Italienischen Aktivist:innen drohen jetzt hohe Geldstrafen. Wie sieht es im übrigen Europa aus?

Unter Ministerpräsidentin Giorgia Meloni geht Italiens rechtsgerichtete Regierung hart gegen Klimaproteste vor.
Unter Ministerpräsidentin Giorgia Meloni geht Italiens rechtsgerichtete Regierung hart gegen Klimaproteste vor. Copyright AP Photo/Geert Vanden Wijngaert
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Von Angela Symons
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Neben Italien hat vor allem Großbritannien die Strafen für disruptive Proteste verschärft.

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Unter Ministerpräsidentin Giorgia Meloni geht Italien gegen alles Mögliche und Unmögliche vor - von der englischen Sprache über Raves und Kunstfleisch bis hin zu ChatGPT.

Das neueste Schreckgespenst der rechtsgerichteten Premierministerin sind Klimaprotestler.

Am Dienstag (11. April) kündigte die italienische Regierung an, dass sie hohe Geldstrafen für die Beschädigung von Denkmälern und Kulturstätten verhängen will.

Die Strafen richten sich gegen Aktivist:innen, die in den letzten Wochen durch ihre öffentlichen Aktionen gegen die Klimakrise Schlagzeilen gemacht haben.

Warum verschärft Italien die Strafen für Sachbeschädigung?

Anfang April färbten Mitglieder der Klimaaktivistenorganisation Last Generation das Wasser des Brunnens La Barcaccia in Rom schwarz, um auf die Wasserkrise im Land aufmerksam zu machen.

Kein Aprilscherz: Ultima Generaziones spektakuläre Protestaktion in Rom

Dies ist die jüngste in einer langen Reihe von aufsehenerregenden Protestaktionen: von Aktivist:innen, die sich an ein berühmtes Gemälde in Florenz klebten, bis hin zum Bewerfen der Mailänder Scala mit Farbe.

Nach dem neuen Gesetz können solche Aktionen mit Geldstrafen zwischen 10.000 und 60.000 Euro geahndet werden. Diese Strafen kommen zu den bereits bestehenden Geld- und Gefängnisstrafen für Sachbeschädigung hinzu.

Nach Angaben des italienischen Kulturministers Gennaro Sangiuliano sollen die Bußgelder zur Deckung der Kosten für die Beseitigung solcher Aktionen verwendet werden.

Der Gesetzentwurf zielt auch auf Vandalismus und asoziale Aktivitäten von Touristen in Italien ab - wie etwa der Vorfall im letzten Jahr, als ein Australier mit einem Moped durch Pompeji fuhr. Das Gesetz muss noch das Parlament passieren.

Gesetze wie dieses wurden von Politikwissenschaftler:innen als "Massenablenkungswaffe" von dringenderen Problemen wie der Energie- und Lebenshaltungskostenkrise kritisiert.

Auch Großbritannien geht hart gegen Klimaprotesttaktiken vor

In ganz Europa haben Aktivisten Straßen und Landebahnen blockiert, Denkmäler ins Visier genommen und Ölraffinerien gestört, um die Öffentlichkeit auf die Klimakrise aufmerksam zu machen.

Am drastischsten war die Reaktion im Vereinigten Königreich, wo im letzten Sommer die Geld- und Gefängnisstrafen für die Verunstaltung öffentlicher Denkmäler verschärft wurden.

Bei einem Schaden von weniger als 5.000 Pfund (5.675 Euro) drohte bisher eine Gefängnisstrafe von maximal drei Monaten. Dies wurde nun auf 10 Jahre erhöht.

Dies war zunächst eine Reaktion auf die weit verbreiteten Angriffe auf Statuen bei den Black-Lives-Matter-Protesten im Jahr 2020, zielt aber auch auf eine laufende Welle von Klimaaktionen ab.

Die Regierung in London geht nun auch hart gegen disruptive oder störende Proteste vor und hat der Polizei mehr Befugnisse gegeben, sie zu beenden und Teilnehmer zu verhaften. In einigen Fällen wurden Demonstranten sechs Monate lang inhaftiert, bevor sie vor Gericht gestellt wurden, da es einen Rückstau an Fällen gab.

Das kürzlich angekündigte Gesetz über die öffentliche Ordnung kriminalisiert die Protesttaktik von Personen, die sich an andere Personen, Gegenstände oder Gebäude heften, um eine ernsthafte Störung zu verursachen. Der Straftatbestand wird mit einer Höchststrafe von sechs Monaten Gefängnis, einer unbegrenzten Geldstrafe oder beidem belegt.

Wie gehen andere europäische Länder mit Klimaaktivist:innen um?

Auch in Deutschland wurden störende Klimaschützer:innen in den letzten Monaten mit härteren Strafen belegt. München verbot im Dezember störende Proteste, nachdem sich Aktivist:innen an Start- und Landebahnen des Franz-Josef Strauß Flughafens geklebt hatten. Einige deutsche Bürgermeister haben sich jedoch mit Aktivist:innen zusammengesetzt, um einvernehmliche Lösungen zu finden.

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Französische Minister haben Aktivist:innen als "Öko-Terroristen" gebrandmarkt und während der anhaltenden Proteste gegen Stauseen, die im letzten Monat in Gewalt ausarteten, wurden mehrere Personen festgenommen. Allerdings wurden in Frankreich nicht immer Höchststrafen für disruptiven oder störenden Aktivismus verhängt.

So wurden sechs Demonstrant:innen von Final Revolution, die während der Tour de France 2022 Straßen blockierten, zu einer Geldstrafe von 500 Euro verurteilt und nicht zu der Höchststrafe von zwei Jahren Gefängnis.

In Belgien wurden die Demonstrant:innen, die im Oktober in den Niederlanden das Gemälde "Das Mädchen mit dem Perlenohrring" von Johannes Vermeer angriffen, zu zwei Monaten Gefängnis verurteilt, wobei ein Monat zur Bewährung ausgesetzt wurde.

Warum veranstalten Klimaaktivist:innen disruptive Proteste?

Protestgruppen führen in der Regel friedliche Proteste durch und eskalieren dann die Störung, wenn ihre Forderungen nicht erfüllt werden. Das funktioniert manchmal - 2019 rief das britische Parlament den Klimanotstand aus, nachdem Extinction Rebellion zwei Wochen lang in der Londoner Innenstadt protestiert hatte.

Im Zuge der eskalierenden Klimakrise haben auch die Störungen zugenommen, da viele Aktivist:innen das Gefühl haben, dass sie nur noch wenige Möglichkeiten haben, die Aufmerksamkeit der politischen Entscheidungsträger zu erregen

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Viele Politiker:innen haben die Rolle anerkannt, die Aktivist:innen bei der Sensibilisierung für die Dringlichkeit der Klimakrise gespielt haben. Der Generalsekretär der Vereinten Nationen hat kürzlich Aktivist:innen eine offizielle beratende Rolle eingeräumt, indem er sieben von ihnen aus der ganzen Welt in die UN-Jugendberatungsgruppe berief.

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