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Algenzucht: eine ökologische Zukunft für Fischer

Mit Unterstützung von The European Commission
Algenzucht: eine ökologische Zukunft für Fischer
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Von Denis LoctierSabine Sans
Zuerst veröffentlicht am
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Die irische Regierung unterstützt die Algenzucht als nachhaltige Möglichkeit zu alternativen Einkommen und zur Unterstützung der Küstengemeinden, die in den vergangenen Jahren mit erheblichen Kürzungen der Fangquoten konfrontiert waren.

Unsere Meere geraten durch Klimawandel, Verschmutzung und Überfischung zunehmend unter Druck. Diese düstere Realität bedroht den Fang und den Lebensunterhalt unzähliger Fischer. Können neue Alternativen wie die Algenzucht dazu beitragen, unsere Meere zu sanieren und den Fischern eine nachhaltigere Zukunft zu sichern? 

Das klare Wasser der Mulroy Bay im Nordwesten Irlands ist ideal für die ökologische Aquakultur. Viele züchten hier Muscheln, Austern und Lachs, so wie der ehemalige Fischer Jerry Gallagher. 

"Ich war Berufsfischer", erzählt der Geschäftsführer von North West Shell Fish. _"_Wir fischten mit Wadennetzen nach Lachs, wir fischten Krabben, Hummer, wir fuhren mit Grundschleppnetzen und wir fischten mit Kiemennetzen."

Jerry Gallagher, Geschäftsführer von North West Shell Fish
Jerry Gallagher, Geschäftsführer von North West Shell Fisheuronews

Jerry wandte sich der Aquakultur zu, nachdem die Fischbestände zurückgingen und die traditionelle Fischerei unrentabel wurde: _"_Natürlich wird noch gefischt, aber nicht mehr so viel", meint er. 

"Und der Aufwand pro Fang ist jetzt enorm. Wenn man mir jetzt ein Boot gäbe und sagen würde, das ist jetzt dein Boot, geh fischen - ich würde sagen, behalte das Boot, ich würde es nicht tun."

Riesige Potenzial für Algen

Sein Betrieb geht weit über die Muschelzucht hinaus. In Mulroy Bay gibt es eine blühende Algenfarm, die sich über Dutzende Hektar erstreckt. An den Unterwasserrohren wachsen essbare Algen wie Alaria esculenta, auch bekannt als Atlantic Wakame - eine bekannte lokale Art und ein traditionelles Nahrungsmittel in vielen Ländern des Nordatlantiks. Seine Tochter Lorraine, eine Ernährungswissenschaftlerin, leitet die Farm. Ihr Interesse an den gesundheitlichen Vorteilen einer Ernährung auf Algenbasis, inspiriert durch den Trend zur Langlebigkeit in Ländern wie Japan, führte zur Gründung des Unternehmens. 

"Wir haben hier in Irland eine unglaubliche Küstenlinie, meine Familie arbeitet in der Aquakultur – da fiel bei mir der Groschen und ich sagte mir, dass es hier ein riesiges Potenzial für Algen gibt", so Lorraine Gallagher, Geschäftsführerin von TSC Green Turtle.

Lorraine Gallagher, Geschäftsführerin von TSC Green Turtle
Lorraine Gallagher, Geschäftsführerin von TSC Green Turtleeuronews

Die Aussaat beginnt im Oktober, im April ist das Seegras erntereif. Laut Jerry Gallagher ist diese Arbeit ideal für Menschen aus der Fischerei und Aquakultur, da sie ihnen eine wertvolle Beschäftigung in der ruhigeren Jahreszeit bietet. 

"Leute, die aus der Fischerei kommen - das ist ideal. Sie haben alle eine gewisse Leidenschaft für das Meer, können mit Seilen, Booten und Motoren umgehen, was für den täglichen Betrieb sehr wichtig ist."
Jerry Gallagher

Steigende Nachfrage nach Meeresalgen in ganz Europa

Die Nachfrage nach Meeresalgen steigt in ganz Europa, da sie zunehmend als Teil einer gesunden Ernährung angesehen werden. Lokale Bio-Produzenten wie Jerry und Lorraine Gallagher betonen die ökologischen Vorteile gegenüber ausländischen Importen. Die in den sauberen Gewässern der Mulroy Bay geernteten Algen können sogar roh verzehrt werden. 

Das Unternehmen beliefert die Lebensmittelindustrie mit Meeresalgen. In der neuen Fabrik in der Nähe der Farm werden 300 Kilogramm Algen pro Stunde zu Trockenflocken verarbeitet. Diese Flocken lassen sich leicht lagern, transportieren und in Lebensmitteln verarbeiten. Solche Anlagen tragen dazu bei, die Algenzucht in Europa auszuweiten und gleichzeitig Arbeitsplätze in traditionellen Küstenindustrien wie der Fischerei und der Muschelzucht zu schaffen. 

Lorraine Gallagher: "Es gibt Leute aus anderen Aquakultursektoren, die mit uns zusammenarbeiten. Die Muscheln haben eine versetzte Saison zu uns. Das heißt, wenn wir viel zu tun haben, haben sie Ruhe und umgekehrt. Es ist toll, dass wir diese Fähigkeiten und dieses Wissen miteinander teilen können."

Staatliche Unterstützung der Algenzucht

Die irische Regierung unterstützt die Algenzucht als nachhaltige Möglichkeit zu alternativen Einkommen und zur Unterstützung der Küstengemeinden, die in den vergangenen Jahren mit erheblichen Kürzungen der Fangquoten konfrontiert waren. 

"In Irland haben wir unter den Auswirkungen des Brexit gelitten", so Charlie McConalogue, Minister für Landwirtschaft, Ernährung und Meeresangelegenheiten von Irland. "15 % der nationalen Quote für unseren Sektor sind verloren gegangen. Das Potenzial von Meeresalgen bietet hier eine echte Chance."

Charlie McConalogue, Minister für Landwirtschaft, Ernährung und Meeresangelegenheiten von Irland
Charlie McConalogue, Minister für Landwirtschaft, Ernährung und Meeresangelegenheiten von Irlandeuronews

Irlands einzigartige Lage könnte das Land zu einem führenden Seetang-Produzenten in der Europäischen Union machen. Der Atlantik und die Nordsee bieten ideale Bedingungen für diese aufstrebende Industrie.

Derzeit werden die meisten europäischen Algen wild geerntet und häufig als Bodendünger verwendet. Entlang der Küsten entstehen jedoch neue Anbauflächen für die Lebensmittelindustrie, die eine erhebliche Steigerung der Produktion versprechen.

Nachhaltig bewirtschaftete Algenfarmen produzieren nicht nur gesunde Lebensmittel und schaffen Arbeitsplätze für ehemalige Fischer. Sie tragen auch dazu bei, die Gesundheit der Meere wiederherzustellen und die Küsten vor Erosion zu schützen. 

Auf der von "The Seaweed Company" organisierten Konferenz betonten die Redner die Umweltvorteile von Meeresalgen im Vergleich zur traditionellen Landwirtschaft und diskutierten die Notwendigkeit einer Straffung der Regulierung und Lizenzierung. Sowohl die europäischen Behörden als auch die Interessenvertreter des Sektors teilen die Vision eines bevorstehenden Wachstums des Sektors.

"Europa produziert 0,2 % der Algen der Welt. Aber wir importieren jedes Jahr Algen im Wert von 500 Millionen Euro", sagt Felix Leinemann, Leiter des Referats für die Sektoren der blauen Wirtschaft, Aquakultur und maritime Raumplanung, GD MARE. "Man geht davon aus, dass das aufgrund der steigenden Nachfrage noch zunehmen wird. Die Menschen wollen gesünder essen, nachhaltigere Lebensmittel. Deshalb haben wir diese EU-Algeninitiative gestartet, um die Produktion in ganz Europa zu steigern."

Felix Leinemann, Leiter des Referats für die Sektoren der blauen Wirtschaft, Aquakultur und maritime Raumplanung, GD MARE
Felix Leinemann, Leiter des Referats für die Sektoren der blauen Wirtschaft, Aquakultur und maritime Raumplanung, GD MAREeuronews

Vitor Verdelho, Generaldirektor des Europäischen Verbands für Algenbiomasse, ergänzt: _"__Algen werden immer wichtiger in der Ernährung, als Lebensmittelzutat, die Nachfrage wird steigen. Das ist bereits garantiert. Es gibt eine große Bewegung hin zu anderen Protein- und Faserquellen." _

Vitor Verdelho, Generaldirektor des Europäischen Verbands für Algenbiomasse
Vitor Verdelho, Generaldirektor des Europäischen Verbands für Algenbiomasseeuronews

Algen könnten Fleisch in der normalen Ernährung teilweise ersetzen. Die Seaweed Company vertreibt eine eigene Fleischmischung mit 25 % Seetang. Das soll die Umweltbelastung um ein Viertel reduzieren und den Nährwert erhöhen. Stefan Kraan, Mitbegründer und wissenschaftlicher Leiter, The Seaweed Company:

"Sie verleihen den Lebensmitteln einen besseren Geschmack. Aber mit den Algen kommen auch Ballaststoffe und vor allem Kohlenhydrate ins Spiel, komplexe Kohlenhydrate, die eine Funktion im Darm haben. Es geht um die Darmgesundheit. Und dann ist da noch das Mineralienprofil, das die Nahrung mit wichtigen Makro- und Mikronährstoffen wie Kalzium und Magnesium ergänzt."

Stefan Kraan, Mitbegründer und wissenschaftlicher Leiter, The Seaweed Company
Stefan Kraan, Mitbegründer und wissenschaftlicher Leiter, The Seaweed Companyeuronews

Für ehemalige Fischer wie Jerry Gallagher bietet die Algenzucht eine Möglichkeit, ihrer Leidenschaft - der Arbeit auf See - nachzugehen und gleichzeitig mehr Menschen mit gesunden, lokal angebauten Nahrungsmitteln zu versorgen. Er sagt: 

"Algen sind definitiv unsere Zukunft. Wir werden immer mehr Arten produzieren und mit immer mehr Menschen zusammenarbeiten, um neue Arten zu züchten und zu kultivieren - und ja, hoffentlich rettet das den Planeten!"

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