Im Wahlkampf in Ungarn heizt sich die Stimmung auf. Ex-Justizministerin Judit Varga hat ihr Schweigen gebrochen und eine Rückkehr in die Öffentlichkeit ausgeschlossen, solange ihr Ex-Mann Péter Magyar nicht für seinen "Verrat" bezahlt.
Die Ex-Frau des ungarischen Oppositionskandidaten Péter Magyar hat nach einer Gerichtsverhandlung in Budapest Anschuldigungen wegen häuslicher Gewalt und Erpressung gegen ihren ehemaligen Ehemann wiederholt.
Judit Varga war jahrelang Justizministerin in Ungarn und eine enge Verbündete von Ministerpräsident Viktor Orbán. Nach der Scheidung gründete ihr Ex-Mann die Oppositionspartei Tisza, die nun in Umfragen vor den entscheidenden Parlamentswahlen im nächsten Jahr vor Orbáns Fidesz liegt.
Judit Varga war am Donnerstag als Zeugin zu einer Gerichtsanhörung in Budapest vorgeladen, bei der es um einen Bestechungsfall in ihrem Ministerium ging. Der Beschuldigte ist ihr ehemaliger Stellvertreter im Ministerium. Als Varga nach der Anhörung gefragt wurde, ob sie möglicherweise ins öffentliche Leben zurückkehren wolle, wetterte sie gegenüber Reportern gegen Péter Magyar.
"Ich möchte bei diesem Wettbewerb nicht antreten, wenn ein Subjekt namens Péter Magyar im Rennen ist", sagte Varga.
Sie wiederholte die Vorwürfe, die sie bereits vor eineinhalb Jahren gegen ihren Ex-Mann erhoben hatte.
"Verrat ist keine Errungenschaft, vor allem nicht, wenn es ein Verrat an der eigenen Familie ist", erklärte die Ex-Ministerin.
Sie bezog sich auf eine Sprachdatei, die Magyar 2023 heimlich aufgenommen hatte, als Varga noch Justizministerin in der Regierung von Viktor Orbán war. Auf dieser Audio-Aufnahme sind Varga und Magyar in einem privaten Gespräch zu hören. Judit Varga spricht von Einmischung der Regierung in ein Gerichtsverfahren und schlägt vor, dass ein Minister Druck auf Staatsanwälte ausüben solle, damit diese sensible Zeilen aus einem Dokument streichen. Der ehemalige Fidesz-Politiker Magyar veröffentlichte die Aufnahmen, nachdem er 2024 die Oppositionspartei Tisza gegründet hatte.
Judit Varga spricht von Erpressung, Magyar sieht das ganz anders
"Was ist das für ein Mensch? Wenn seine Frau das unglaubliche Drama und den Missbrauch, den sie erlebt, nicht mehr erträgt und ankündigt, dass sie sich scheiden lassen will, bedient er sich dieser abscheulichen Manipulation. Und während er weint und bettelt und sie damit abwechselnd terrorisiert, dass er sich nicht scheiden lassen kann, fängt er an, sie zu erpressen", so Varga.
Ungarische regierungsnahe Politiker und Medien haben Magyar für das Aufnehmen privater Gespräche mit seiner Frau kritisiert. Mit dem Beginn des Wahlkampfs gerät Magyar zunehmend unter Druck. In den sozialen Medien bekundeten Regierungspolitiker und Medienvertreter ihre Solidarität mit Varga.
Péter Magyar hat die Vorwürfe häuslicher Gewalt in den vergangenen eineinhalb Jahren stets zurückgewiesen und sich in den sozialen Medien verteidigt.
"Weder jetzt noch in Zukunft möchte ich auf die Anschuldigungen dieser wiederholten Propaganda reagieren. Ich wünsche mir, dass meine ehemalige Frau in Frieden lebt", sagte er. Der Inhalt der Sprachdateien, die er mit seiner damaligen Frau aufgenommen hat, sei aber eindeutig.
"In einer echten Demokratie mit echter Rechtsstaatlichkeit würde bei einem solchen Skandal die Regierung scheitern und die Minister würden inhaftiert werden. Das wird noch passieren, aber mit ein bisschen Verzögerung", sagte Magyar, der auf seinen möglichen Wahlsieg im nächsten Jahr anspielte.
Später postete Magyar, die Regierung wolle nur ablenken und keine Regierungsmitglieder inhaftieren. "Deshalb haben sie versucht, die Gerichtsverhandlung wieder in den Sumpf der verlogenen Boulevardpresse zu ziehen", schrieb Magyar.
Bittere Scheidung im politischen Rampenlicht
Judit Varga und Péter Magyar ließen sich 2023 scheiden, und kurz darauf trat Varga im Zuge des berüchtigten Amnestieskandals als Justizministerin zurück. In diesem Skandal wurde ein Mann, der geholfen hatte, ein pädophiles Verbrechen in einem Waisenhaus zu vertuschen, vom Präsidenten begnadigt. Varga hatte als Justizministerin Kenntnis davon. Der Skandal hat dem Ruf der Regierung schwer geschadet, und bald darauf gründete Péter Magyar seine Oppositionspartei Tisza. Jüngsten Meinungsumfragen zufolge könnte seine Partei vor der Fidesz-Partei von Viktor Orbán liegen, wenn jetzt Wahlen abgehalten würden.
Der politische Analyst Szabolcs Dull sagte, Vargas Äußerungen verstärkten das Narrativ der Regierung gegen Péter Magyar.
"Indem sie über Péter Magyar spricht und ihn eine Kreatur nennt, die sie geistig missbraucht, stärkt sie das Narrativ der Regierung. Judit Varga hat es geschafft, das Narrativ, dass die Minister bereits im Gerichtsverfahren befragt wurden, auf die Ebene ihrer Beziehung zu Péter Magyar zu lenken. Die Aussage von Judit Varga war nützlich für die Regierungspartei Fidesz", sagte er.
Szabolcs Dull meint, dass, selbst wenn Varga nicht in die ungarische Politik zurückkehren sollte, sie sich für die Regierung im Wahlkampf gegen Péter Magyar wertvolle Dienste erweisen könne.