Maskenpflicht: Wie unterschiedlich Europa reagiert

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Von Emma BeswickAndrea Büring
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18 x 24 Zentimeter Stoff - ein kleines Stück Stoff erhitzt die Gemüter. Wo in Europa gibt es eine Maskenpflicht? Wo stößt diese auf Ablehnung?

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Diskussionen darüber, wann und wo Gesichtsmasken zu tragen sind, haben während der Coronakrise unterschiedliche Reaktionen hervorgerufen. Das Ergebnis zeigt, wie uneinheitlich Europa mit der Krise umgeht.

Die Weltgesundheitsorganisation änderte vergangenen Monat ihren Kurs und empfahl den Menschen, in der Öffentlichkeit Masken oder selbstgemachte Tuch-Gesichtsabdeckungen zu tragen, falls es nicht möglich sei, Abstand zu halten.

Eine Kehrtwende um 180 Grad - zuvor argumentierte die WHO, es gebe nicht genügend wissenschaftliche Beweise, um das Tragen von Masken zu rechtfertigen.

Bedeckt oder oben ohne?

Auch die einzelnen europäischen Staaten reagierten unterschiedlich auf die Bedrohung durch SARS-CoV-2, was soziale Distanzierung, Ausgangssperren und andere Präventivmaßnahmen betrifft.

Angefangen bei der Tschechischen Republik, der Slowakei und Bosnien-Herzegowina, die schon früh eine Maskenpflicht einführten, bis hin zu Großbritannien, dessen Regierung zunächst gegen das Tragen von Masken war.

Auch die Einstellung der Bürgerinnen und Bürger innerhalb der EU gegenüber der Frage, ob sie eine Maske tragen, hat sich im Laufe der Pandemie in Europa unterschiedlich entwickelt.

Petr David Josek/Copyright 2020 The Associated Press. All rights reserved
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Nord-Süd-Gefälle

Masken spalten die EU-Staaten, die von NGOs erhobenen Daten offenbaren ein deutliches Nord-Süd-Gefälle.

YouGov und das Institute of Global Health Innovation (IGHI) am Imperial College London befragten jede Woche rund 21.000 Menschen in 29 Ländern zu ihren Maßnahmen im Schutz gegen das Coronavirus.

Menschen in den nordischen Ländern, darunter Finnland, Schweden und Dänemark, gaben anfangs an, dass sie in der Öffentlichkeit wahrscheinlich keine Maske tragen würden - eine Haltung, die sich im Laufe der Pandemie nicht wesentlich veränderte.

Während einige in West- und Mitteleuropa - darunter die Einwohnerinnen und Einwohner Frankreichs, Deutschlands, Spaniens und Italiens - zu Beginn der Pandemie in der Öffentlichkeit seltener Masken trugen, stieg deren Zahl ab Mitte Mai sprunghaft an.

In einigen Fällen, wie z.B. in Italien und Spanien, wuchs die Zahl der Personen, die angaben, in der Öffentlichkeit Masken zu tragen, in der vergangenen Woche auf über 80%, - im Gegensatz zu den nordischen Ländern mit unter 10%.

Großbritannien bildet ein Ausnahme: Nachdem zu Beginn der Pandemie fast niemand eine Maske trug, waren es in der vergangenen Woche fast 40% der Befragten.

Reaktion der Regierung und der Öffentlichkeit auf Gesichtsbedeckung

Die Tschechische Republik und die Slowakei waren die ersten europäischen Länder, die am 18. bzw. 25. März das Tragen von Masken in Supermärkten, Apotheken und in öffentlichen Verkehrsmitteln zur Pflicht machten.

Bosnien reagierte kurz darauf - am 29. März -, indem es seine Bürger und Bürgerinnen verpflichtete, außerhalb der eigenen vier Wände eine Maske oder ein Tuch zu tragen, das Mund und Nase bedeckt.

Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz forderte die Bevölkerung auf, eine "große Anpassung" vorzunehmen, als er sagte, dass das Tragen von Masken in allen öffentlichen Räumen obligatorisch sei, wobei er später die Regeln lockerte.

In Polen wurden ähnliche Regeln eingeführt, die die Menschen dazu verpflichteten, Nase und Mund in der Öffentlichkeit zu bedecken. Diese wurden Ende Mai gelockert: Sollte draußen ein Abstand von zwei Metern eingehalten werden können, sind Masken nicht mehr verpflichtend.

Gesichtsmasken sind in öffentlichen Verkehrsmitteln in Frankreich seit Ende der Ausgangssperre bereits obligatorisch. Am Nationalfeiertag kündigte der französische Präsident Emmanuel Macron außerdem eine Maskenpflicht für alle öffentlichen Innenräume an, die ab dem 1. August in Kraft tritt.

Masken sind auch in öffentlichen Verkehrsmitteln in England, Schottland und Nordirland obligatorisch, und in englischen Supermärkten soll ab dem 24. Juli wie auch in Schottland die Gesichtsbedeckung obligatorisch werden.

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In Spanien reagieren die Regionen in unterschiedlichen Geschwindigkeiten.

Wegen Partyexzessen von deutschen und britischen Touristen wurden die Maßnahmen auf den Balearen Anfang der Woche verschärft: Im Freien muss auch dann eine Maske getragen werden, wenn der Mindestabstand eingehalten werden kann - ein Unterschied zu vielen anderen Regionen auf der Iberischen Halbinsel.

Ausnahmen gelten unter anderem am Strand, in der Natur, beim Sport und beim Essen und Trinken. Ähnliche Verschärfungen der Maskenpflicht beschlossen auch Katalonien, Andalusien und andere Regionen.

Emilio Morenatti/AP
Maskenpflicht in Katalonien sorgt für EmpörungEmilio Morenatti/AP

Als symbolisch für die Maskendebatte in Spanien kann die Absage des Konzertes des ehemaligen Reality-TV-Kandidaten und Sängers Omar Monte in Fuengirola gewertet werden, als kritisiert wurde, dass er bei einer früheren Wohltätigkeitsveranstaltung keine Maske getragen hatte.

Die Maßnahmen gegen das Coronavirus unterscheiden sich stark von einem europäischen Staat zum nächsten - genau wie die Bereitschaft der Menschen, die Regeln zu befolgen.

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