht den Export schwierig.

Euronews: Welche Maßnahmen sollten Regierungen und Bildungseinrichtungen ergreifen, um Jugendlichen und NEETs den Übergang von der Ausbildung ins Berufsleben zu erleichtern?

Mark Levels: Wenn es etwas gibt, von dem wir wissen, dass es einen NEET-Risikostatus vorhersagt, dann ist es ein früher Schulabbruch. Man sollte also in das Bildungssystem investieren, man sollte investieren, um die Menschen zu halten, in Programme investieren, die Kindern Fähigkeiten vermitteln, die auf dem Arbeitsmarkt gefragt sind. Und dann sollte man sich auf die Kinder konzentrieren, die am meisten gefährdet sind.

Den Schulabbruch verhindern und die Investition in Programme, die auf die am stärksten gefährdeten Jugendlichen abzielen, tragen dazu bei, die Zahl der NEETs zu verringern und sie auf einem nachhaltigen Weg in die Beschäftigung zu unterstützen.

Cutter • Nicolas Coquet

Weitere Quellen • Produktion: Louise Lehec; Kamera: Lionel Laval, Davide Pedace, Bernd Weishaupt; Bewegungsdesign: NEWIC https://www.agence-newic.com/

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